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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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Schließlich erklärte Cleo, er wollte mit dem Jungen zur Mayo Clinic fahren und sehen, ob man uns dort helfen könne. Ich zog Albert den Matrosenanzug an und setzte ihm die kleine Mütze auf. Es war ein kalter, regnerischer Januartag, und als Cleo im Zug davonfuhr, das Baby im Arm, wandte er sich zu mir und schaute mich durchs Fenster an.
    Die Trennung traf mich tief. Auf dem Heimweg kam es mir vor, als hätte mir jemand das Herz aus dem Leib gerissen. Drei Wochen blieb Albert in der Klinik. Immer wieder wurde er untersucht, und ich betete: »Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass die Ärzte eine schwere Krankheit bei meinem Baby finden.«
    Als die beiden nach Hause zurückkehrten, sagte Cleo zunächst nichts, und ich stellte keine Fragen. Vielleicht wollte ich’s gar nicht wissen. Er brachte mir ein süßes Foto mit, das auf einem Jahrmarkt entstanden war und ihn zeigte, wie er mit Albert auf einer Mondsichel sitzt, mit Sternen im Hintergrund. Dieses Bild verwahre ich immer noch in meiner Kommode, und ich würde es nicht mal für eine Million Dollar hergeben.
    Nach dem Abendessen drückte er mich aufs Sofa, setzte sich zu mir und ergriff meine Hand. ›Momma‹, begann er, ›du musst jetzt tapfer sein.‹ Und da wurde mir das Herz bleischwer. Er berichtete, bei den Tests sei herausgekommen, dass unser Baby bei der Geburt eine Gehirnblutung erlitten habe. ›Wird er sterben?‹ fragte ich. ›Oh nein, Schätzchen‹, erwiderte er. ›In körperlicher Hinsicht ist er kerngesund, das steht fest. Er wurde von Kopf bis Fuß gründlich untersucht.‹ Da fiel mir eine Zentnerlast von der Seele. ›Gott sei Dank!‹, seufzte ich und stand auf. Aber Cleo hielt mich zurück. ›Moment mal, du musst noch was wissen.‹ Ich entgegnete, solange mein Baby gesund sei, interessiere mich nichts anderes. Aber er zog mich wieder aufs Sofa und sagte: ›Wir müssen was sehr Ernstes besprechen, Momma.‹ Und da erzählte er, er sei von den Ärzten darauf hingewiesen worden, Albert könne zwar ein langes Leben bei bester körperlicher Gesundheit führen, würde aber in seiner geistigen Entwicklung wahrscheinlich nie über den Zustand eines Vier- oder Fünfjährigen hinauskommen und immer ein Kind bleiben. Manchmal sei die Bürde, ein solches Kind im Haus zu haben, das ständige Betreuung brauchte, zu groß. Es gebe Spezialkliniken …
    Ich unterbrach Cleo mitten im Satz. ›Bürde! Wie kann dieses wundervolle Baby jemals eine Bürde sein?‹ Wie konnte jemand so etwas auch nur denken? Seit seiner Geburt war Albert die Freude meiner Tage. Es gab keine reinere Seele auf Erden. Und Jahre später, wann immer ich mich ein bisschen deprimiert fühlte, musste ich Albert nur anschauen, um mich aufzuheitern. Ich musste mich stets bemühen, um gut zu sein. Für ihn war’s ganz natürlich. Niemals hegte er unfreundliche Gedanken, und die Bedeutung des Wortes ›böse‹ kannte er nicht einmal.
    Viele Frauen mögen traurig sein, wenn sie ein behindertes Kind geboren haben. Aber ich glaube, der liebe Gott hat Albert so geschaffen, um ihm alles Leid zu ersparen. Nie erfuhr er, wie viele schlechte Menschen es auf der Welt gibt. Er liebte jeden, und jeder liebte ihn. Und in der Tiefe meines Herzens bin ich überzeugt, dass er ein Engel gewesen sein muss, den der Allmächtige mir geschickt hat. Manchmal kann ich es kaum erwarten, ihn im Himmel wiederzusehen. Er war mein Freund, und ich vermisse ihn schmerzlich – besonders zu Ostern.«
    Mrs. Threadgoode blickte auf ihre Hände hinab. »Jetzt, wo es so aussieht, als müsste ich noch eine Weile hierbleiben, denke ich oft an das Bild daheim in meinem Schlafzimmer. Es stellt eine Indianerin dar, die im Mondlicht in einem Kanu einen Fluss hinabpaddelt. Die ist vollständig angezogen, also werde ich Norris bitten, mir das Bild zu bringen.« Sie zog etwas aus der Crackerschachtel, und plötzlich leuchteten ihre Augen auf. »Oh Evelyn, schauen Sie! Mein Preis! Ein winziges Huhn … Oh, das gefällt mir!« Entzückt zeigte sie es ihrer Freundin.

T HE W EEMS W EEKLY
    (W HISTLE S TOP , A LABAMA , W OCHENBLATT )
    30. Dezember 1939
    D IE GEWEIHTEN N ÄHMASCHINEN – EIN B ETRUG
    In Birmingham wurde der Mann verhaftet, der vor einigen Wochen in unserer Stadt war, um diese geweihten Nähmaschinen zu verkaufen, die einem angeblich zum ewigen Seelenheil verhelfen, wenn man sie benutzt. Anscheinend stammen sie nicht aus Frankreich, sondern aus einer Fabrik bei Chattanooga, Tennessee, und sie sind gar nicht geweiht.

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