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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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freute, daß er sie wie eine Erwachsene behandelte - sie konnte einfach den nagenden Zweifel nicht abschütteln, daß sie für einige Dinge einfach noch zu jung war.
    »Nur ein Kind, nur ein Kind. Herrje, Ali, sag nicht dauernd so was. Du bist klüger als viele Erwachsene, verstehst du? Laß dir von niemandem was anderes einreden. Bei allem, was du durchgemacht hast, wären die meisten Leute, die ich kenne, schon längst zusammengeklappt.«
    »So stark bin ich nun auch wieder nicht«, sagte Ali. »Und außerdem war es nicht so furchterregend.«
    »Erzähl mir nichts!«
    »Also gut, im Anfang hatte ich etwas Angst ...«
    »Ich frage dich noch einmal: Was wirst du tun?«
    Ali seufzte. Sie zögerte die Antwort hinaus, indem sie ihren Becher nachfüllte. Valenti drängte sie nicht, aber sie wußte genau, daß er sie nicht gehen ließe, ohne daß sie eine Entscheidung getroffen hätte.
    »Na schön«, meinte sie schließlich. »Ich werde folgendes tun: Zuerst versuche ich, Mally zu finden, um noch einmal mit ihr zu reden. Auch Lewis werde ich einen Besuch abstatten. Ich weiß nun ein bißchen mehr und hoffe, daß ich besser verstehe, was er sagt.«
    »Was ist mit dem Mysterium?«
    »Ich werde es mit dem Feuer rufen. Was dann geschieht, hängt ganz von ihm selbst ab.«
    »Was ist, wenn es dir das nicht sagen oder mitteilen kann? Wenn es zum Beispiel stumm ist?«
    »Ich weiß es nicht, Tony. Vielleicht komme ich ja doch zu einer Entscheidung, nachdem ich mit Mally und Lewis gesprochen habe. Vielleicht weiß ich dann, was ich tun muß, wenn dein Beispiel zutreffen sollte.«
    »Das klingt vernünftig. Hast du darüber schon mit deiner Mutter gesprochen?«
    Ali schüttelte den Kopf. »Dafür bleibt keine Zeit, Tony. Ich muß sofort gehen, wenn ich das alles bis heute abend erledigen will.«
    »Ich kann dich aber nicht allein gehen lassen.«
    Sie sah ihn an und hielt seinem Blick stand. »Du kannst mich nicht aufhalten, Tony.«
    »Deine Mama ...«
    »Mom braucht jemanden in ihrer Nähe für den Fall, daß mein ...« Sie stockte bei dem Wort »... Vater zurückkommt. Er wird sie in unserem Haus suchen, vielleicht auch hier bei dir, aber mit Sicherheit kriecht er nicht durch den Busch, um mich zu schnappen. Sieh das doch richtig - sie ist bei dir in Sicherheit, und ich bin es im Wald.«
    »Warum wartest du nicht wenigstens, bis sie aufwacht - oder weck sie auf und rede mit ihr.«
    »Sie würde mir nicht glauben. Ich glaube es ja selbst kaum - und ich habe Mally und das Mysterium gesehen. Außerdem braucht sie Schlaf. Du hast selbst gesehen, wie schlimm das alles für sie gewesen ist. Ich werde mit ihr reden, wenn ich zurück bin.«
    »Sie wird mich umbringen.«
    »Sie braucht es ja nicht zu erfahren. Sag ihr einfach, ich habe einen Spaziergang in den Wald gemacht, um zu sehen, wohin der schmale Pfad führt. Sag ihr, daß ich dort völlig sicher bin.«
    Valenti seufzte. »Na gut. Aber ich halte es für keine gute Idee.«
    »Du hast mir doch eben selbst gesagt, ich müsse allein entscheiden«, schlug Ali ihn mit seinen eigenen Worten.
    »Ja, das habe ich gesagt. Also gut, dann geh. Aber iß vorher noch etwas.«
    »Ich mache mir ein Sandwich und esse es unterwegs.«
    Valenti schüttelte lächelnd den Kopf. »Du hast auch auf alles eine Antwort, wie?«
    Ali lächelte zurück. »Einer muß sie doch geben - richtig?«
    »Richtig.«
    Valenti dachte daran, ihr eine Pistole zu geben - eine der kleinen Automatics. Doch in ihren unerfahrenen Händen wäre die Waffe eher gefährlich als nützlich. Leute, die sich mit Waffen nicht auskannten, glaubten, eine Pistole löse alle Schwierigkeiten, aber manchmal machte sie sie nur überheblich. Ali täte besser daran, sich zu verstecken, wenn Gefahr im Verzug war. Als nächstes dachte er an ein Messer - und dann wußte er, was er ihr geben konnte.
    »Ich möchte, daß du einen meiner Wanderstöcke mitnimmst, die ich als Krücke benutze - den Bergstock mit der Stahlspitze am Ende. Auch der Griff ist ziemlich kompakt.«
    Ali sah ihn an. »Du machst Witze, oder?«
    »Das ist mein völliger Ernst.«
    »Hör mal, Tony, was soll ich mit einem Wanderstock? Ihn jemand über die Rübe ziehen?«
    »Vielleicht. Moment, ich hole ihn eben.«
    »Ja, aber ...«
    »Tu mir den Gefallen, Ali, ja? Ich lasse dich gehen und nehme dafür jede Menge Ärger in Kauf - und du nimmst den Stock mit. Ist ’n fairer Tausch. Abgemacht?«
    Ali zuckte die Schultern. »Abgemacht.«
    Während er den Stock holte, machte sie sich ein

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