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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Straße wegen mit der Zeit verkalkuliert. Er würde sich die Burg, die ihn an französische Renaissancebauten erinnerte, am Nachmittag ansehen.
    Im Dorf unterhalb der Burg ereilte ihn der nächste Schock. Es war Markttag. Alte, schwarz gekleidete Frauen hielten nicht mehr als fünf Mohrrüben in der Hand oder drei Zwiebeln, daneben stand eine Zigeunerin mit einerSellerieknolle, eine andere hielt ein lebendes Kaninchen an den Ohren, vor einer anderen Frau lag ein einziges Stück Käse auf einer Kiste. Der Mann gegenüber wäre glücklich gewesen, die sechs Eier zu verkaufen, und die stille, verzweifelte Aufforderung in den Augen der Verkäuferinnen, ihnen doch wenigstens das wenige abzukaufen, war für Martin kaum auszuhalten. Er selbst hatte genug Geld in der Brieftasche, den gesamten Markt zu übernehmen, mitsamt der beiden Klepper, die angeschirrt vor den Pferdewagen standen, einen Haufen Gras vor sich. Hier sorgte die Europäische Union weniger großzügig für die Einbindung der lokalen Bevölkerung in die Gemeinschaft. Er gab Gas   ...
    Die asphaltierte Straße hinauf zur Großkellerei war die beste seit hundert Kilometern. Martin parkte sein Fahrzeug im Schatten, Simion stellte seinen Wagen dahinter in der Sonne ab. »Dafür steht er nachher im Schatten«, sagte er und lächelte überlegen. Heute gab es wohl keine Extratouren, und Martin erklärte dem Pförtner am Schlagbaum, wen er sprechen wollte. Gemeinsam wurden sie zum Direktor geführt.
    »Glauben Sie, dass Sie hier den gesuchten Wein finden?«, fragte Simion auf der Treppe.
    Martin blieb stehen und hielt Simion am Arm zurück. »Welchen Wein?«
    »Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht genau, was ich meine – den Wein aus Constanţa natürlich.«
    Martin wurde kalt. Woher wusste Simion davon? Er musste ihn beobachtet und fein zugehört haben. Martin ließ den Einwand dahingestellt, der Pförtner winkte sie weiter ins Büro des Direktors. Der saß an seinem gewaltigen Schreibtisch unter dem Großfoto der Landschaft, die sich auch im Panoramafenster an der Längsseite des Raums öffnete. Waren es hundert- oder zweihundertfünfzig Hektar Rebzeilen, die irgendwo dahinten auf den Hügeln an den Himmel stießen? Martin hatte keine Skrupel, Simion als nordamerikanischen Weinhändler und möglichen Importeur vorzustellen.
    »Wir bearbeiten knapp zweitausend Hektar, davon gehören mehr als tausendzweihundert Hektar unserer Gesellschaft. Und zweihundert Hektar dienen Forschungszwecken. Zuerst war an dieser Stelle eine von Siebenbürger Sachsen gegründete Kellerei, aber die wurden nach dem Zweiten Weltkrieg deportiert, und 1949 entstand dann hier eine nationale Weingesellschaft.«
    »Wann war das? Von wem wurden sie deportiert?«, fragte Simion erstaunt.
    »Die Siebenbürger Sachsen kamen vom dreizehnten Jahrhundert an ins Land, um es zu besiedeln und es gegen die Türken zu verteidigen. Sie kamen nicht aus Sachsen, sie kamen von der Mosel und aus Luxemburg. Dann gerieten wir unter ungarische Herrschaft, mit ihnen kamen Rebsorten wie Ruhländer, Neuburger, Gewürztraminer und Fumint ins Land . . .«
    ». .. keine roten Rebsorten?«, unterbrach ihn Martin, und Simions Blick besagte: »Ich weiß genau, wonach Sie suchen«.
    »Nur Pinot Noir, ein verschwindender Anteil unserer Produktion, kaum erwähnenswert. Wir haben auch Grauburgunder und natürlich Riesling, nicht den echten Renano vom Rhein, sondern den Italico, den italienischen Riesling oder Welschriesling. Nach dem verlorenen Krieg, als die Russen einmarschierten, haben sie achtzigtausend Nachkommen der Siebenbürger Sachsen nach Russland zur Zwangsarbeit deportiert, aber es lief relativ glimpflich ab.«
    »Wieso glimpflich?«
    »Bis auf zwanzigtausend sind alle wiedergekommen.«
    »Gibt es heute Russen hier?«, wollte Simion wissen.
    Der Direktor lachte. »Immer noch der alte Angstgegner der Amerikaner? Nicht, dass ich wüsste. Sie waren nie beliebt, sie haben uns Moldawien abgenommen, und unter dem Diktator hatten sie nichts zu melden. Sie haben uns später fast wie Feinde behandelt. Ceauşescu war gegen den Einmarsch des Warschauer Pakts in die ČSSR, er war fürNichteinmischung. Er fürchtete, dass sie ihm sein Rumänien wegnehmen würden, aber gegen die polnische Gewerkschaft Solidarność war er auch, da wollte er mit Gewalt intervenieren. Na ja, und wie er sich hier aufgeführt hat, das wissen Sie sicherlich.«
    Simion ließ nicht locker. »Gibt es heute noch Russen in der Gegend, ich meine, haben

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