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GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben

GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben

Titel: GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karoline Angela u Mayer Krumpen
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heilt ja kein bisschen besser oder schneller davon, dass derjenige, der einen verletzt hat, ebenfalls aus einer Wunde blutet, bildlich gesprochen. Im Gegenteil, denn dann fließt alle Energie in Rachefantasien statt in die Versorgung der eigenen Wunde. Und die fängt unterdessen an zu eitern und noch mehr zu schmerzen.
    »Zum Glück können wir Menschen die Würde haben und auf Vergeltung verzichten. Dann ist der Bann gelöst und das Leben kann weitergehen.«
    Vielleicht hilft dieses Bild von der eigenen eiternden Wunde, der wir uns eigentlich zuwenden sollten, uns das Herz zu öffnen und auf »Ausgleich«, Rache oder gar Vergeltung einfach zu verzichten. Aus Liebe zu uns selbst. Schon von einer kleinen Genugtuung abzusehen, das gehört zur hohen Kunst der Liebe.

    Wie Jorge das Messer abgibt
    Es klopfte an mein Autofenster: Jorge stand da, er hatte eine Flasche in der Hand und wankte. Wie so oft war er betrunken. Heute war er ganz außer sich: » Madre, Mutter, ich muss mit dir sprechen. Es ist dringend. Jetzt sofort!«
    Ich sah seine Not und erstarrte, denn wenn ich eines jetzt nicht hatte, dann war es Zeit für Jorge. Er hätte sich keinen schlechteren Moment aussuchen können. Gerade war ich in der Psychiatrie gewesen und fuhr nun zur Leichenhalle. Eine Tragödie war passiert. In unserem Viertel war eine Hütte in Brand geraten. Das passierte leider immer wieder, die kleinen Hütten brauchten nur einen Funken zu fangen, und schon standen sie in Brand, der wiederum in Windeseile auf die Nachbarhütten übergriff. Wie oft bin ich zur Polizei gerast! Wir hatten ja in den Armenvierteln damals kein Telefon, um die Feuerwehr zu benachrichtigen.
    Ich kannte den Weg ganz genau – schon eine rote Ampel bedeutete, dass mindestens drei Hütten mehr loderten und dass weitere drei Familien alles verloren, was sie hatten. Und selbst wenn alles gut ging und sämtliche Ampeln auf Grün standen, brauchte ich mindestens zehn Minuten. Und dann musste die Feuerwehr ja erst noch kommen ...
    In diesem Fall war es so gewesen: Eine leicht geistig behinderte ganz junge Mutter, Flor, hatte eine Kerze angezündet und ihre beiden kleinen Kinder, ein und drei Jahre alt, in der Hütte gelassen, um draußen am offenen Feuer die Milchfläschchen zuzubereiten. Die Kerze war wohl umgekippt und hatte das Hüttchen in Brand gesetzt. Der Vater, Luca, half in unseren Kindergärten, die Häuser instand zu setzen. Zuvor hatte er lange Jahre als Bettler auf der Straße gelebt. Dort hatten wir ihn aufgelesen und ihm eine Hütte und Arbeit gegeben. Die Kinder waren sein Ein und Alles gewesen – und jetzt im Feuer umgekommen.
    Beide Eltern waren zusammengebrochen. Sie hatten getobt und getobt. Die Polizei hatte sie der Einfachheit halber in die Psychiatrie gebracht – man wusste sich nicht besser zu helfen.
    Keine Zeit für Jorge
    Von dort kam ich also gerade. Ich hatte beide wieder herausgeholt und in unsere Hütte gebracht. Maruja war bei ihnen. Jetzt stand mir die nächste Aufgabe bevor: Ich war unterwegs, die beiden kleinen verkohlten Körperchen zu holen. Außerdem wollte ich Blumen mitbringen und was noch für eine Totenwache fehlte. Die Kinder sollten einen würdevollen Abschied bekommen.
    In dieser Situation klopfte Jorge an mein Autofenster. Neben ihm war ein Kumpel, der an ihm herumzerrte und verhindern wollte, dass er zu mir ins Auto stieg. Was auch immer da los war, ich hatte keine Zeit dafür.
    »Jorge, steig ein. Morgen kannst du zu mir kommen. Jetzt kannst du mich begleiten, aber dann muss ich für Luca und Flor da sein.«
    »Oh! Ich habe gehört, was passiert ist. Es ist wirklich furchtbar.« Während der weiteren Fahrt saß Jorge stumm neben mir. Ich konzentrierte mich auf den Verkehr.
    Als wir ankamen, zog Jorge einen Gegenstand unter seinem Pullover hervor: ein großes Fleischermesser. »Da, Madre, nimm das«, sagte er und sprang aus dem Auto. »Ich komme morgen Nachmittag.«
    Am nächsten Nachmittag, es war Samstag, saßen wir in unserer Hütte um den Tisch. Tiefe Verzweiflung lag im Raum. Am Morgen hatten wir die Kinder beerdigt. Das Mittagessen stand unberührt vor uns. Nichts konnte die Eltern trösten. Ich saß da und flehte innerlich zu Gott: »Bitte gib mir eine Idee! So sterben die Eltern vor Gram.
    Wir brauchen einen Hoffnungsschimmer.«
    Da klopfte es. Jorge stand im Türrahmen. Er setzte sich zu Luca und Flor. Die beiden kannten Jorge.
    »Ich weiß, wie es euch geht. Ich kenne euren Schmerz. Vor Jahren ist meine kleine

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