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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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spielte er eine halbe Stunde lang, zum Schluß sogar mit einem kleinen Gewinn. Vom ersten Augenblick an aber wurde ihm klar, daß der Mann, den er heimlich beobachtete, sich nicht zufällig in den Spielsaal verirrt hatte. Ihm saß ein Routinier gegenüber, der nach einem komplizierten System spielte, der die Tagesliste der Bank vor sich liegen hatte, seine Einsätze notierte und neue Einsätze nach vorausberechneten Zahlen wagte, die er in seinem Notizblock abhakte. Ein Spieler aus Leidenschaft und dem Spiel völlig verfallen. Aus mittleren Chancen oftmals Gewinne ziehend, belegte er die Siebzehn und die Vierunddreißig mit hohen Einsätzen. Wahrscheinlich waren diese Zahlen seit langer Zeit nicht gekommen, so daß er in ihnen seine Chance witterte. Aber die Zahlen kamen nicht, und bei einem Zero verlor er seine letzten Reserven. Doch er zog ein schmales Banknotenbündel aus der Tasche, blätterte davon zwei Hunderter ab und ließ sich vom Bankhalter dafür Jetons geben.
    Nach Guntrams flüchtiger Schätzung trug er noch etwa tausend Mark bei sich.
    Guntram schlenderte nach einer guten halben Stunde ins Foyer zurück. Er überlegte, was er Manuela sagen sollte. Einen Augenblick lang war er versucht, ihr gegenüber die Sache einfach zu bagatellisieren, später Erkundigungen über Freytag einzuziehen und Viktoria zu warnen, wenn die Nachforschungen ergaben, daß Freytag ein Doppelleben führte.
    Manuela kam ihm erwartungsvoll entgegen: »Was ist? Was hast du entdeckt?«
    »Einen Spieler«, sagte er ein wenig bedrückt, »einen passionierten Hasardeur. Das ist leider die Wahrheit.«
    »Aber dazu braucht man doch Geld.«
    »Allerdings«, murmelte er, »sogar eine ganze Menge.«
    »Hat er gewonnen oder verloren?«
    »Er hatte, als ich an den Tisch kam, etwa zweitausend Mark in Jetons vor sich liegen, und er war blank, als ich den Tisch verließ.«
    »Zweitausend Mark?« rief sie entsetzt, »das ist ja ein Vermögen!«
    »Und was hättest du gesagt, wenn ich dir erzählt hätte, Freytag habe in der halben Stunde, die ich ihn beobachtete, bei einem Einsatz von zwanzig Mark fünftausend Mark gewonnen?«
    »So etwas gibt es doch nicht.«
    »So etwas gibt es«, antwortete er ruhig, »vorausgesetzt, daß Rot oder Schwarz neunmal hintereinander kommt. Es soll schon Serien von fünfzehn oder siebzehn gegeben haben.«
    »Du willst mich nur unsicher machen.«
    »Genau das ist meine Absicht, denn wenn ich mich nicht täusche, so meinst du, da Freytag ein Spieler ist, müsse er auch ein Betrüger sein.«
    »Du hältst ihn also für einen absolut ehrlichen, braven und vertrauenswürdigen Menschen, wie?«
    »Das habe ich nicht behauptet. Im Gegenteil, ich halte ihn für gerissen und für gefährlich.«
    »Jetzt verstehe ich dich überhaupt nicht mehr.«
    »Ach, mein kleines Mädchen, ich möchte dich doch nur dahin bringen, ein wenig nachzudenken und nichts zu über-
    stürzen. Freytags Spielverlust ist kein Beweis dafür, daß er deine Mutter betrügt.«
    »Vicky versteht nicht viel vom Geschäft. Wenn er es darauf anlegt, sie zu betrügen, dann macht ihm das ganz gewiß keine Schwierigkeiten.«
    »Führt er auch die Buchhaltung?«
    »Nein, die besorgt Herr Balzer.«
    »Dann müßte er mit diesem Mann unter einer Decke stecken.«
    »Warum? Ich halte Herrn Balzer für absolut zuverlässig. Aber Freytag ist an der Kasse. Er könnte zum Beispiel Apparate verkaufen und nicht bonieren.«
    »Aber Kindchen«, sagte er kopfschüttelnd, »das käme doch bei jeder Inventur auf. Ich nehme an, daß in eurem Geschäft ein Warenbuch geführt wird. Hier der Eingang, dort der Ausgang, was nicht vorhanden ist, muß verkauft worden sein, und dann muß die Rechnung bei der Jahresbilanz stimmen. Nun, hat es im Geschäft beim Jahresabschluß schon einmal größere Differenzen gegeben?«
    »Ich glaube nicht«, sagte sie unsicher, »Vicky hätte ganz bestimmt darüber gesprochen.«
    »Na also, mein kleiner Sherlock Holmes«, sagte er fast erheitert, »das spricht aber sehr gegen deinen Verdacht.«
    Sie sah ihn mit einem schrägen Blick an: »Manchmal hast du eine Art, mit mir zu reden, als ob ich gestern zehn Jahre alt geworden wäre.«
    »Entschuldige«, sagte er ein wenig bestürzt, »das hat wahrhaftig nicht in meiner Absicht gelegen. Aber ich habe in meinem Leben so viele Dummheiten gemacht, daß ich vorsichtig geworden bin, besonders in meinen Urteilen.«
    »Ich verstehe«, murmelte sie nachdenklich, aber in aufflammendem Trotz fuhr sie sogleich fort:

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