Grünes Gift
Menschheit wird Ihnen dankbar sein.«
»Die neuen Menschen«, korrigierte Randy sie. »Ja, natürlich«, stimmte Ms. Bryer ihm zu. »Eine neue Menschheit, die endlich aufwacht und sich für die Belange der Umwelt stark macht. Ich glaube, ein Projekt wie dieses bedarf einer sehr langen Vorbereitung.«
»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie lange«, rief Beau vom Fenster herüber und gesellte sich dann zu Randy und Ms. Bryer. »Das Haus ist wie geschaffen für unser Institut. Wir nehmen es!«
»Wie bitte?« fragte Ms. Bryer, obwohl sie Beau klar und deutlich verstanden hatte. Sie räusperte sich und sah Randy an, um eine Bestätigung von ihm zu hören. Randy nickte. Beau lächelte und verließ den Saal. King folgte ihm. »Das Haus ist wirklich phantastisch!« brachte Ms. Bryer aufgeregt hervor, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. »Und das Grundstück ist ebenfalls außergewöhnlich schön. Aber wollen Sie denn gar nicht wissen, wieviel der Verkäufer dafür verlangt?«
»Rufen Sie meinen Anwalt an«, entgegnete Randy und reichte Ms. Bryer eine Visitenkarte. »Bitten Sie ihn, den Vertrag aufzusetzen.« Mit diesen Worten verließ er den Raum und hielt nach Beau Ausschau.
»Aber gerne, Mr. Nite«, stammelte Ms. Bryer. Sie blinzelte. In dem leeren Ballsaal erzeugte ihre Stimme ein lautes Echo. Dann lächelte sie. Sie hatte gerade den seltsamsten Verkauf ihres Lebens über die Bühne gebracht. Was für eine Provision sie jetzt einstreichen konnte!
Der Regen prasselte so heftig gegen das Fenster rechts von Jesses Schreibtisch, als würden Sandkörner vom Himmel fallen. Dazu donnerte es kräftig. Jesse liebte Gewitter. Sie erinnerten ihn an die Sommer seiner Kindheit in Detroit. Es war später Nachmittag, und unter normalen Umständen wäre er um diese Zeit nach Hause gegangen. Doch leider hatte Vince Garbon sich am Morgen krank gemeldet, und nun mußte er für zwei arbeiten. Da er für seine Berichte noch mindestens eine Stunde brauchen würde, nahm er seine leere Kaffeetasse und stand auf. Aus jahrelanger Erfahrung wußte er, daß eine weitere Tasse ihm noch nicht den Schlaf rauben, ihn aber über den Rest des Tages bringen würde. Auf dem Weg zur Gemeinschaftskaffeemaschine staunte Jesse, wie viele seiner Innendienst-Kollegen husteten, niesten und sich die Nase putzten. Darüber hinaus waren wie Vince auch alle Kollegen krank, die vor Ort ermittelten. Es mußte irgendein Bazillus im Umlauf sein. Jesse war dankbar, daß es ihn noch nicht erwischt hatte.
Als er an seinen Schreibtisch ging, fiel sein Blick zufällig auf die gläserne Trennwand, hinter der sich das Büro des Captains befand. Zu seiner Überraschung hatte der Captain sich vor der Glaswand aufgebaut und verfolgte das Geschehen im Großraumbüro. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und lächelte zufrieden. Als sein Blick auf Jesse fiel, winkte er ihm zu und grinste breit.
Jesse winkte zurück. Doch als er wieder an seinem Schreibtisch saß, fragte er sich, was plötzlich mit seinem Chef los war. Normalerweise blieb er nie so lange im Büro, es sei denn, es lag etwas Außergewöhnliches an; außerdem hatte er nachmittags immer schlechte Laune. Jesse hatte ihn nach zwölf Uhr noch nie lächeln sehen.
Jesse machte es sich an seinem Schreibtisch bequem. Als er den Kugelschreiber schon in der Hand hielt und sich gerade über eines der unzähligen Formulare hermachen wollte, wagte er noch einmal einen Blick in Richtung Chefbüro. Zu seiner Überraschung hatte der Captain sich nicht vom Fleck gerührt und grinste noch immer über das ganze Gesicht. Wie ein Voyeur starrte Jesse den Captain für eine Weile an und versuchte zu ergründen, worüber, zum Teufel, sein Chef wohl so feist grinsen mochte. Jedenfalls lächelte er bestimmt nicht, weil er etwas lustig fand, in diesem Grinsen lagen Genugtuung und Selbstzufriedenheit.
Jesse schüttelte ungläubig den Kopf und widmete sich seinen Formularen. Er haßte den ganzen Papierkram, doch auch diese Arbeit mußte gemacht werden.
Eine halbe Stunde später, als er einen Großteil der Schreibarbeiten erledigt hatte, stand er noch einmal auf. Diesmal mußte er einem dringenden Bedürfnis nachkommen. Der Kaffee war wie immer direkt durch ihn hindurchgelaufen und forderte seinen Tribut.
Auf dem Weg zur Herrentoilette, die sich am Ende des Gangs befand, warf er erneut einen Blick in das Büro des Captains. Erleichtert stellte er fest, daß es leer war. Er beeilte sich, damit er die Toilette
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