Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Alles ist so schnell gegangen. Verlust und Gewinn, Entdeckung, Fragen. Leben und Tod.«
»Erzähl mir von deiner Schwester, von Nola.«
»Sie war klug und fröhlich, und sie hatte die Gabe. Sie konnte sehen. Sie liebte Tiere und fühlte sich ihnen ganz besonders verbunden. Bevor ich ging, hatte die Wolfshündin meines Vaters geworfen, und Nola hielt sich stundenlang in den Ställen auf, um mit den Welpen zu spielen. Und da die Erde sich dreht, wurde sie zur Frau und bekam Kinder.«
Er lehnte seine Stirn an Glennas. »Ich sehe sie in dieser Frau, dieser Kriegerin, die jetzt bei uns ist. Und in mir tobt auch ein Krieg.«
»Nimmst du Blair hierhin mit?«
»Es wäre nur richtig.«
»Du tust immer das Richtige.« Sie gab ihm einen Kuss. »Deshalb liebe ich dich.«
»Wenn wir heiraten würden …«
Sie wich erschreckt zurück. »Heiraten?«
»Das hat sich doch über die Jahrhunderte bestimmt nicht verändert. Ein Mann und eine Frau lieben sich, geloben sich Treue. Eine Heirat oder ein Ehevertrag, ein Band, das beide verbindet.«
»Ich weiß, was Heiraten bedeutet.«
»Und das erschreckt dich?«
»Nein, natürlich nicht. Lächle mich nicht so duldsam an, als wäre ich ein zurückgebliebenes Kind. Lass mich nur gerade erst mal zu Atem kommen.«
Sie blickte über die Grabsteine hinweg zu den Hügeln am Horizont.
»Ja, die Leute heiraten immer noch, wenn sie wollen. Manche leben auch zusammen ohne das Ritual.«
»Du und ich, Glenna Ward, sind rituelle Geschöpfe.«
Sie blickte ihn an. Tausend Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch. »Ja, das ist wahr.«
»Wenn wir heiraten würden, würdest du dann hier mit mir leben?«
Es wurden immer mehr Schmetterlinge. »Hier? An diesem Ort, in dieser Welt?
»An diesem Ort, in dieser Welt.«
»Aber … willst du denn nicht zurückgehen? Musst du nicht?«
»Ich glaube nicht, dass ich zurückgehen kann. Magisch gesehen – ja, ist es wohl möglich«, erwiderte er. »Aber ich kann nicht nach Hause zurückgehen, zu dem, was war. Cian ist hier, meine andere Hälfte. Und ich glaube auch nicht, dass ich mit dir in dem Wissen zurückgehen könnte, dass du dich nach diesem Leben hier verzehrst.«
»Ich habe gesagt, ich käme mit.«
»Ja, ohne zu zögern«, erwiderte er. »Aber als ich dich gebeten habe, mich zu heiraten, hast du gezögert.«
»Es kam so unvermutet. Und außerdem hast du mich auch nicht richtig gefragt«, sagte sie heftig. »Das klang mehr nach einer Hypothese.«
»Wenn du mich heiraten würdest«, sagte er zum dritten Mal, und sie mussten sich beide das Lachen verkneifen, »Würdest du dann mit mir hier leben?«
»In Irland?«
»Ja, hier. An diesem Ort. Es wäre eine Art Verschmelzung unserer Welten und Bedürfnisse. Ich würde Cian bitten, uns im Haus wohnen zu lassen. Ich brauche Menschen, Familie, die Kinder, die wir zusammen haben werden.«
Ja, dachte sie, das war ein liebevoller Kompromiss, eine Art Verschmelzung beider Welten.
»Ich war schon als Kind äußerst selbstbewusst. Ich wusste immer, was ich wollte, habe mich aber zugleich bemüht, nichts zu selbstverständlich zu nehmen, weder meine Familie noch meine Gabe oder meinen Lebensstil.«
Sie fuhr mit den Fingerspitzen über eine der Rosen seiner Mutter. Die Schönheit lag in der Einfachheit. Das Leben war wundersam.
»Aber ich musste erfahren, dass ich die Welt für selbstverständlich gehalten habe, dass ich geglaubt hatte, sie würde ewig existieren, dass die Erde sich auch ohne mein Zutun weiter drehen würde. Mittlerweile weiß ich, dass es nicht so ist und dass ich auch dafür arbeiten muss.«
»Willst du mir damit sagen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt ist, um über Ehe und Kinderkriegen zu sprechen?«
»Nein. Ich will damit nur sagen, dass das Leben umso wichtiger ist, je mehr man begreift, dass es aus kleinen wie aus großen Dingen besteht. Also … Hoyt, der Zauberer.«
Sie küsste ihn auf beide Wangen. »Wenn wir heiraten würden, würde ich hier mit dir leben und in diesem Haus Kinder mit dir bekommen. Und ich würde sehr hart arbeiten, um alles wertzuschätzen.«
Er blickte sie an und hob die Hand. Sie legte ihre dagegen, und als ihre Finger sich verschränkten, waren sie von Licht umgeben.
»Willst du mich heiraten, Glenna?«
»Ja.«
Er zog sie an sich, und ihr Kuss war ein Versprechen voller Hoffnung. Sie wusste, sie hatte den stärksten Teil ihrer Bestimmung erfüllt.
»Im Moment müssen wir noch um ganz anderes kämpfen.« Er vergrub sein Gesicht in ihren
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