Grüne Magie
daß ich Wilde um Erlaubnis bitten soll, durch mein eigenes Land zu reisen. Wir kehren auf dem gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Wenn uns das Erste Volk Schwierigkeiten macht, so ist das eben sein Pech.«
»Das wäre recht unbesonnen«, erwiderte Huss offen.
Lord Faide hob die schwarzen Augenbrauen und sah auf ihn herab. »Was können die Wilden schon gegen uns ausrichten, wenn wir ihren Fallen aus dem Weg gehen? Durch geblasenen Schaum kommt wohl kaum jemand zu Tode…«
»Es steht mir nicht zu, Sie zu warnen oder Ihnen Ratschläge zu erteilen«, sagte Hein Huss. »Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß das Erste Volk eine Zuversicht zeigt, die in offensichtlichem Widerspruch zu der Schwäche steht, die wir ihm zusprechen. Außerdem hat es Rohre, bei denen es sich gewiß um Grasholz-Schößlinge handelt, und das wiederum deutet darauf hin, daß es mit pfeilähnlichen Geschossen umzugehen versteht.«
Lord Faide nickte. »Zweifellos. Andererseits tragen unsere Ritter Rüstungen, und die Soldaten sind mit Schilden ausgestattet. Ich halte es nicht für angebracht, daß ich, Lord Faide von Faidenfeste, bei der Bestimmung meines Weges Rücksicht auf die Launen und Stimmungen des Ersten Volkes nehme. Und das muß endlich einmal klargemacht werden, selbst wenn eine derartige Lektion einigen Wilden das Leben kostet.«
»Da ich kein Kämpfer bin«, meinte Hein Huss, »bleibe ich im hinteren Abschnitt der Kolonne und durchquere erst dann den Wald, wenn der Weg sicher ist.«
»Wie Sie wünschen.« Lord Faide klappte das Visier seines Helms herunter. »Los geht’s!«
Die Streitmacht setzte sich wieder in Bewegung und näherte sich dem Wald. Sie folgte dabei der Route, die sie am Vortag genommen hatte: Die Spuren waren deutlich im Moos zu sehen. Lord Faide übernahm die Spitze, und begleitet wurde er von seinem Bruder Gethwin Faide und seinem Vetter Mauve Dermont-Faide.
Eine halbe Meile legten sie zurück, dann eine weitere. Der Wald war nur noch eine Meile entfernt. Weit oben erreichte die Sonne ihren höchsten Stand und strahlte hell und warm herab. Eine leichte Brise wehte den öligen Geruch von Dornbüschen und Tarsträuchern heran. Die Kolonne setzte den Weg fort, jetzt etwas langsamer, und die einzigen Geräusche waren das Klirren von Stahl, das dumpfe Pochen der Hufe auf dem Moos und das Ächzen und Knarren der Wagenräder.
Lord Faide richtete sich in seinem Fahrzeug auf und hielt nach dem Feind Ausschau. Eine halbe Meile von der Pflanzung entfernt machte er die Gestalten des Ersten Volkes aus. Die Autochthonen warteten in den Schatten am Rande des Waldes. Der Lord ignorierte sie und geleitete seine Streitmacht weiter, und er orientierte sich anhand der tiefen Abdrücke, die sie tags zuvor im Moos zurückgelassen hatten.
Aus der halben wurde eine Viertelmeile. Lord Faide drehte sich um und wollte seinen Leuten gerade die Anweisung geben, hintereinander Aufstellung zu beziehen, als sich in dem Moos plötzlich ein Loch bildete, das seinen Bruder Gethwin verschluckte. Ein Knacken und Knirschen wurde laut, gefolgt von einem dumpfen Krachen – und dem schrillen Wiehern eines aufgespießten Pferdes. Dann vernahm der Lord die lauten Schreie seines Bruders: Offenbar trat das Pferd wild aus und schmetterte ihn dadurch an die zugespitzten Pfähle in der Grube. Mauve Dermont-Faide, der neben Gethwin geritten war, konnte sein Roß nicht mehr unter Kontrolle halten. Es scheute, sprang von der Öffnung im Moos fort und löste dadurch eine weitere Falle aus. Ein mit fußlangen Dornen versehener Baumstamm raste plötzlich aus dem Moos empor. Rasch wie der Schwanz eines Skorpions zuckte das massige Objekt herum, und die Dornen durchschlugen die Rüstung Mauve Dermont-Faides. Sie drangen ihm in den Brustkasten, schleuderten ihn aus dem Sattel und rissen ihn mit sich, während er noch gellte und sich vor Schmerz hin und her wand. Die Spitze der Sichel prallte an die Flanke des Wagens Faides und zersplitterte dort. Das Fahrzeug schwang herum und gab dabei ein metallenes Stöhnen von sich. Lord Faide preßte sich an die Windschutzscheibe, um nicht aus dem Sitz zu fallen.
Die Kolonne hielt an. Einige Männer eilten an die Grube heran, konnten Gethwin jedoch nicht mehr helfen. Der Bruder Lord Faides lag in einer Tiefe von sechs Metern, vom Gewicht seines Pferdes erdrückt. Einige andere beherzte Leute zogen Mauve Dermont-Faide von der immer noch hin und her schwingenden Sichel, doch der Vetter des Lords war
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