Grüne Magie
ebenfalls tot.
Lord Faide schauderte angesichts einer Mischung aus Haß und Zorn. Er blickte in Richtung des Waldes. Das Erste Volk stand noch immer im Schatten und rührte sich nicht. Er winkte Bernard, den Sergeanten der Infanteristen, zu sich heran. »Zwei mit Lanzen ausgerüstete Männer sollen den Boden weiter vorn untersuchen. Alle anderen halten die Bögen bereit.
Auf mein Zeichen hin werden die verdammten Wilden mit Pfeilen gespickt.«
Zwei Krieger gingen an dem Wagen des Lords vorbei und bohrten ihre Lanzen immer wieder ins Moos. Lord Faide lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Weiter!«
Langsam und vorsichtig zog die Kolonne durch den Wald, und alle Leute waren angespannt und zum Kampf bereit. Die Lanzen der beiden Männer, die die Vorhut bildeten, durchstießen kurz darauf das Moos und lösten eine Nesselfalle aus – eine Grube mit Nesseln, an deren Blättern reife und mit Säure gefüllte Knollen klebten. Mit aller Sorgfalt suchten die beiden Soldaten einen sicheren Weg an der Falle vorbei, und die Streitmacht folgte ihnen, wobei alle Krieger darauf achteten, in die Fußstapfen des Vordermannes zu treten.
Neben dem Wagen Lord Faides ritten nun seine Neffen Scolford und Edwin. »Fällt euch etwas auf?« fragte der Lord mit heiser und gepreßt klingender Stimme. »Diese Fallen wurden erst vorbereitet, nachdem wir gestern den Wald durchquerten. Es steckt also Absicht dahinter.«
»Aber warum führten uns die Wilden überhaupt erst durch ihre Domäne?«
Lord Faide lächelte bitter. »Sie wollten uns die Möglichkeit geben, uns bei Ballantfeste gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Doch wir haben sie enttäuscht.«
»Seht nur, sie führen dicke Stangen bei sich!« meinte Scolford.
»Vermutlich handelt es sich dabei um Blasrohre«, überlegte Edwin laut.
Scolford schüttelte den Kopf. »Mit ihren Schaumschlitzen können sie nicht blasen.«
»Ich schätze, das werden wir bald erfahren«, entgegnete Lord Faide. Erneut richtete er sich auf, sah nach hinten und rief: »Haltet die Pfeile bereit!«
Die Soldaten hoben ihre Bögen, und die Streitmacht rückte weiter vor. Die Entfernung zur neuen Pflanzung betrug nun nur noch hundert Meter, und die im Schatten des Waldrandes wartenden Repräsentanten des Ersten Volkes bewegten sich unruhig. Einige von ihnen hoben ihre Rohre und schienen damit zu zielen. Ihre großen Hände drehten sich ruckartig.
Ein Rohr deutete auf Lord Faide. Er beobachtete, wie ein kleines schwarzes Objekt daraus hervorschoß und rasch an Geschwindigkeit gewann. Er hörte ein leises Summen, das sich innerhalb kurzer Zeit in ein rhythmisches und scharf klingendes Sirren verwandelte, und aus einem Reflex heraus duckte er sich hinter die Windschutzscheibe. Seltsamerweise änderte das Geschoß seine Flugbahn, und mit der Wucht eines geschleuderten Steins prallte es auf das transparente Hindernis. Es rutschte daran herab und blieb auf der Seite liegen – ein dickes schwarzes Insekt, das aussah wie eine Wespe. Ockerfarbene Flüssigkeit sickerte aus dem abgeknickten Rüssel, und die hornigen Flügel zuckten noch. Der starre Blick hantelförmiger Augen richtete sich auf Lord Faide. Er ballte die Faust, die von einem mit Metallschuppen verstärkten Handschuh geschützt wurde, und zerschmetterte das Wesen.
Hinter ihm sausten die Wespen den Rittern und Soldaten entgegen. Corex Faide-Battaro reagierte nicht rechtzeitig genug, und eins der lebenden Geschosse drang ihm durch das Visier in ein Auge. Die Rüstungen der anderen Männer erwiesen sich als zu dick für die Projektile. Die Infanteristen aber waren nicht auf diese Weise geschützt: Die Wespen bohrten sich halb in ihre Leiber. Die Männer gaben schmerzerfüllte Schreie von sich, schlugen um sich und trugen tiefe Wunden davon. Corax Faide-Battaro fiel von seinem Pferd, stemmte sich wieder in die Höhe und taumelte blind übers Moos. Nach einigen Metern stürzte er in eine Falle. Die von den Wespen geplagten Krieger wanden sich hin und her, sanken ins Moos, traten um sich, sprangen wieder hoch und führten sich auf wie Leute, die völlig übergeschnappt waren.
Und das Erste Volk im Wald hob erneut die Rohre. »Rasch, spickt die Wilden!« rief Lord Faide aufgebracht. »Bogenschützen, laßt eure Pfeile davonsausen!«
Sehnen schnappten, und die Geschosse rasten den bleichen Gestalten entgegen. Einige von ihnen wankten und stakten davon. Die meisten jedoch zogen die Pfeile einfach aus dem Fleisch oder schenkten ihnen überhaupt keine
Weitere Kostenlose Bücher