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Großstadtvampire (German Edition)

Großstadtvampire (German Edition)

Titel: Großstadtvampire (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fröhlich
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aber auch an seine Verpflichtung zur Mitteilsamkeit. Aber egal.
    "Musiker?" Johannes wußte wirklich nicht, wie sie darauf kam.
    Brigitte blickte auf ihre Armbanduhr und erschrak. "Ach Herrje! Jetzt haben wir uns wieder verquasselt. Ich muss los, sonst komm ich noch zu spät zur Arbeit. Schönen Tag noch." Brigitte sprang die letzten Stufen herunter.
    "Danke, Ihnen auch", sagte Johannes und trat zur Seite.
    "Und Sie müssen uns unbedingt mal was vorspielen", Brigitte stand jetzt in der offenen Haustür.
    "Ihnen was vorspielen?" Wie kam sie bloß darauf, dass er ein Musiker sei, wunderte sich Johannes.
    "Tschüßi", kam noch von Brigitte, dann schlug die Tür zu.
    Wieso Musiker? Wenn er etwas nicht war, dann war es musikalisch. Er musste unbedingt ins Bett. Es machte keinen Sinn. Sein Hirn funktionierte nicht mehr. Nur Schlaf konnte ihm noch helfen.
    "Aus Rumänien?", wunderte er sich noch, als er die ersten Stufen hinaufging, doch da dämmerte es ihm plötzlich. "O nein!", und schon stürmte er das Treppenhaus zu seiner Wohnung hoch.
    Neben der Wohnungstür lehnte ein riesiger schwarzer Kontrabasskoffer in der Ecke. Dem Koffer war anzusehen, dass er schon einiges mitgemacht hatte. Außer einer Unzahl von Schrammen und Kratzern zeugten davon massenweise Aufkleber mit Aufschriften wie "Vorsicht", "Handle with care", "Fragile!", Frachtetiketten und touristische Souvenir-Sticker.
    Bitte nicht aus Duranesek, dachte Johannes als er die letzten Stufe zur seiner Wohnung hoch gelaufen kam. Sofort stürzte er sich auf den Frachtbrief, der an der Seite des Kontrabasskoffers klebte und suchte mit dem Zeigefinger nach dem Absender. Natürlich. Da stand es. Wie sollte es auch anders sein?
    "Duranesek", stöhnte Johannes und ließ seinen Kopf resigniert gegen den Koffer sinken.
    Doch anscheinend hatte sein Stöhnen oder seine Berührung im Innern des Koffers eine Reaktion ausgelöst. Denn plötzlich fing er an, zuerst langsam und dann immer toller zu rucken und zu scheppern. Es wirkte, als ob ein wildes Tier darin eingesperrt wäre, das plötzlich erwacht war und nun wild um sich schlug. Der Lärm drang immer lauter durch das Treppenhaus. Johannes erschrak und wusste nicht, was er tun sollte.
    "Pst! Pssst!", flüsterte er eindringlich dem Koffer zu, "Ich hol dich gleich raus. Hast du mich gehört? Gleich! Gedulde dich noch einen Moment!"
    Ebenso plötzlich wie der Koffer angefangen hatte zu ruckeln, hörte er auch wieder auf. Im Treppenhaus war es mit einem Schlag wieder ruhig und friedlich. Zum Glück hatte kein Nachbar etwas davon mitbekommen. Hoffentlich. Etwas ratlos blickte Johannes um sich. Dann machte er sich an den Kontrabasskoffer und überlegte, wie er ihn in die Wohnung wuchten könnte. Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte er sich dabei. Er sperrte die Wohnung auf und nachdem er unter erheblichen Schwierigkeiten den riesigen Koffer hinein bugsiert und an einer Wand des Wohnzimmers abgestellt hatte, schloss er die Tür. Dann suchte er eine Schere und schnitt die Klebestreifen durch, mit denen der Koffer gesichert war. Als er damit fertig war, löste er die metallenen Schnallen an den Seiten und klopfte einmal kräftig gegen den Deckel.
    "So, du kannst jetzt rauskommen", sagte er und trat einen Schritt zurück. Erneut begann der Koffer wild zu rucken und zu scheppern, bis plötzlich der Deckel mit einem gewaltigen Knall aufsprang und Igor mit ausgestreckten Armen und einem kameradschaftlichen Grinsen mitten im Raum stand.
    "Überraschung!", tönte er mit einem unüberhörbaren rumänischen Akzent, wobei sein "R" besonders schön rollte. Igor war ein kleiner, untersetzter und unglaublich behaarter Vampir mit offensichtlich osteuropäischem Einschlag. Seine dichten Koteletten wuchsen ihm fast bis zum Kinn und die länglichen Haare hatte er mit billigem Gel nach hinten gekämmt. Um die Schultern hatte er sich einen alten etwas abgewetzten Samtumhang gelegt, während der Rest seiner Kleidung den modischen Vorstellungen des ländlichen Rumäniens entsprach. Johannes starrte seinen Vetter ungläubig an.
    Wie lange war es her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten? Das war vor Ewigkeiten, dachte er. In Wien, kurz vor dem ersten Weltkrieg. Das waren gloriose Zeiten gewesen! Sie hatten damals gemeinsam die Stadt unsicher gemacht und in der Neustadt und im Prater ihren Spaß gehabt, doch der Kriegsausbruch hatte ihren Vergnügungen ein Ende gesetzt und ihre Wege hatten sich bald getrennt. Ihn hatte es mit der

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