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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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einigermaßen zu Kräften gekommen war, den nassen Overall, in den sie ihn gesteckt hatten, auszog, und gaben ihm Decken. Für die Notdurft hatte er einen Eimer. Er lag auf dem Boden und dachte an Charlotte und immer nur an Charlotte, er sprach mit ihr, erzählte ihr von der Reise, vom Wetter, von den Menschen, die er getroffen hatte, von Sofia, die an anderer Stelle ihr Leben sicher hätte besser einrichten können. Darüber sprach er mit Charlotte. In ihren Armen würde er sogar sterben können. Alles war gut. Es würde nur ein kurzer Schritt sein vom Leben in den Tod. Ihm war, als könne sein Geist den Körper verlassen, als brauchte er auch unter Wasser keine Luft zum Atmen mehr.
     
    Aber sie ließen ihn nicht sterben. Sie verhörten ihn weiter. Also wussten sie nichts oder zu wenig, und was sie vermuteten, klang in ihren Fragen durch. Brzezinski war an der Reihe.
    »Von wem haben Sie den Zodiac erhalten?«
    »Von Elmar Harms. Er brachte mir auch eine Liste mit Namen, er wollte mir Partner andienen, für den Kauf von Weingütern, für den Weg durch die Behörden, Anwälte, Immobilienmakler . . .«
    »Wer ist Elmar Harms? Wo haben Sie ihn getroffen? Für wen arbeitet er?«
    »Das wissen Sie besser als ich. Er spricht Rumänisch, hat vorgestern oder gestern hier nebenan im Restaurant gesessen, er war im Forschungsinstitut . . .« Martin erzählte alles, was er von Harms wusste beziehungsweise nicht wusste.
    »Weshalb hat er Ihnen den Zodiac gegeben?«
    »Herrgott, fragen Sie ihn, Sie können ihn ja auch ins Wasser werfen, Sie können ja alle Menschen, die Ihnen nicht passen, ins Wasser werfen. Die Ozeane sind groß genug. Wenn ihr alle Menschen hasst, weshalb ertränkt ihr sie nicht alle? Ich glaube, dass der Zodiac nicht für mich bestimmt war, Harms muss mich verwechselt haben.«
    »Mit wem?« Brzezinskis Frage war lauernd und aggressiv, als erwartete er, dass Martin ihm ein System verdeckter Beziehungen offenlegen würde. »Wieso kommen Sie damit erst jetzt?«
    »Ihre Fragen bringen mich darauf. Ich vermute, dass Harms einer Organisation angehört, die mit Regierungsmitgliedern kungelt, dass sie Immobilien verschieben und E U-Fördermittel kassieren und am Aufbau verdienen.«
    Obwohl seit ihrer ersten Begegnung ein Tonband lief, schrieb Brzezinski mit, sicher notierte er die nächsten Fragen. Martin war froh über den Gedanken, über jeden Gedanken, über seine Sachlichkeit, er erholte sich, es keimte etwas wie Hoffnung in ihm auf, bis er mit Schrecken gewahr wurde, dass auch Brzezinski die Veränderung bemerkt hatte und grinste. Er ließ seine Männer kommen und Martin die Binde anlegen. Sie brachten ihn in den Raum mit der Edelstahlwanne. Brzezinski machte sich nicht selbst die Finger nass.
    Martin versuchte, sich zu kontrollieren, die Luft anzuhalten, doch zuletzt kämpfte er, zappelte in ihren Händen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Und wieder rettete ihn Charlotte vor dem Ertrinken und davor sich einzubilden, dass man Wasser atmen könne.
     
    »Zurück zu diesem Coulange«, sagte Brzezinski. »Ist Coulange Ihr Agentenführer? Wann und wo haben Sie ihn getroffen?«
    »Agentenführer? So ein Quatsch.«
    Die Ohrfeige des Mannes, der hinter ihm stand, kam mit ungeahnter Heftigkeit. Martin verweigerte dem Schmerz jegliche Aufmerksamkeit.
    »In Bordeaux, Anfang Mai.«
    »Weshalb in Bordeaux? Warum haben Sie mir davon bislang nichts gesagt?« Als Martin schwieg, sagte Brzezinski: »Wenn Sie nicht sofort antworten, denken Sie nach, welche Antwort Sie uns geben. Also lügen Sie. Sparen Sie sich das Denken, Sie brauchen Ihre Kraft zum Überleben. Weshalb in Bordeaux?«
    Martin nannte ihm den Grund.
    »Langsam beginnen Ihre Aussagen plausibel zu klingen, wir prüfen das.«
    Brzezinski verließ den Raum, und Martin ließ sich vom Stuhl auf den Boden gleiten. Dort zu liegen war bequemer, als sich mit gefesselten Händen mühsam auf dem Stuhl zu halten. Er musste sich ausruhen, er brauchte jedes Quäntchen Kraft, er wollte überleben, er wollte Charlotte wiedersehen. Er wollte die nächste Weinlese erleben, seine Freunde sehen, in Castillon-la-Bataille mit Jacques Billard spielen   ...
    »Weshalb sind Sie hier eingedrungen?«, fragte Brzezinski, als er nach einer nicht messbaren Zeitspanne den Raum betrat und ihn auf den Stuhl setzen ließ.
    »Weil ich hinter dem Zodiac her war, es ist der beste Wein, den ich seit ewigen Zeiten probiert habe. Er bewegtsich in der Klasse der großen Bordeaux. Und ich suchte die Erde,

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