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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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mir, einer habe mal das Silber aus einem Haus geklaut. Den töteten sie auf der Stelle, dann brachten sie seine Beute zurück. Damals mussten wir nicht mal unsere Türen versperren. Diese neuen Tramps auf den Straßen und in den Zügen, die noch verkehren, sind eine andere Rasse, miese Typen und Drogensüchtige, die einem das Weiße aus den Augen stehlen. Aber meiner Tante Idgie wurde nie was weggenommen.« Er lachte. »Vielleicht, weil neben ihrem Bett eine Schrotflinte lag. Die war hart wie Roheisen, was, Peggy?«
    »Noch härter!«, rief Peggy aus der Küche.
    »Natürlich war das meiste nur Schau, aber sie konnte fuchsteufelswild werden, wenn sie jemanden nicht mochte. Ständig lag sie im Clinch mit dem alten Priester von der Baptistenkirche, wo Momma in der Sonntagsschule unterrichtete. Den trieb sie beinahe in den Wahnsinn. Er war Abstinenzler, und eines Sonntags hielt er eine Predigt, in der er Tante Idgies Freundin Eva Bates anprangerte, eine Kneipenwirtin. Das verzieh Idgie ihm nie. Jedes Mal, wenn ein Fremder in die Stadt kam und Whiskey kaufen wollte, führte sie ihn vors Café, zeigte ihm das Haus des alten Reverend Scroggins und sagte: ›Sehen Sie das grüne Haus da drüben? Gehen Sie einfach hin und klopfen Sie an die Tür. Der Mann hat den besten Whiskey im ganzen Staat.‹ Und wenn ein paar alte Knaben was anderes wollten, zeigte sie auch auf das Haus.«
    Peggy kam aus der Küche und setzte sich. »Das solltest du ihnen nicht erzählen, Stump.«
    Er grinste. »Nun, sie tat’s doch wirklich. Dauernd quälte sie den Mann. Es gefiel ihr, wenn die Leute sie für gemein hielten. Innen drin war sie so weich wie Eibischkonfekt. Und als Bobby Lee, der Sohn des Priesters, verhaftet wurde, bat er sie, ihn aus dem Knast zu holen.
    Er war mit zwei oder drei Jungs nach Birmingham gefahren. In einem Hotel betrank er sich, rannte in seiner Unterwäsche durch die Korridore und warf Wasserballons aus einem Fenster im sechzehnten Stock. Aber die Ballons waren mit Tinte gefüllt, und einer fiel auf die Frau eines Stadtrats, die gerade zu irgendeiner Festivität ins Hotel ging.
    Es kostete Tante Idgie zweihundert Dollar, Bobby Lee aus dem Kittchen zu holen, und noch mal zweihundert Dollar, seinen Namen aus den Akten streichen zu lassen, damit sein Daddy nichts davon mitbekam. Ich fuhr mit ihr hin, und wir brachten ihn nach Hause. Und da sagte sie, wenn er irgend-wem erzähle, dass sie das getan hätte, würde sie ihm den Hintern wegschießen. Sie ertrug es nicht, wenn die Leute was von ihren guten Taten hörten, schon gar nicht, nachdem sie dem Sohn des Reverends geholfen hatte.
    So war die ganze Bande vom Dillgurkenclub. Die taten eine Menge Gutes, aber niemand wusste es. Aber was das Beste der Geschichte ist – Bobby Lee wurde Anwalt und später sogar Generalstaatsanwalt unter Gouverneur Folsom.«
    Seine Tochter Norma betrat das Zimmer, um das restliche Geschirr abzuräumen. »Daddy, erzähl doch von Railroad Bill.«
    Linda warf ihrer Mutter einen erwartungsvollen Blick zu, und Stump wiederholte: »Railroad Bill … O Gott, das wollt ihr doch nicht wirklich hören?«
    Lindas Freund, der lieber mit ihr weggefahren und das Auto an einer einsamen Stelle geparkt hätte, erwiderte: »Oh ja, Sir, das würde ich sehr gern hören.«
    Macky lächelte seine Frau an. Sie kannten die Geschichte schon auswendig, wussten aber, wie gern Stump sie zum besten gab.
    »Also, es war während der Wirtschaftskrise, und irgendwie schaffte es diese Person namens Railroad Bill immer wieder, in die Versorgungszüge von der Regierung zu schleichen und für die Schwarzen Sachen rauszuwerfen. Ehe man ihn schnappen konnte, verschwand er. So ging das jahrelang, und bald erzählten sich die Schwarzen Geschichten über ihn. Sie behaupteten, jemand habe beobachtet, wie er – in einen Fuchs verwandelt – zwanzig Meilen weit auf einem Stacheldrahtzaun gelaufen sei. Angeblich trug er immer einen langen schwarzen Mantel und eine schwarze Strumpfmaske. Sie dachten sich sogar ein Lied über ihn aus. Sipsey sagte, die Leute hätten jeden Sonntag in der Kirche für Railroad Bill gebetet.
    Die Bahngesellschaft setzte eine hohe Belohnung für seine Ergreifung aus, aber niemand in Whistle Stop hätte ihn ans Messer geliefert. Selbst dann nicht, wenn man gewusst hätte, wer er war. Alle wunderten sich darüber und stellten Vermutungen an.
    Ich bildete mir ein, Railroad Bill wäre Artis Peavey, der Sohn unserer Köchin. Die Größe stimmte, und er war schnell

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