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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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sie hier investiert?«
    »Im Weinbau?« Der Direktor schmunzelte. »Nein, Gas und Stahl ist ihr Geschäft, ja, aber Wein war nie ihre Sache, ich jedenfalls weiß nichts davon. Sie kaufen Wein in Moldawien, doch jetzt, wegen ihrer Sorge, dass neben Moldawien auch Georgien der NATO beitritt, weigern sie sich, ihnen den Wein abzukaufen. Das ist Politik, diese Beziehungen und Ängste erklären sich nur aus der Geschichte. Aber deshalb sind Sie ja nicht gekommen.«
    »Hat man jene Rückkehrer damals überprüft? Es ist möglich, dass der KGB mit ihnen seine Agenten eingeschleust hat.«
    Wie kann ich Simion zum Schweigen bringen?, fragte sich Martin, denn seine Fragerei wurde lästig. »Marc, lassen Sie es gut sein. Wie soll man sechzigtausend überprüfen? Heute geht das, aber damals   ... Außerdem ist das nicht unser Thema.«
    Simion schwieg. Der Blick, den er Martin zuwarf, war schwer zu deuten.
    Der Direktor gab sich versöhnlich. »Das war lange vor Ceauşescu, der kam erst 1965 ans Ruder. Davor waren die Russen hier auch nicht beliebt. Später gab es Säuberungen, sogar unter moskautreuen Kommunisten, und eine Spezialabteilung der Securitate, um russische Agenten aufzuspüren.«
    Jetzt wurde Martin hellhörig. »Ist das allgemein bekannt – oder woher wissen Sie das?« Man müsste diesen Direktor fragen, was er vor 1989 gemacht hat. Und auch den Besitzer der Kellerei. Das jedoch ging über Martins Auftrag hinaus,das wäre was für lebensmüde Journalisten. In Deutschland war es wichtig gewesen, wer
vor
1939 ausgewandert war und wer
nach
1945, die einen waren Gegner der Nazis, die anderen die Nazis selbst. Aber wieso interessierte sich Simion dafür? Hing seine Familie da mit drin? Oder war er noch immer der stramme Antikommunist und nicht in der Lage, die abgenutzten Feindbilder aufzugeben?
    Vorsichtig fragte Martin nach, wie es zu einem derart großen Besitz kommen konnte. Das Eis, auf dem er sich dabei bewegte, war dünn, er wollte niemanden verärgern, zumal er auch hier nicht den gesuchten Boden finden würde. Außerdem würde Coulanges Investor kein Bein auf den Boden kriegen, jeder Quadratmeter Erde, der sich bestocken ließ, wurde von dieser Kellerei gekauft.
    Wie sich im Laufe des Gesprächs herausstellte, waren die Beziehungen in die Politik und zum Geldhahn von Brüssel entscheidend gewesen. »Die EU hat alles bezahlt. Arbeitskräfte bekamen wir aus den kaputten und unrentablen Fabriken, heute sind die Leute knapp. Wir beschäftigen vom Frühjahr bis in den Herbst etwa zweitausend Arbeitskräfte, davon sind siebenhundert Zigeuner, hauptsächlich Frauen. Wir bezahlen mit Lebensmitteln, damit sie ihre Familien ernähren können, die Männer würden ihnen das Geld wegnehmen. Es ist ein Integrationsprogramm für die lokale Bevölkerung.«
    »Wahrscheinlich bleibt sonst keine Traube am Weinstock«, murmelte Simion, und der Direktor zuckte mit den Achseln. So etwas sagte man nicht laut.
    Der Rundgang durch die Kellerei förderte nichts zutage, womit Martin nicht gerechnet hatte, auch die von Brüssel bezahlte Anlage zur Mostanreicherung mittels Umkehrosmose war keine Überraschung. Sie nicht vorzufinden, hätte ihn gewundert. Da Mostanreicherung mittels Zucker anders als in Frankreich hier verboten war, musste man bei schwachen Weinen auf dieses Verfahren ausweichen. Das einzigNeue war, dass unten am Stock Triebe stehen blieben, die bei Frost eingegraben wurden, wenn im Winter wochenlang Temperaturen unter zwanzig Grad minus herrschten und die Reben erfrieren würden.
    Es war spät geworden, Martin wurde nervös, aber um die Verkostung – sie fand in der zur Kellerei gehörenden Festung statt – konnte er sich nicht drücken. Viele Kellereien hatten spezielle Lagen und Weine, die ausschließlich mit dem Ziel gekeltert wurden, bei internationalen Wettbewerben »aufzutreten«. Das Geld hingegen verdiente man mit der Masse, die Flasche für 1,99   Euro, die Presse und die nötige Aufmerksamkeit gewann man mit denen zu 19,99   Euro. Aber zum anschließenden Imbiss wurden Martin und Simion nur durchschnittliche Weine präsentiert.
    Der Gewürztraminer gefiel am besten, besonders sein Quittenaroma. Die Rose, sonst typisch für diese Traube, war kaum zu merken. Der folgende Sauvignon Blanc, ein Fetească Regală und der Dry Muscat danach waren kaum erwähnenswert. Und der Sekt, obwohl nach der Champagnermethode hergestellt und ziemlich trocken, hatte ein Hefearoma. Ein deutscher Rieslingsekt vom Winzer wäre

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