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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Guntram vor deinen Augen Gnade gefunden hat«, sagte Viktoria mit einem Bühnenseufzer der Erleichterung.
    »Nun sei einmal ehrlich, Vicky: wie alt ist der Mann eigentlich? Die Achtunddreißig nehme ich dir nicht ab.«
    »Wenn du es genau wissen willst, er ist dreiundvierzig.«
    Unten zog der Wagen um die Kurve und verschwand hinter der Straßenecke. Die Sonne stand noch über den Hügeln und füllte das Zimmer mit einem Licht, das Viktorias Gesicht rosig überpuderte und um zehn Jahre verjüngte. Aber von Süden zog ein Sommergewitter herauf. Gregor betrachtete die Wolken mit einiger Sorge.
    »Ist das zwischen ihm und Manuela etwas Ernstes?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Das solltest du eigentlich wissen.«
    »Herr Guntram kennt Manuela seit einigen Tagen. Soll ich ihm eine Pistole auf die Brust setzen und ihn fragen, ob er ernste Absichten hat?«
    »Ich finde ihn recht wuchtig. Tadellos in Schale, ohne irgendwie affig zu wirken. Und sicherlich gut bei Kasse. Und Manuela scheint bis über die Ohren in ihn verknallt zu sein.«
    »Ich bitte dich«, sagte Viktoria.
    »Und trotzdem«, knurrte er.
    »Was hast du?«
    »Manuela und dieser Mann! Da kichern ja die Wanzen.«
    »Laß sie kichern.«
    »Weißt du, Vicky, für wen das ein Mann wäre?«
    »Nun?« fragte Viktoria nicht allzu gespannt.
    »Für dich, Vicky...«
    »Jetzt langt es mir aber«, rief Viktoria empört, und eine zornige Welle färbte ihre Wangen noch dunkler, »was erlaubst du dir eigentlich?!«
    »Ich verstehe überhaupt nicht, worüber du dich aufregst«, sagte Gregor achselzuckend, »ich habe doch nur gesagt, daß dieser Mann mit seinen dreiundvierzig Jahren hundertmal
    eher zu dir als zu Manuela paßt. Sie ist doch eine Ziege. Eine ausgesprochen alberne Ziege. Oder etwa nicht?«
    Viktoria ersparte sich eine Antwort und die Fortsetzung des Gesprächs und marschierte in ihr Schlafzimmer. Die Kinder wußten die Geräusche, die ihre Absätze verursachten, sehr genau zu unterscheiden. Dieses Tack-tack-tack bedeutete nach dem Stimmungsbarometer Sturm. Gregor blickte ihr ein wenig betreten nach. Was hatte er nun schon wieder verbrochen? Durfte man in einer Demokratie nicht mehr seine Meinung sagen?

10

    Sie ließen die Stadt hinter sich. Auf der Straße herrschte wenig Verkehr. Die Apfelbäume hinter den Abzugsgräben hatten schon Früchte angesetzt, und die Täler zwischen den Hügeln füllten sich mit Schatten. Manuela streckte die Hand aus dem Wagen und ließ den Fahrtwind durch ihre Finger brausen. Sie war wunschlos glücklich und hätte ewig so dahinfliegen können.
    »Dein Bruder Gregor ist ein netter Junge.«
    »So?« fragte sie träge, »ich finde ihn meistens ziemlich ekelhaft und unausstehlich.«
    »Und ich konnte meine Schwestern nicht ausstehen.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil sie mich dauernd zu erziehen versuchten.«
    »War das so schlimm?«
    »Ich fand es jedenfalls ziemlich störend.«
    »Immerhin, der Erfolg spricht für deine Schwestern.«
    »Ach, Liebling, du kennst vorläufig nur meine Zuckerseite.«
    »Hast du auch eine andere?«
    »In meinem Beruf kann man nicht immer rasiert sein.«
    »Ich fand es immer sehr aufregend, wenn mein Vater mich unrasiert küßte.«
    Guntram blinzelte sie von der Seite an. Spielte sie wieder einmal Vamp? Die Sonne, als Glutball hinter einem Hügelkämm versinkend, zauberte ein unerhörtes Farbenspiel über die Landschaft, die Bäume am Straßenrand schienen in Glut zu stehen, und eine sanfte Glut lag auch über Manuelas Gesicht, es war, als leuchte sie von innen.
    »Erinnerst du dich an deinen Vater noch gut?«
    »Ganz genau, ich war ja schließlich schon elf Jahre alt, als er mit seinem Wagen verunglückte.«
    »Er scheint deine Mutter sehr geliebt zu haben.«
    »Ja, ich glaube, sie waren sehr glücklich miteinander.«
    »Sie ist immer noch eine wunderbar junge und schöne Frau.«
    »Oh, Vicky wird sich über das Kompliment freuen. Ich serviere es ihr morgen zum Frühstück. Aber ich hätte eigentlich lieber gehört, daß Vicky eine wunderbar junge und schöne Tochter hat.«
    »Das sollte die Fortsetzung des Satzes werden«, sagte er lachend und preßte Manuela für einen Augenblick zärtlich an seine Schulter.
    »Komisch, daß Vicky meinte, mein Kleid wirke zu jugendlich. Wie gefällt es dir?«
    »Ich finde das Kleid und seinen Inhalt entzückend!«
    Sie warf ihm einen schrägen Blick zu, während er auf das Gaspedal trat, um einen Lastwagen zu überholen. Die Bäume warfen das Motorengeräusch

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