Grote, P
angefangen hatte. Nicht einmal das berühmte Weingut Mouton-Rothschild gehörte zu den Großgrundbesitzern.
»Da waren die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und besaßen die nötigen Stempel, die entscheidenden Kontakte und hatten die entsprechenden Telefonnummern . . .«
». .. von den richtigen Leuten in der Regierung«, ergänzte ihr Bruder. »Und das war allein die KP, die wusste, wo das Geld im Ausland lag und wie man rankam, die kannten die Nummern der Konten. Unser Vater war vor der Wende im Agrarministerium tätig, zuständig für Weinbau, er war sozusagen das, was Sofias Chef heute ist.«
»Dann hat er die Abhöreinrichtung einbauen lassen?« Martin sah Sofia überrascht an.
»Zynismus hilft uns selten weiter, Mister Bongers. Im Gegensatz zu Ihnen müssen wir hier leben. Sie können gehen, wir nicht . . .«
Jetzt war es Sofia, die vermittelte und ihrem Bruder begütigend die Hand auf den Arm legte. »Sei nicht so bitter, Lucien. Vielleicht arbeiten wir demnächst mit ihm zusammen. Möglicherweise können wir Monsieur Bongers helfen und später mit ihm etwas aufbauen. Das wäre doch nicht schlecht?« Jetzt wandte sie sich direkt an Martin: »Wir helfen Ihnen, gute Weinberge zu finden, was ungeheuer schwer ist, denn da sind alle hinterher. Sie können mit uns über Ihre Erfahrungen sprechen, wir wissen vieles über Ihre Gesprächspartner und was oder wer hinter ihnen steht. Im Gegenzug bieten wir Ihnen unser Wissen, unsere Beziehungen zu korrekten Partnern, zu Anwälten und Maklern. Dadurch wird es billiger.«
Martin sah sie verständnislos an.
Sofia lachte. »Ganz einfach. Sie sparen Schmiergeld! Und Sie, Monsieur oder Mister oder Herr Bongers, machen uns Ihre Verbindungen ins Ausland zugänglich. Was halten Sie davon?«
Damit war die Katze aus dem Sack. Im Stillen hatte er längst eine Klarstellung erwartet. Jetzt wusste er, weshalb Sofia ihn ins Vertrauen zog. Immer waren persönliche Interessen im Spiel.
»Noch einmal zurück zu der Abhöraktion.« Sofia ließ ihre Worte wirken und fixierte das Ufer, wo sie aussteigen wollten. »Es war eine Dummheit von meinem Chef, so zu reagieren, es war kurzsichtig. Jetzt weiß ich, dass bei mir ein Mikrofon installiert ist, und sicherlich nicht nur dort.«
»Das haben wir immer vermutet«, warf ihr Bruder ein.
»Es kann sein, dass schon immer eines dort war, das ganze Land war verwanzt. Am ekelhaftesten waren die menschlichen Wanzen, die Zuträger.«
»Das ist es heute wieder . . .«, ließ sich das Bergwerk vernehmenund stand auf, ». .. verwanzt. Lasst uns an Land gehen. Ich hoffe, wir finden im Restaurant einen freien Tisch. Ich habe absichtlich keinen bestellt«, beruhigte Lucien seine Schwester auf ihren besorgten Blick hin.
Der Ober am Eingang taxierte sie auf ihre Zahlungsfähigkeit und wies ihnen einen abseits gelegenen Tisch zu. Den Geschwistern war es recht, Lucien setzte sich so, dass er den Eingang des Gartenrestaurants überblicken konnte.
»Glauben Sie, dass uns jemand beobachtet?« Martin ging die Paranoia auf die Nerven.
»Je mehr Weingüter Sie besuchen, je wichtiger Sie werden, desto mehr wird man auf Sie aufmerksam und will wissen, was Sie tun, wo Sie sind, mit wem Sie sich treffen und was Sie besprechen. Erinnern Sie sich daran. Da fällt mir ein: Sie werden einen Dolmetscher brauchen, wenn Sie an die richtigen Leute herankommen wollen, einen, der vertrauenswürdig ist.«
»Sie sagten eben, Vertrauen sei nur ein Wort . . .«
Lucien tat, als hätte er den Einwurf nicht gehört. »Oft entscheiden nicht die Worte, sondern der Tonfall. Die Zwischentöne hören Sie nicht, aber ein Rumäne tut es. Wir haben einen Freund aus Siebenbürgen, der gut Deutsch spricht. Treffen Sie sich mit ihm. Ob Sie mit ihm arbeiten wollen, entscheidet allein Ihr Gefühl.« Lucien grinste. »Teubner ist nicht zu teuer, nicht für Sie; vielleicht siebzig Euro am Tag plus Spesen.«
»Versteht er was von Wein, kennt er die Fachbegriffe?«
»Seine Eltern bewirtschaften einen kleinen Weingarten, mehr zur Selbstversorgung.«
Keine schlechte Idee, dachte Martin und blickte auf die Speisekarte:
pui la ceaun cu mijdei!
Er verstand nichts.
Lucien lachte und half: »Ganz einfach, Brathähnchen mit Knoblauchsoße. Aber wenn Sie lieber Fisch essen – hier ist
păstrăv
sehr zu empfehlen oder
şalău,
Forelle und . . .?«
Jetzt half Sofia. »
Sandre
auf Französisch – Zander.«
Martin war überzeugt. »Den Wein überlasse ich
Weitere Kostenlose Bücher