Großstadtvampire (German Edition)
Schläger folgten ihm. Erneut sprangen sie über Carolines Leiche hinweg, hangelten sich sogleich die Mauer hoch und waren verschwunden.
Johannes stand immer noch an der Tür. Er blickte traurig auf Carolines toten Körper und machte einen Schritt auf sie zu.
"Was ist denn hier los!", brüllte jemand von hinten. Johannes wirbelte herum. In der plötzlich geöffneten Tür der Tordurchfahrt stand ein Kerl Ende Vierzig mit kurz geschorenem Schädel, in Trainingsanzug und Badeschlappen. Es war Bruno, der Hausmeister. Drohend schwang er einen Baseballschläger hin und her. Die aufgeblähten Arme zeugten von vielen Stunden im Fitnessstudio.
"Ich hab dich was gefragt!" Bruno machte eine drohende Ausholbewegung mit dem Schläger. "Na?"
Johannes blickte Bruno gleichgültig an. Jetzt ist auch schon alles egal, dachte er noch kurz. Dann hatte er sich mit einem Schlag verwandelt. Jetzt schwebte er einen halben Meter über dem Boden. Aus seinen Eckzähnen waren bedrohliche Fänge geworden, die Augen waren blutunterlaufen und stechend. Johannes in seiner wahren Gestalt als furchteinflößender Vampir streckte seine Arme Bruno entgegen.
"Was soll sein?" fragte Johannes mit einer Stimme, die, tief und grollend, direkt aus dem Grab zu kommen schien.
Vor Schreck ließ der Kerl den Baseballschläger fallen und riss seine Arme schützend vors Gesicht. "Bitte, tu mir nichts!", flehte er.
Auf der anderen Seite der Tordurchfahrt hörte man den Streifenwagen ankommen und eine Vollbremsung hinlegen. Vorsichtig blinzelte Bruno durch seine Arme. Johannes war verschwunden. Nur Carolines Leiche lag einsam auf dem weiten Hinterhof in der Morgendämmerung.
Bruno stand noch immer völlig verdattert da, als zwei Beamte durch die Tordurchfahrt in den Hinterhof stürmten.
Die Sonne ging auf und es sah so aus, als würde es ein frischer und klarer Tag werden. Aber eigentlich begann jeder Morgen in Berlin viel versprechend, wenn man nur früh genug aufstand, dachte sich Kurt, der am Fenster stand und durch die Vorhänge die Straße beobachtete. Um sechs Uhr morgens schien immer die Sonne, aber wenn gegen elf der Dunst der Großstadt langsam aufstieg, verzog sie sich wieder. Mittags war es dann diesig und grau und das hielt sich bis in den frühen Abend. Bis dahin war es dann meistens auch noch schwül geworden.
Kurt wunderte sich, wo Johannes blieb. So spät kam er doch normalerweise nicht nach Hause. Die Sonne berührte mit ihren Strahlen schon die Gehwege zwischen den Häusern. Bald läge die ganze Straße im strahlenden Licht der Morgensonne und dann hätte Johannes ein Problem, überlegte Kurt. Wo bleibt er nur?
In diesem Moment bog eine Gestalt in die Straße ein und lief dicht an den Hauswänden entlang, immer darauf bedacht im Schatten zu bleiben. Das muss er sein, lächelte Kurt und zog den Vorhang ein wenig zu, um nicht entdeckt zu werden. Vom Fenster aus konnte er Johannes jetzt deutlich erkennen, der mit Sonnenbrille und hochgeschlagenem Kragen die Straße hinunter ging. Wann immer die Schatten unterbrochen wurden und die Sonne auf den Gehsteig strahlte und seinen Weg blockierte, erhöhte er seine Schrittgeschwindigkeit und hastete durch das Sonnenfeld, wie jemand, der einem Platzregen entkommen wollte.
"Mir entkommst du nicht", brummte Kurt vor sich hin. "Andere magst du vielleicht täuschen, aber ich weiß genau, was du bist. Schon bald werde ich der ganzen Welt präsentieren, was für ein Ungeheuer sich hinter dem edlen Gesicht des Junkers Johannes von Nersdorff verbirgt. Dir werd ich’s schon zeigen, du…!" Kurt hielt inne. Er hatte sich wieder in Rage geredet. Das sollte er doch nicht. Der Arzt hatte ihm gesagt, er müsse auf seinen Blutdruck achten und seine Frau saß ihm deswegen ständig im Nacken.
Als ob sie seine Gedanken gehört hätte, rief sie vom Nebenraum. "Schatz, ich muss jetzt los."
"Ja, bis später dann", antwortete er, machte aber sonst keine Anstalten seine Frau zu verabschieden. Beruhige dich, redete er sich ein. Wenn es erst soweit ist, wirst du genug zu lachen haben.
"Na dann Tschüßi!", schallte es noch von nebenan und Kurt hörte die Wohnungstür zuschlagen. Johannes war jetzt auch am Haus angekommen und verschwand, so dass Kurt ihn nicht mehr sehen konnte. Das machte nichts. Deine Zeit wird kommen, dachte Kurt und fast unmerklich entstieg seiner Kehle ein leises gehässiges Lachen.
Johannes hatte mal wieder Schwierigkeiten, die Haustür zu öffnen. Sein Haus glich den anderen in
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