Grüne Magie
Vielleicht kannst du unter Wasser atmen. Wenn nicht… nun, dann erstickst du eben.«
»Das würde mir gar nicht gefallen, Unglücksbringer Comandore«, sagte Sam Salazar. »Und da wir gerade dabei sind: Ich möchte Sie nicht länger belästigen. Mit Ihrer Erlaubnis: Ich kündige.«
Comandore gab einem der Kabbalisten ein Zeichen. »Holen Sie mir die Salazar-Puppe. Da er nun nicht mehr in meinen Diensten steht, habe ich keinen Zweifel, daß er gleich tatsächlich ertrinken wird.«
»Lassen Sie es gut sein, Comandore!« sagte Hein Huss rauh. »Quälen Sie den Jungen nicht! Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen, ist nur ein wenig verwirrt. Dies sollte eine Zusammenkunft des Frohsinns und der Gemütlichkeit sein, nicht des Streits.«
»Gewiß, Hein Huss«, erwiderte Comandore, »Sie haben recht. Es gibt noch genug Zeit, um den Bengel zur Ordnung zu rufen.«
»Unglücksbringer Huss«, sagte Sam Salazar, »ich habe Unglücksbringer Comandore gegenüber nun keine Verpflichtungen mehr, und ich würde mich sehr freuen, wenn ich in Ihre Dienste treten könnte.«
Hein Huss gab ein abfälliges Schnauben von sich. »Ich wüßte nicht, was ich mit dir anfangen sollte.«
»Die Zukunft hält viele Möglichkeiten bereit, Hein Huss«, meinte der Novize. »Das sind Ihre eigenen Worte.«
Hein Huss richtete den Blick seiner kristallklaren Augen auf Sam Salazar und musterte ihn eine Zeitlang. »Ja, die Zukunft hält viele Möglichkeiten bereit. Und ich glaube, an diesem Abend hat die Unheilskunst ihren Höhepunkt erreicht… Vermutlich geschieht es niemals wieder, daß sich soviel Macht und Geschick an einem Tisch versammelt. Irgendwann werden wir alle sterben, und dann gibt es niemanden, der unsere Nachfolge antreten könnte… Ja, Sam Salazar. Ich nehme dich als Novizen zu mir. Haben Sie gehört, Isak Comandore? Dieser junge Mann untersteht nun meiner Verantwortung.«
»Dafür verlange ich eine Gegenleistung«, knurrte Comandore.
»Sie sind doch so versessen auf die Puppe von Tharon Faide, die einzige, die es gibt. Ich überlasse sie Ihnen.«
»Oh-ho!« entfuhr es Isak Comandore, und er sprang auf. »Hein Huss, ich danke Ihnen! Sie sind wirklich großzügig! Ich nehme Ihr Angebot an. Der Handel ist perfekt!«
Hein Huss winkte Sam Salazar zu. »Bring deine Sachen in meinen Wagen. Und laß dich heute abend nicht mehr blicken.« Die Männer blieben weiterhin am Tisch sitzen und unterhielten sich, doch schon nach kurzer Zeit kam eine melancholische Stimme auf. Bald darauf traf ein Kurier ein
und berichtete, Lord Faide gebe allen den Rat, sich zur Nachtruhe zurückzuziehen, denn bei Morgengrauen mache sich die Streitmacht auf den Rückweg.
VII
Die siegreichen Faide-Truppen bezogen auf dem Heideland vor Ballantfeste Aufstellung. Als Zeichen seines Triumphes gab Lord Faide den Befehl, das große Tor der Bastion aus den Angeln zu reißen, so daß ihm fortan niemand den Zugang zur Feste verwehren könne. Aber selbst nach eintausendsechshundert Jahren hielten die Angeln der gemeinsamen Kraft aller Pferde stand, und das Tor blieb unbeschädigt.
Lord Faide fand sich mit diesem Fehlschlag ab und verabschiedete sich von seinem Vetter Renfroy, den er als Verwalter der Festung eingesetzt hatte. Anschließend stieg er in seinen Wagen, nahm hinter den Kontrollen Platz und betätigte einen Schalter. Das Gefährt reagierte mit einem stöhnend klingenden Summen und setzte sich in Bewegung. Die Ritter und Infanteristen folgten, dann die mit Beute beladenen Karren und schließlich die Wagen der Unglücksbringer.
Drei Stunden lang zog die Kolonne durch das moosige Hügelland. Ballantfeste blieb hinter ihr zurück, und voraus wurden der Nördliche und Südliche Dichtwald sichtbar, als eine dunkle Linie am westlichen Horizont. Dort wo einst der freie Bereich zwischen den beiden Wäldern existiert hatte, erstreckte sich nun die neue Pflanzung: Die Bäume waren noch nicht ganz so hoch, und sie wuchsen auch nicht so dicht beisammen.
Zwei Meilen davor hielt Lord Faide die Kolonne an und gab seinen Rittern ein Zeichen. Hein Huss stieg schnaufend aus seinem Wagen und trat an das Fahrzeug des Lords heran.
»Wenn wir auf Widerstand stoßen«, wandte sich Faide an seine Ritter, »so laßt euch nicht in den Wald locken. Bleibt bei der Kolonne und haltet die ganze Zeit über nach Fallen Ausschau.«
»Soll ich mich erneut als Unterhändler an das Erste Volk wenden?« fragte Hein Huss.
»Nein«, widersprach Lord Faide. »Es ist doch lächerlich,
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