Großstadtvampire (German Edition)
er Johannes informieren, wäre das ein klarer Verstoß dagegen. Was konnte er noch machen? Gab es vielleicht eine andere Möglichkeit? Eigentlich nicht, wurde sich Arno bewusst. Er konnte nur noch den Regeln folgen, die besagten, dass er den Verdächtigen festsetzen und ein Gericht einberufen musste. Das Gericht würde dann den Fall erörtern und das Urteil über Johannes sprechen. Arnos einziges Problem hierbei war, dass er den Vorsitz dieser Versammlung haben würde und gleichzeitig die Rolle des Anklägers übernehmen musste.
Wieso musste Johannes ihn auch in so eine Situation bringen? Arno spürte, wie langsam Wut ihn ihm aufstieg. Die Wut war gut. Er musste sich von den Sentimentalitäten trennen, die ihn mit Johannes verbanden. Wut konnte da nur helfen. Was hatte sich Johannes dabei eigentlich gedacht? Einfach sein Vertrauen so zu missbrauchen! Wahrscheinlich hatte Johannes die Freundschaft nur gepflegt, um an der Quelle zu sitzen, falls sie ihm auf die Schliche kommen sollte. Arno hätte kotzen können. Auf nichts war mehr Verlass! Da denkt man, man hat einen Freund und schon stellt es sich heraus, dass es ein niederträchtiges Schwein ist! Widerlich! So etwas hatte er noch nie erlebt und er hatte schon einiges erlebt.
Dem werd ich's zeigen, dachte sich Arno und schlug mit der Faust so kräftig auf den Tresen, dass es krachte. Mittlerweile kochte er vor Wut und die Hitze in seinem Innern und der Schmerz in seiner Faust tat ihm gut. Arnos Zweifel waren mittlerweile verflogen und nun war er bereit für Aktion. Johannes würde sich noch wundern. So einfach hinterging man ihn nicht.
Arno griff nach seinem Handy und wählte eine Nummer. Er würde jetzt die Jagd auf Johannes lostreten, und wenn sie erst einmal angeleiert war, gab es kein Entkommen mehr. Man würde die kleine Ratte innerhalb kürzester Zeit finden. Davon war er überzeugt. Was für ein Arschloch, ärgerte sich Arno. Dabei hatte er Johannes eigentlich gemocht. Endlich hob jemand auf der anderen Seite ab.
Als Brigitte die Wohnungstür öffnete, wunderte sie sich, dass sie den Schlüssel zwei Mal im Schloss herumdrehen musste. Normalerweise hatte Kurt um diese Zeit seine Runde beendet und saß mit der Zeitung auf dem Sofa, dachte sie, während sie ihre Einkäufe in den Kühlschrank räumte. Am Morgen hatte sie es gerade noch rechtzeitig zur ihrer Schicht ins Kaufhaus am Alexanderplatz geschafft, wo sie als Verkäuferin arbeitete und für heute Abend hatte sie ein schönes Schnitzel besorgt und etwas Gemüse. Wo sich Kurt nur herumtrieb? Eigentlich war er immer zu Hause, wenn sie von der Arbeit kam und erwartete sie. In letzter Zeit hatte sich Kurt zunehmend eigenartig verhalten. Das war irgendwie auch ihre Schuld. Bei einem Abendessen mit Freunden in ihrer Lieblingskneipe war wieder einmal der Vampirmörder das Thema gewesen und anschließend hatte sich Kurt über den Lebensrhythmus des Mieters aus dem dritten Stock, Johannes von Nersdorff, aufgeregt und sie hatte aus Spaß gesagt, dass Johannes wahrscheinlich ein Vampir sei, aber das wäre ein Vorteil, da ein Mörder bekanntlich nie im eigenen Haus morde. Sie hatten alle über den Witz gelacht, aber Kurt war daraufhin den ganzen Abend über still und nachdenklich gewesen. Als er später zu Hause von seinem Urgroßvater anfing und dass es wirklich Vampire gebe und sie mit ihrer Vermutung Recht gehabt habe, da hatte sie ihren Mann nicht mehr verstanden. Der nette Herr von Nersdorff ein Vampir? Das konnte sie sich wirklich nicht vorstellen. Aber vielleicht kam das noch von seiner alten Arbeit, dass er überall ein Verbrechen oder eine Verschwörung witterte.
Was hatte er bloß gegen Johannes? Der war doch ein ganz normaler junger Mann vom Land, der sich mal in der Stadt austoben wollte. Mit Sicherheit war der kein Vampir. Denn die gab es ja nicht. Das wusste doch jedes Kind.
Sie verstand ihren Kurt wirklich nicht mehr und sie machte sich Sorgen. Dass der heutige Kurt nicht der Mann war, den sie vor der Wende geheiratet hatte, war klar. Aber vielleicht hatten die letzten Jahre zu viel von ihm abverlangt. Er hatte sich sehr verändert, seit er damals seinen Arbeitsplatz verloren hatte. Er war schrullig geworden in den letzten Jahren, aber neuerdings schien es ihr manchmal, als habe er tatsächlich den Verstand verloren. Vor allem sein Wahn mit diesen Vampiren!
Sie beschloss, dass es besser war, nachzusehen wo er war und schnappte ihr Handy und ihren Hausschlüssel. Weit konnte er ja nicht
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