Grüne Tomaten: Roman (German Edition)
ALDOSTA , G EORGIA
24. Juli 1955
Ein Gewitter drohte hereinzubrechen. Heiße, stickige Luft erfüllte den Gerichtssaal. Idgie sah sich um. Der Schweiß rann ihr den Rücken hinab. Ihr Anwalt Ralph Root, ein Freund von Grady, lockerte seine Krawatte und versuchte Atem zu holen.
Es war der dritte Prozesstag. Alle Männer, die an jenem Tag beim Friseur in Valdosta Idgies Morddrohung gehört hatten, waren bereits vernommen worden. Nun trat Jake Box in den Zeugenstand. Sie hielt nach Smokey Lonesome Ausschau. Wo zum Teufel steckte er? Grady hatte ihm mitteilen lassen, sie sei in Schwierigkeiten und brauche ihn. Irgendwas stimmte da nicht. Smokey müsste längst hier sein. Sie begann sich zu fragen, ob er gestorben war.
In diesem Moment zeigte Jake Box auf Big George. »Das ist er. Dieser Mann wollte mit einem Messer auf Frank losgehen, und diese Frau war bei ihm.«
Die Aggressionen eines Schwarzen gegen einen Weißen bewirkten unbehagliches Gemurmel im Loundes-County-Gerichtssaal. Grady Kilgore rutschte auf seinem Stuhl umher. Sipsey, außer Big George die einzige schwarze Person im Raum, saß stöhnend auf dem Balkon und betete für ihr Baby, das damals fast sechzig war.
Der Staatsanwalt nahm sich gar nicht erst die Mühe, Big George zu befragen, sondern begann Idgie zu verhören, die in den Zeugenstand trat. »Kannten Sie Frank Bennett?«
»Nein, Sir.«
»Sind sie sicher?«
»Ja, Sir.«
»Sie wollen mir einreden, Sie hätten den Mann, dessen Frau Ruth Bennett achtzehn Jahre lang ihre Geschäftspartnerin war, nie gesehen?«
»So ist es.«
Die Daumen in die Westentaschen gehakt, wandte er sich zu den Geschworenen: »Sie behaupten also, Sie seien im August 1928 nicht im Friseursalon in Valdosta gewesen, um ein hitziges Gespräch mit Frank Bennett zu führen und ihm einen Mord anzudrohen – einem Mann, den sie gar nicht kannten?«
»Doch, ich war beim Friseur. Ich dachte, Sie wollten wissen, ob ich ihn jemals kennengelernt habe. Und die Antwort auf diese Frage lautet – nein. Ich drohte zwar, ihn umzubringen, aber wir wurden uns niemals offiziell vorgestellt.«
Einige Männer im Saal, die den pompösen Staatsanwalt hassten, lachten boshaft.
»Mit anderen Worten – Sie geben also zu, Frank Bennetts Leben bedroht zu haben?«
»Ja, Sir.«
»Stimmt es auch, dass Sie mit diesem Farbigen im September 1928 nach Georgia kamen, um Frank Bennetts Frau und sein Kind abzuholen?«
»Nur seine Frau. Das Kind wurde erst später geboren.«
»Wann?«
»So wie üblich – nach neun Monaten.«
Wieder brach ein Teil des Publikums in Gelächter aus. Franks Bruder Gerald, der in der ersten Reihe saß, starrte Idgie an.
»Haben Sie Mrs. Ruth Bennett eingeredet, ihr Mann besitze einen schlechten Charakter und eigne sich nicht zum Ehemann?«
»Nein, Sir, das wusste sie bereits.«
Noch mehr Gelächter.
Der Ankläger geriet in Wut. »Haben Sie Mrs. Bennett mit vorgehaltenem Messer gezwungen, Sie nach Alabama zu begleiten, oder nicht?«
»Ich musste sie nicht zwingen. Als ich ankam, hatte sie bereits gepackt und war reisefertig.«
Diese letzte Bemerkung ignorierte er. »Stimmt es, dass Frank Bennett nach Whistle Stop, Alabama, kam und versuchte, seine Frau und seinen kleinen Sohn zurückzuholen? Und dass Sie und dieser Schwarze ihn umbrachten, um Mrs. Bennett daran zu hindern, in ihr glückliches Heim zurückzukehren und das Baby seinem Vater zu überantworten?«
»Nein, Sir.«
Der Zorn des großen, hühnerbrüstigen Mannes wuchs. »Ist Ihnen bewusst, dass Sie das Heiligste auf dieser Welt zerstört haben – ein christliches Heim mit einem liebevollen Vater, einer Mutter und einem Kind? Dass Sie eine Ehe ruinierten, die in der Morning-Dove-Baptistenkirche hier in Valdosta geschlossen worden war – am 1. November 1924? Dass Sie eine Christin veranlassten, Gottes Gesetze und ihr Ehegelübde zu brechen?«
»Nein, Sir.«
»Ich vermute, Sie bestachen diese arme schwache Frau mit Geld und Alkohol. Vorübergehend verlor sie den Verstand. Und als ihr Mann erschien, um sie mit dem Kind heimzuholen – brachten Sie ihn da mit der Hilfe dieses Niggers kaltblütig um, weil sie Mrs. Bennetts Rückkehr vereiteln wollten.« Er neigte sich zu Idgie und schrie sie an: » Wo waren Sie in der Nacht des 13. Dezember 1930?«
Nun begann sie ernsthaft zu schwitzen. »Ich war im Haus meiner Mutter, Sir, in Whistle Stop.«
»Wer war bei Ihnen?«
»Ruth Jamison und Big George. Er übernachtete bei uns.«
»Kann Ruth Jamison das
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