Großstadtvampire (German Edition)
sie antworten konnte, kramte Kurt eine Zeitung aus seinem Hausmeisterkittel hervor und hielt ihr die Titelseite entgegen.
"Hier, kommt dir der nicht bekannt vor?"
Brigitte betrachtete die Phantomzeichnung des Vampirmörders und ja, sie hatte wirklich Ähnlichkeit mit Johannes. Sie kam zu dem Schluss, dass eine Gegenfrage die beste Lösung war. "Aber was willst du dann in seiner Wohnung, wenn du schon alle Beweise hast?"
"Seinen Sarg", Kurts Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Das war zu viel für Brigitte. "Ich geh jetzt und ruf die Polizei. Wenn unser Nachbar wirklich der Vampirmörder ist, sollen die sich um ihn kümmern."
"Nein, warte! Jeder Vampir braucht einen Sarg, in dem er tagsüber Schutz sucht. Jeder weiß das. Wenn ich den Sarg finde, ist das der ultimative Beweis. Dann glaubt mir jeder. Wenn du jetzt die Polizei anrufst, sind meine Ermittlungsarbeiten der letzten drei Monate futsch. Dann kann ich meine eigene Detektei vergessen."
"Deine eigene Detektei?" Brigitte hatte nichts von einer Detektei gewusst. Sie blieb stehen und blickte ihren Mann verwundert an. Sollte das etwa bedeuten, dass Kurt doch noch Ziele hatte? Irgendwie war sie davon ausgegangen, dass er sich mit seiner Arbeit als Hausmeister zufrieden gegeben hatte und nichts anders mehr suchte. Sie hatte sich darauf eingestellt, dass er als Haumeister und sie als Verkäuferin bis zur Pension mit einem kleinen, aber ausreichenden Auskommen arbeiten würden. Das Leben war nicht aufregend und sie sehnte sich zuweilen nach den Zeiten zurück, als ihr Mann abends aufgeregt und vor Leben und Begeisterung sprühend von irgendeiner Observierung zurückkam, aber dass er Pläne gemacht hatte, dass all die Sonderlichkeiten der letzten Wochen einem Ziel unterlagen, das hatte sie nicht geahnt. Dann war er vielleicht gar nicht verrückt. Offensichtlich wollte er doch an seinen alten Beruf anknüpfen und hatte sich all die Jahre danach gesehnt, irgendwie wieder in einem sicherheitstechnischen Beruf arbeiten zu können. Er hatte damals zu DDR Zeiten sogar einen Arbeitsanleitung zur Zersetzung von feindlich-negativen Elementen geschrieben, kurz vor der Wende und hatte dafür noch zwei Tage vor dem Mauerfall eine Belobigung bekommen, fiel ihr dabei plötzlich wieder ein. Er hatte damals so viel Hoffnung gehabt, so viele Träume und Pläne, und dann war alles innerhalb eines Jahres zerstört gewesen. Sie erinnerte sich an die Frustration, an sein widerwilliges Einfügen in sein Schicksal, die langweiligen Jobs für die er überqualifiziert war, die plötzliche Routine und die damit einhergehende Resignation, die Langeweile in ihrer Beziehung. Sie hatte es akzeptiert und gedacht, es gehöre zu einer Ehe eben dazu, dass man das nicht ändern könne und dass das Leben nun mal so sei. Doch Kurt hatte etwas Unglaubliches geschafft. Er hatte sich etwas geschaffen. Nun hatte er wieder Träume und Ziele. Er war wieder ihr alter Kurt und sein alter ehrgeiziger und kämpferischer Geist war wieder da. Sie konnte es in seinen Augen erkennen. Erst jetzt begriff sie, wie lange sie all das vermisst hatte, Brigitte war zutiefst gerührt.
"Wieso hast du mir nie davon erzählt?"
"Du hättest mich doch für verrückt erklärt", antwortete Kurt schüchtern.
"Ja, wahrscheinlich schon", sagte Brigitte und musste dabei lächeln. "Hätte ich aber gewusst, wie sehr du leidest, dann hätte ich dich doch selbstverständlich unterstützt."
Da standen sie nun und blickten sich erstaunt an. Schließlich unterbrach Brigitte den stillen Moment. "Was nun? Gehen wir rein und suchen den Sarg? Dein letztes Beweisstück?"
Kurts Gesichtsausdruck füllte sich mit Freude. "Bist du sicher?"
"Würde ich sonst fragen?", antwortete Brigitte mit einem breiten Lächeln und schüttelte dabei den Kopf. Manchmal war er wirklich langsam von Begriff.
"Ja, gerne, Häschen", beeilte sich Kurt und öffnete die Tür.
"Wenn da aber kein Sarg ist, dann gehen wir sofort wieder und du vergisst die ganze Geschichte mit dem Vampir, versprochen?", sagte Brigitte. Sie wollte sich nicht ganz geschlagen geben. Schließlich könnte Kurt ja doch falsch liegen.
Brigitte hätte in diesem Moment so ziemlich alles von Kurt haben können. "Ja, versprochen!", gelobte Kurt.
Vorsichtig schlichen sich Kurt und Brigitte in Johannes' Wohnung und verschlossen die Tür hinter sich.
"Wo sollen wir anfangen zu suchen?", wollte Brigitte wissen.
"Na, so groß ist die Wohnung ja nicht. Willst du im Wohnzimmer und in der
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