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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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Überlegungen zu den Taten
sammeln und am Ende schauen, wie weit dies tragfähige Verdachtsmomente
eröffnet.“
    „Etwas ungewöhnlich.“
    Vidal zuckte mit den Schultern. „Ist eben auch eine
ungewöhnliche Situation.“
    „Sollten wir nicht noch Ergebnisse abwarten?“
    „Und dann? Dann haben wir vielleicht begründete Theorien.
Außerdem kann das noch dauern. Und bei der hohen Schlagzahl, mit der momentan
hier gemordet wird, sind aus vier vielleicht schon sechs Tote geworden. Nein,
mein Instinkt sagt mir, dass wir es mit durchgeknallten Motiven und Tätern zu
tun haben. Ich will dabei keine Komponente ausschließen.“
     
Tage der Drachenreiter
    Guillaume Gauthier wohnte in einer unspektakulären
Seitengasse der Place Philippe de Cabassole , in der dritten Etage eines
alten, unprätentiösen Mietshauses, mit Blick auf den Mont Saint Jacques aus den rückwärtigen Fenstern der Wohnung, in die er als junger Lehrer mit
seiner Frau gezogen war. Nicolas war in dieser Wohnung aufgewachsen, Guillaume
hatte sich hier in seinem Ruhestand eingerichtet, Helene war wenige Jahre
später aus dieser Wohnung ausgezogen, um im Alter von sechsundsechzig ein
eigenes, nur ihren Wünschen und Bedürfnissen angepasstes Leben zu führen. Er
hatte den frei gewordenen Raum nach und nach mit Büchern, Regalen voller
Andenken und Funden von ausgedehnten Streifzügen durch die Region, mit
Anglerutensilien, einem Computer und mehreren Ablagetischen gefüllt, auf denen
Papiere, Bücher, Zeitschriften, Karten und Fotos überquollen; gelegentlich
beherbergte er in dem ehemaligen Kinderzimmer seine Enkel.
    „Sieht malerisch aus!“, bemerkte Vidal mit einem Grinsen.
Er hatte auf der Place im Schatten der Platanen geparkt und war zu Fuß durch
die Gassen gewandert, die unaufgeregte Trägheit des kleinen Ortes und die
relative Ruhe genießend. Er spürte noch deutliche Folgen der Migränenacht.
    „Du kannst ja richtig charmant sein.“ Der Alte grinste
ebenfalls und tätschelte Vidals Oberarm. „Ich weiß, dass das hier ein Chaos
ist. Das sagt Nicolas mir laufend und meine Schwiegertochter ist da sogar noch
deutlicher. Komm rein, einen Platz zum Reden finden wir schon zwischen all
meinen Sammlerstücken. Willst du Kaffee? Oder Wasser, oder lieber eher einen
kleinen Weißen?“ Er sah auf die Uhr. „Zwölf durch. Da könnte ein Schluck
passen.“
    „Wasser!“, wehrte Vidal das Angebot ab. „Bei dem Stress
kann ich mir keinen Alkohol erlauben, außerdem steckt mir noch eine
ausklingende Migräne in den Knochen.“
    „Scheißleiden! Kenn ich noch von Helene. Die Arme hat
mehrmals im Monat damit flachgelegen. Bis sie in die Wechseljahre gekommen ist.
Dann war das vorbei. Darauf wirst du aber kaum setzen können.“ Er schob mit dem
Ellbogen eine Ecke auf dem Esstisch von Papieren und Büchern frei und zog für
Vidal einen Stuhl heran. „Ich trink eigentlich auch tagsüber nichts. Höchstens manchmal
nach dem Boule oder wenn ich auf Wanderungen irgendwo einkehre. Wenn ich
Alkohol trinke, werde ich weich und träge, dann habe ich meist nicht einmal
mehr Lust, etwas zu lesen.“
    Er holte Wasser und Gläser und sah Vidal dann
erwartungsvoll an. „Was willst du wissen? Nicolas hat mir nur vage Andeutungen
gemacht, dass ihr euch für neunzehnhundertvierundvierzig, die Nazis, den
Widerstand und La Libération interessiert.“
    Vidal atmete tief ein und blies die Luft scharf wieder
aus. „Erst einmal kurz vorab, ich bin hier auf dem Sprung. Nimm es mir also
nicht übel, wenn ich dich abrupt verlasse oder zwischendurch mal ans Handy
gehe. Das wird dann dein Sohn sein, der mich auf dem Laufenden hält. Wir haben
derzeit die paradoxe Situation, dass unsere einzigen Verdächtigen in drei
Mordfällen alternativ auch die nächsten Opfer sein könnten und wir mit unserem
Verdacht völlig verkehrt liegen. Wir überwachen sie und ihre Telefone. Da ist
Nicolas und ein ganzes Team übernächtigter und entnervter Kollegen dran. Sobald
es brenzlig wird, muss ich weg.“
    „Und ich darf in diesem Notstand meinen Senf dazugeben?“
    „Aber klar doch! Es gibt allerdings nichts wirklich
Spezifisches, das du klären könntest. Fakt ist zunächst nur, dass wir einen
toten Deutschen haben, dessen Vater während der Besatzung hier als Soldat
stationiert war.“
    „Und du vermutest einen Zusammenhang zwischen dem Toten
und Ereignissen aus der Zeit?“ Guillaume kritzelte, während er fragte,
Stichworte auf ein Blatt Papier.
    „So direkt eigentlich nicht. Der

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