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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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schon oben, als Kniesel am Fenster erschien und lauthals nach der Polizei schrie. Aber die drei waren bereits jenseits der Mauer und rannten quer über die Rasenflächen in den Park , hinein, sie rannten, bis sie, einen halben Kilometer von der Schule entfernt, Kniesels zorniges Gebrüll nicht mehr hörten. Sie verhielten in der Nähe eines Weihers mit Goldfischen und türkischen Enten. Die Bänke rings um den Teich waren von Liebespaaren besetzt. Eine tolerante Stadtverwaltung hatte nur eine einzige Laterne aufgestellt, die sich in dem schwarzen Wasser spiegelte.
    »Und jetzt?« fragte Gregor schweratmend.
    »Jetzt sind wir erledigt«, antwortete Werner dumpf.
    »Er hat uns nicht erkannt«, flüsterte Walter, seine Stimme: klang irr, als ob er sich etwas einreden wolle, woran er selber nicht glauben konnte. »Ich schwöre euch, Kniesel hat uns nicht erkannt. Denn wenn er uns erkannt hätte, dann hätte er unsere Namen gerufen. Er hat sie nicht gerufen. Oder hat er?«
    »Und unsere Schuhe?« fragte Gregor wild.
    »Und unsere Schuhe?« wiederholte Werner wütend.
    »Das müssen sie uns erst beweisen, daß das unsere Schuhe sind«, schrie Walter. »Falls Kniesel sie überhaupt gefunden hat. Aber ich glaube es nicht. Ich glaube es nicht!«
    »Er glaubt es nicht«, knurrte Werner voller Hohn, »und was er nicht glaubt, das ist nicht vorhanden. Aber ich sage dir, du Riesenidiot, die Schuhe sind vorhanden, und sie brechen uns das Genick, uns allen dreien!«
    »Habe ich euch gezwungen, mitzumachen?«
    »Ach, Dicker, halt schon das Maul«, sagte Gregor müde, »jetzt fehlt nur noch, daß wir uns in die Wolle geraten. Wir sitzen jetzt im gleichen Kahn. Und wir saufen ab. Hoffnungslos...«
    »Mein Gott«, stöhnte Walter, »mein Alter! Mir werden die Knie weich, wenn ich an meinen Alten denke.«
    »Halt um Himmels willen die Schnauze«, knurrte Gregor, »oder glaubst du vielleicht, mir ist wohl, wenn ich an meine Mutter denke?«
    »Du kennst meinen Vater nicht«, sagte Walter tonlos. Er preßte plötzlich die Fäuste vor die Augen und begann hilflos zu schluchzen, trocken und stoßend.
    Aus weiter Ferne drang das Jaulen einer Polizeisirene zu ihnen. Sie verstummten und erstarrten. War es möglich, daß Kniesel das Überfallkommando angerufen hatte?
    »Wir müssen jetzt eisern Zusammenhalten«, beschwor Gregor die Freunde. »Morgen ist Sonntag, da haben wir bis zum Montag Zeit, uns ein Alibi zusammenzubasteln, das hieb- und stichfest sein muß.«
    »Ich hau jetzt ab«, murmelte Werner.
    Walter Scholz sah wie betäubt aus.
    »Also — Servus ihr beiden«, sagte Werner lahm, er sah an sich herab und spreizte die Zehen in den Strümpfen, »und ich sage euch, die Sache stinkt. Sie stinkt furchtbar. Wenn ihr euch einbildet, daß das mit einem Rausschmiß abgeht... Das gibt noch eine Riesenschweinerei!«

12

    Manuela und Guntram verließen das Restaurant. Eine halbe Flasche Mosel hatte Manuela sehr aufgemuntert. Sie schien den peinlichen Zwischenfall in dem ersten Lokal völlig vergessen zu haben. Guntram bemühte sich darum, nicht daran zu denken, aber diese Bemühungen hatten wenig Erfolg. Er hatte das Gefühl, einen Warnschuß vor den Bug bekommen zu haben. Es gab in diesem Fall zwei Möglichkeiten, Flucht oder Volldampf voraus. Er verzögerte die Entscheidung.
    »Was darf ich dir jetzt bieten, Manuela?« Am liebsten hätte er gehört, sie wünsche von ihm in eine Bar geführt zu werden.
    »Warst du schon einmal in einem Spielkasino?«
    »Ja — in Travemünde, auch in Monte Carlo.«
    »Ich noch nie.«
    »Du hast wirklich nichts versäumt. Russische Großfürsten, die ihre Güter verspielen, gibt es seit fünfzig Jahren nicht mehr, und die englischen Lords, die es noch gibt, sind pleite. Heute sitzen kleine Leute mit schwitzenden Händen am Roulett, und die meisten von ihnen sehen aus, als ob sie den lieben Gott heimlich bäten, die Portokasse am nächsten Tag gnädigst stimmen zu lassen.«
    »Trotzdem«, sagte sie abenteuerlustig, »ich habe mir vierzig Mark eingesteckt, und ich möchte mein Glück einmal versuchen.«
    »Wenn du es durchaus willst«, sagte er zögernd.
    Der Weg zum Casino war so kurz, daß es sich nicht lohnte, dafür den Wagen zu benutzen. Im Frühlingsgarten blühte der Flieder noch, sie gingen durch laue Wolken von Parfüm, und Manuela schmiegte sich an Guntrams Schulter, aber sie war ein wenig enttäuscht, daß er das Halbdunkel der Parkanlage nicht ausnutzte.
    Der Spielsaal mit vier Roulettetischen unter

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