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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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die Motivation der Mannschaft und die
     Teilhabe an Entscheidungen. Es ist nicht der geniale Crack allein, der eine Firma voranbringt, es ist eine gute Mischung aus
     Fachleuten. Der geschickte Mechaniker ist genauso wichtig wie der Ingenieur. Ich entwickle selbst nicht mehr, ich kümmere
     mich um die Strategie. Die Trüffel suchen, das müssen die anderen. Ich sage ihnen dann, ob der Trüffel zur Sauce passt oder
     nicht.
    Bin ich ein schwieriger Chef? Ich glaube ja. Ich jedenfalls könnte mit mir nicht arbeiten. Ich bin emotional. Wenn ich ein
     frustierendes Gespräch hatte, dann kann ich nicht mit einem grinsenden Gesicht herausgehen. Aber ich bin nicht nachtragend.
     Meine Kollegen wissen, wie sie mich nehmen müssen. Ich finde, als Chef darf man ruhig auch mal zugeben, dass man einen schlechten
     Tag hat, weil man gestern eine Fehlentscheidung getroffen hat.
    Natürlich gibt es solche Tage, an denen man am liebsten den Bettel hinwerfen würde und sich fragt, warum mache ich das eigentlich?
     Dann verschwinde ich für ein Wochenende in den Bergen, in meine Hütte am Wendelstein, und denke nach. Mache einfach gar nichts
     oder lese. Das fehlt mir in der Alltagshektik, dass ich so wenig Zeit habe zum Philosophieren.
    Gut erholen kann ich mich auch im Flieger. Da geht kein Handy, ich habe keinen Laptop dabei, nur ein bisschen was zu lesen.
     Da ist man einfach mal für zehn Stunden abgeschnitten |82| von der Welt. Sonst ist man immer erreichbar und das ist auch die Erwartungshaltung der anderen. Selbst wenn man das Handy
     abschaltet, hat man immer ein latent schlechtes Gewissen: Sollte ich nicht doch mal abhören, ob was war? Im Flieger geht das
     nicht. Die Reserven sind endlich, das merkt man. Jetzt ist gerade wieder so eine Phase, wo ich froh bin, wenn das Wochenende
     kommt.
    Man hat einen Sack voll Energie, aber nur 24 Stunden pro Tag. Man arbeitet zwölf, 13 Stunden, sechs Tage die Woche. Manchmal
     hatte ich auch Phasen, da arbeitete ich nur 50 Stunden die Woche. Aber zurzeit bin ich der einzige im Vorstand, da geht das
     nun mal nicht. Richtiger Urlaub ist selten, der letzte liegt sechs Jahre zurück. Jetzt reicht es meist nur für ein verlängertes
     Wochenende. Oft fallen auch die Wochenenden flach, wenn Kongresse sind oder ein Auslandstermin. Da bist du dann fast drei
     Wochen ununterbrochen unter Strom.
    Klar, dass das der Familie abgeht. Bei den Kindern tut das am meisten weh. Mein Sohn Florian ist 18, die Tochter Sarah 13.
     Gerade in der Pubertät brauchen sie auch den Vater. Schmerzlich ist auch, dass es unmöglich ist, Kontakte zu Freunden aus
     alten Zeiten zu halten und ich kaum noch Zeit habe für den Sport.
    Trotzdem: Niemand zwingt mich dazu. Ich könnte auch irgendwo angestellt sein und eine ruhige Kugel schieben. Ich habe trotz
     der Arbeitsbelastung nicht das Gefühl, Opfer zu bringen. Nichts ist selbstlos. Wir sind alle Egoisten. In der Regel tut niemand
     etwas, wenn er nicht einen Vorteil darin sieht. Was also habe ich davon? Ich verdiene ein Vielfaches dessen, was andere verdienen.
     Ich muss nicht mehr nachdenken wie früher als junger Ingenieur, ob ich mir den Besuch im |83| Restaurant leisten kann. Ich kann mir eine Hütte in den Bergen leisten, ein Motorrad, ein leistungsstarkes Auto, eine mechanische
     Uhr. Aber das würde mir als Motivation nicht reichen. Geld war für mich nie die Triebfeder, aber es ermöglicht mir Freiräume.
    Was also macht es so attraktiv, jahrelang wie ein Verrückter zu schuften und zu riskieren, dass man sich für den Rest des
     Lebens verschuldet? Die Kinder manchmal wochenlang nicht zu sehen, wenn man auf Auslandsreise ist? Die Frage ist gar nicht
     so leicht zu beantworten. Ist es das Gefühl von Kompetenz, von Macht, von Anerkennung, ist es Eitelkeit? Meine Familie weiß,
     wenn ich eine Sache anpacke, dann verschreibe ich mich der mit Haut und Haaren. Das war auch schon beim Sport so. Und das
     gilt auch für die Firma.
    Vorwürfe haben mir die Kinder nicht gemacht, weil ich so oft nicht da war. Aber Sarah motzt schon, wenn ich mal nicht pünktlich
     komme. Ich habe selten ein ganzes Wochenende frei, aber ich lege Wert darauf, dass wir es schaffen, mindestens zweimal alle
     zusammen zu essen. Ein Frühstück und ein Abendessen. Es geht gar nicht darum, ganz viel Zeit zusammen zu verbringen, sondern
     einfach mal da zu sein. Denn irgendwann sind die Kinder nicht mehr da. Florian ist 18 und nabelt sich gerade ab. Er hat die
     Realschule abgeschlossen,

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