Großstadtvampire (German Edition)
nicht willkommen!" Plötzlich stand Raimund, der Eigentümer der Kneipe, vor Johannes und blockierte ihm den Weg. Für einen kurzen Augenblick verwandelte er sich unbemerkt von den anderen Gästen und fletschte Johannes mit seinen spitzen Eckzähnen bedrohlich an. "Muss ich mich wiederholen? Raus! Aber sofort!" Seine Stimme war tiefer und bedrohlicher geworden.
"Ja, ja, wir sind gleich wieder weg." Johannes ließ sich von Raimund nicht beeindrucken.
"Solltest du dich nicht lieber um den Neuzugang kümmern?" wollte Raimund wissen. Er stand wieder in seiner ursprünglichen Gestalt da.
"Tun wir ja", antwortete Johannes gereizt. "Aber unsere netten Brüder und Schwestern hindern uns leider daran."
"Ich freue mich schon, wenn deine Schonfrist vorbei ist", stichelte Raimund zurück. "Wieso sollten wir einem wie dir helfen, selbst wenn wir es könnten?"
Von beiden unbemerkt stand Marco in einer Ecke der Bar. Er wusste, dass seine russischen Freunde Johannes suchten. Yevgeni und seine Männer hatten sich Marco am Vormittag noch einmal vorgeknöpft. Die Russen waren ziemlich wütend gewesen und hatten ihn bedroht. Sie hatten gehofft, von ihm zu erfahren, wo Johannes sich versteckt hielt. Doch Marco war Johannes immer nur in der Kellerbar oder im CC begegnet. Am Ende waren sie abgezogen, aber nicht ohne ihm eingebläut zu haben, sich zu melden, falls er Johannes über den Weg laufen sollte. Wenn er ihnen Johannes jetzt lieferte, würden sie ihm sicher auch einmal helfen. Außerdem hatten sie eine Belohnung auf Johannes' Kopf ausgesetzt und Geld konnte er immer gebrauchen. Er holte sein Handy aus der Jackentasche und wählte Yevgenis Nummer. Vorsichtig schielte er hinter einer Säule hervor zu Johannes, der sich immer noch mit Raimund im Wortgefecht befand, und wartete auf das Freizeichen. Es klingelte nur ein Mal, bevor Yevgeni abhob.
"Da?" Yevgenis Stimme wirkte selbst am Telefon bedrohlich.
"Er ist hier in der Mustang Bar", kämpfte Marco gegen die Musik an. "Beeilt euch!"
Mittlerweile hatte Igor sich eingemischt, um die beiden Streithähne, Johannes und Raimund, zu beruhigen. "Du musst uns helfen", redete er auf Raimund ein. "Hast du Caroline gesehen? Wenn ja, musst du uns sagen, wo sie hin ist. Sonst kann Johannes seine Pflicht nicht erfüllen. Auch du hast eine Verantwortung der jungen Vampirin gegenüber." Raimund schien abzuwägen. Igor schlug die Hände zusammen und bettelte ungehemmt. "Bitte, bitte, bitte! Wenn du's nicht seinetwegen machen willst, dann wenigsten wegen mir oder wegen des armen Mädchens. Oder aus Gastfreundschaft vielleicht? Du weißt doch was. Ich sehe es dir an."
"Deinetwegen bestimmt nicht", sagte Raimund verächtlich zu Johannes. "Nur für Caroline. Hab soundso nie verstanden, was sie an dir gefressen hatte. Armes Ding."
"Du hast sie gesehen?", Johannes' finstere Miene hellte auf.
"Ja. Sie war vorhin kurz da. Ganz bleich und verwirrt. Sie wollte noch in der Münzklause vorbeischauen."
Johannes war nicht mehr zu halten. Er presste ein kurzes "Danke" hervor und machte sich zum Ausgang auf.
"Du mich auch!", warf ihm Raimund hinterher. "Die Uhr tickt! Morgen bist du dran!"
"Vielen Dank. Du warst uns eine große Hilfe", versuchte Igor höflich zu sein.
"Was willst du noch hier?", rotze Raimund ihn an.
"Man weiß nie. Manchmal sind die Dinge nicht, wie sie scheinen. Vielleicht ist morgen alles anders", zwinkerte Igor mit einem wohlmeinenden Grinsen Raimund zu, drehte sich um und folgte Johannes aus der Bar.
Johannes war nach links gebogen. Igor hatte Schwierigkeiten ihn einzuholen, so zügig bewegte der sich vorwärts.
"Warte doch", rief er ihm hinterher, und beeilte sich mit ihm Schritt zu halten. Kurz darauf öffnete sich die Tür der Mustang Bar erneut und Marco kam heraus. Er blickte sich suchend um und entdeckte Johannes und Igor am Ende der Straße. Sofort setzte er zur ihrer Verfolgung an. Während er sich dicht an den Häusern hielt, um nicht entdeckt zu werden, drückte er die Wiederwahltaste seines Handys.
Die Münzklause war eine winzige gemütliche Kneipe mit holzvertäfelten Wänden, die sich seit ihrer Eröffnung in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wenig verändert hatte. Kleine Pokale und Krüge standen auf der oberen Kante der Vertäfelung und im Winter diente der im Sommer funktionslose Kachelofen immer noch als einzige Wärmequelle. Außer auf der Toilette, die man vor ein paar Jahren modernisiert hatte, konnte man sich durchaus vorstellen, hier
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