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Großvater 02 - und die Schmuggler

Großvater 02 - und die Schmuggler

Titel: Großvater 02 - und die Schmuggler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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und er fühlte, dass er jetzt schnell denken musste. Aber wie schnell er auch dachte, er würde auf keinen Fall so schnell sein – und nicht so tödlich bewaffnet – wie die Männer in der schwarzen Kröte des Todes, die gerade gelandet waren und ihnen gleich in der Höhle begegnen würden.
    »Sag was, Großvater«, sagte Mina. »Aber nicht, dass du rauchen willst.«
    »Ich möchte rauchen«, sagte Großvater. »Sagt nichts. Tut nichts. Wir sitzen in der Klemme, und wenn wir zu fliehen versuchen …«
    »Sie haben bestimmt Kalaschnikows«, sagte Marcus. »Russische Maschinenpistolen. Echt gut. Das hab ich gelesen. Sie können eine Armee in dreißig Sekunden niedermähen. Sie könnten aus der Höhle das reinste Schlachthaus …«
    Gabriels Unterlippe begann zu zittern, und Mina, die es sah, wurde fast wahnsinnig und drehte fast durch, obwohl sie genauso viel Angst hatte: »Hör auf, Marcus! Hör auf! Siehst du nicht, dass er Angst hat?«
    »Nee, ich hab keine Angst«, sagte Gabriel, und man sah, dass er sich ermannte. »Erzähl mal, wieso Schlachthaus …«
    »Hört auf!«, sagte Mina noch einmal, und da wurde es endlich ganz still in der dritten Höhle. Ganz, ganz still.
    Und dann, durch das Schweigen hindurch, hörte man Schritte, die sich näherten. Es waren mehrere Männer. Und ihre Schritte waren schwer.
    Der erste Mann, der die Höhle betrat, trug einen schwarzen Overall aus beinahe metallischem Kunststoff und mit einer Art Kapuze; man konnte nur Teile des Gesichts sehen, das bleich, fast weiß war. Den Kindern kam es plötzlich wie ein Totenkopf vor, doch dann sahen sie, dass es ein gewöhnliches Gesicht war, beinahe menschlich, dachte Marcus, wie ein beliebiger Mensch, wenn man nur nicht so schreckliche Angst bekommen hätte beim Anblick dieses fast ganz weißen Totenkopfs, an dem sich nur der Mund bewegte.
    Die Augen schwarz. Dann erschienen noch drei Männer im Höhleneingang. Einen von ihnen erkannten sie sofort. Es war der in dem Trainingsanzug, auf dem in großen, deutlichen Buchstaben stand, dass er in Brekkeseter gewesen war, was ein Berghotel in Rondane sein musste.
    Sein Russisch war perfekt, wie sie bald merken sollten.
    Sie stellten sich in einer Linie auf, der erste Mann, dessen Gesicht einem Totenkopf glich, stand ein paar Augenblicke ganz still und fixierte die Kinder. Er hatte eine Pistole in der Hand und eine Kalaschnikow auf dem Rücken; jetzt hob er langsam die Pistole, senkte sie dann und steckte sie in den Holster. Keiner der anderen rührte sich.
    »Willkommen in Helgeboda«, sagte Großvater.
    Sie sahen sofort, dass das nicht die passenden Worte waren. Völlig daneben. Die vier Männer lächelten nicht. Verzogen keine Miene.
    »Schto eto, tschort wosmi« , sagte der Mann mit dem Totenkopfgesicht und ging zu den in Plastikfolie verpackten weißen Päckchen. Er blieb eine Sekunde bei dem äußersten Stapel stehen und guckte verdutzt die untere Ecke an, die ein bisschen gelb geworden war. Er beugte sich vor und roch.
    Es war das Päckchen, gegen das Pelle, als sie in die Höhle gekommen waren, gepisst hatte, um sein Revier zu markieren. Der Mann schien verwirrt.
    »Sobaka-ischtscheika. On pometil« , sagte er leise und blickte sich um. Dann blieb sein Blick an Pelle hängen, der schuldbewusst den Schwanz und den Kopf einzog; er wurde von Gunilla immer ausgeschimpft, wenn er im Haus die Ecken anpinkelte, um sein Revier zu markieren und Grenzen zu ziehen, falls ein feindlicher Hund kam. Gunilla fand das nämlich nicht spaßig. Und Pelle ahnte, dass auch dieser Fremde nicht begeistert war, vielleicht sogar wütend, das war nicht leicht zu erkennen.
    »Sastreli etu swolotsch!« , brüllte er plötzlich und riss seine Kalaschnikow von der Schulter.
    Es war klar, was er vorhatte, und Marcus bekam auf einmal furchtbare Angst: Er will Pelle erschießen, er will wirklich Pelle erschießen! Und plötzlich, gerade als der Totenkopfmann seine Kalaschnikow heruntergerissen hatte und eine Art Schwenkbewegung damit machte und mit seinem eiskalten schwarzen Blick schaute, wo Pelle sich gerade befand, genau da brüllte Marcus:
    »Pelle, hau ab! Schnell, hau ab, Pelle, hau ab!!!«
    Pelle wog einundzwanzig Kilo.
    Das war vielleicht nicht viel. Aber es waren nur Muskeln. Pelle war ein kleines Muskelpaket, ein 21-Kilo-Turbo, eine grauweiße Kanonenkugel. Viele Male, wenn draußen tiefer Schnee lag, hatten sie ihn bewundert, wie er sich springend durch den Schnee fortbewegte, tief unter der Schneedecke und hoch

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