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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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knatternd wie eine Maschinengewehrsalve zurück. Aber er mäßigte das Tempo bald, denn das Fahren im Zwielicht strengte seine Augen an.
    »Du erwähntest neulich, deine Mutter hätte Sorgen. Vielleicht täuschte ich mich, aber sie erschien mir heute ein wenig gedrückt.«
    »Mir ist an Vicky nichts aufgefallen«, meinte sie leichthin, »und Sorgen? Es sind mehr Unannehmlichkeiten als Sorgen. Da ist einmal die Sache mit Elfriede...«
    »Und was weiter?«
    Sie schien nicht die Absicht zu haben, mehr zu erzählen, aber sein fragender Blick zwang sie schließlich doch dazu.
    »Wir haben seit dem Tode meines Vaters einen Geschäftsführer. Vicky wäre ja auch gar nicht imstande, das große Geschäft allein zu leiten. Unser Geschäftsführer heißt Freytag.«
    »Und was ist mit Herrn Freytag?«
    »Also schön, wenn du es genau wissen willst: Herr Freytag hat Vicky vor ein paar Tagen eine Art Ultimatum gestellt.« Sie blickte auf und sah Guntram an, als überlege sie, ob sie ihn in diese sehr familiären Dinge bereits einweihen dürfe.
    »Ein Ultimatum?«
    »Er hat Vicky einen Heiratsantrag gemacht und ihr gedroht, sich selbständig zu machen, wenn sie seinen Antrag ablehnt. Das ist alles.«
    »Ich meine, du hast die Hauptsache vergessen. Was sagt deine Mutter dazu?«
    »Selbstverständlich heiratet Vicky diesen Menschen nie.«
    »Und das Geschäft? Wie soll es damit weitergehen?«
    »Das ist natürlich die unangenehme Kehrseite der Medaille. Es wird nicht leicht sein, einen Mann mit Freytags Erfahrungen zu finden. Das ist eben Vickys große Sorge.«
    »Was ist er für ein Mensch?«
    »Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Er ist nicht einmal so übel. Aber er hat eben nicht unsere Kragenweite.«
    »Wessen Kragenweite?« fragte er amüsiert.
    »Gregors und meine.«
    »Entschuldige, Liebling, aber wenn ich dich richtig verstanden habe, dann hat Herr Freytag seinen Antrag nicht dir, sondern deiner Mutter gemacht. Was geht dich also seine Kragenweite an?«
    »Also höre einmal«, rief sie empört, »es ist mir doch nicht gleichgültig, wen Vicky heiratet! Da haben Gregi und ich wohl doch auch ein Wörtchen mitzureden.«
    Er sah nicht sehr überzeugt aus, aber er nickte höflich: »Und was ist es nun, was dich an ihm stört?«
    »Wie soll ich dir das erklären? Sympathien und Antipathien haben nicht immer deutlich erkennbare Ursachen. Vielleicht ist er mir zu geleckt. Vielleicht störte mich auch die penetrante Höflichkeit, mit der er um Vicky herumschwänzelte...«
    »Vielleicht warst du eifersüchtig?«
    »Vielleicht.«
    »Und wie steht deine Mutter zu ihm?«
    »Vicky hat ihn eigentlich immer gegen mich verteidigt. Sie braucht ihn schließlich. Und sicherlich ist er ihr nicht gerade unsympathisch. Aber sie heiratet ihn nie! Das hat sie mir erst vor wenigen Tagen gesagt. Richtig empört!«
    »Über deine Frage empört, wie?«
    »Über die Frage, aber auch über den Gedanken an sich.«
    »Hast du mit deiner Frage einen Versuchsballon gestartet?« Er bemerkte deutlich, daß das Gespräch Manuela lästig wurde, aber er blieb hartnäckig dabei.
    »Nun ja«, murmelte sie zögernd, »es war eine Art Versuchsballon. Aber schließlich ist Vicky wirklich noch jung und sieht immer noch blendend aus. Weshalb soll sie nicht das Recht haben, noch einmal glücklich zu werden?«
    »Sehr richtig«, sagte er, »weshalb sollte sie nicht?«
    Manuela sah ihn ein wenig mißtrauisch an, aber er schien keine Hintergedanken zu haben, zum mindesten nicht den, daß ihre Großzügigkeit leicht als Egoismus gedeutet werden konnte.
    Sie näherten sich der Abzweigung nach Kissingen. Die Farben waren verglüht, die Venus funkelte als erster Stern am Abendhimmel, im Süden zog dunkles Gewölk auf, und Guntram schaltete das Fernlicht ein.
    »Noch eine knappe Viertelstunde, dann sind wir am Ziel. Hast du großen Hunger, mein Liebling?«
    »Daheim nie, im Restaurant immer. Dabei kocht Vicky fabelhaft.«
    »Dann müßtest du eigentlich einen Hotelier heiraten.«
    »Wir kennen einen Hotelier, der träumt von Vickys Kartoffelsuppe und lädt sich immer zu uns ein, wenn es welche gibt.«
    »Bei uns im Hinterhaus wohnte eine Familie Dalgahn. Sie hatten ein Töchterchen, Hella, meine erste große Liebe. Vater Dalgahn arbeitete als Mörtelträger beim Bau, und Mutter Dalgahn betrieb eine Wäschemangel, die ich drehen durfte. Solche Kartoffelpuffer wie bei Dalgahns, ganz dick mit Zucker bestreut, habe ich nie mehr im Leben gegessen.«
    »Wie alt warst du

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