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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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machen, das ist eine Kunst, die wir bereits in den Zeiten der Daker beherrschten, bevor die Römer bei uns einfielen. Nein, es ist nicht so, wie Sie denken!«
    Woher wusste Dragos, was er, Martin, dachte?
    »Den Weinbau haben nicht die Römer hierher gebracht, den kannten wir lange vorher, dafür gibt es historische Beweise. In unserem Land finden Sie Weine, die mit den edelsten Gewächsen aus Bordeaux vergleichbar sind.«
    Tudor Dragos rief nach seiner Sekretärin, es war jene gut aussehende Frau mit dem tiefen Dekolleté, die bei seinem Gespräch mit Sofia hereingeplatzt war, und schien ihr einen Auftrag zu geben. Während er sich die Hände rieb und selbstverliebt den Ring betrachtete, ging sie hinaus und kam einige Allgemeinplätze später mit einer Flasche zurück, die sie vor Martin auf den Schreibtisch ihres Chefs stellte.
    Sec de Murfatlar, 2007, Merlot, ein beige- und burgunderfarbenesEtikett, das in den Siebzigerjahren zuletzt überarbeitet worden war. Es erinnerte ihn im Stil an Kröver Nacktarsch und die billigsten fränkischen Dornfelder. Es war einer jener Weine, die Martin nicht zu öffnen wagte, vor allem nicht im Beisein des Schenkenden. Charlotte hatte ihn gewarnt: »Hüte dich. In deinem Gesicht kann man zu oft lesen, was du wirklich denkst!«
    War diese Flasche ein Ausdruck mangelnder Wertschätzung? War es ein Zeichen, dass Tudor Dragos von Wein keinen blassen Schimmer hatte, geschweige denn Geschmack – oder hielt man ihn, Martin, lediglich für einen Geschäftsmann, dem es ausschließlich um Geld statt um ein gutes Produkt ging? Sollte Letzteres der Fall sein, dann war seine Tarnung gelungen. Und das Gefühl, dass dieses Geschenk zeigte, dass Tudor gar nicht wusste, wen er vor sich hatte, verstärkte sich. Oder hatte Martin etwas übersehen? Sollte er den Wein tatsächlich probieren?
    »Viel Spaß damit, Sie werden begeistert sein«, sagte der Übersetzer wie ein Sprechautomat, dem Martin weit mehr Ausdrucksstärke zugetraut hätte.
    Er wusste sofort, wem er die hässliche Flasche überlassen könnte: Der Hotelportier würde sich freuen. Oder sollte er die Flasche im nächsten Taxi liegen lassen? Das war seine bevorzugte Methode.
    Tudor Dragos sprach über die Anstrengungen, die seit der Wende, »seit den dramatischen Ereignissen im Dezember 1989«, wie er es nannte, unternommen worden waren, um den Weinbau zu reprivatisieren. Die Landwirtschaft sei ja seit Ende des Zweiten Weltkriegs kollektiviert worden, lediglich der Besitz von einem Hektar zur Eigenversorgung sei gestattet gewesen. Der Agrarsektor sei längst privatisiert, viel früher als die Industrie. Vierzig Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche lägen allerdings noch brach, ». .. da kann Rumänien zum drittgrößten Versorger Europas werden!«, schwärmte der Direktor und sah für sich wohl eine großartigeKarriere voraus. »Hohe Wachstumsraten, eine konsumfreudige Bevölkerung, niedrige Löhne und qualifiziertes Personal – das alles bietet Ihnen ideale Rahmenbedingungen.«
    Jetzt runzelte Dragos die Stirn, der Dolmetscher stellte sich darauf ein, es konnte nur ein problematischer Gedanke folgen. Dragos bedauerte, dass der Energiesektor, Öl, Gas und Kohle, zuerst privatisiert worden sei und dass die Russen sich da eingekauft hätten. Und man müsse bis zu fünfzigtausend Kleinlandwirte davon überzeugen, ihre Hybrid-Rebsorten zu roden, um die Forderung der Europäischen Union zu erfüllen. »An deren Auflagen werden wir uns strikt halten. Darauf kann Brüssel sich verlassen.«
    »Und was sagen die Landwirte dazu?«
    Das interessierte Dragos wenig. »Denen würde ich empfehlen, sich ganz aus dem Weinbau zurückziehen. Durch die Rodungen ergibt sich viel Potenzial für Sie und Ihre Investoren, denn die Landwirte werden die Mittel für Neupflanzungen mit Edelrebsorten wie Cabernet Sauvignon oder Chardonnay nicht aufbringen. Außerdem fehlt das Wissen, sie besitzen nicht die Technik, ihre Betriebe sind unwirtschaftlich. Also geben sie auf. Sie werden es auf Ihrer Reise sehen. Das ist Ihre Chance, Herr . . .« Tudor Dragos schaute auf die vor ihm liegende Visitenkarte.
    »Bongers«, half der Dolmetscher weiter.
    Dragos’ Augen leuchteten, große Zahlen gefielen ihm. »Es stehen vierzigtausend Hektar zum Verkauf. Auch können neue Flächen erschlossen werden, Weinrechte, die wir Ihnen verkaufen können, gibt es genug.« Dem gleichgültigen Ausdruck des Übersetzers hingegen war nicht zu entnehmen, was er von der Idee

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