GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben
und zwei sind vier, nicht drei, nicht fünf. Die Zahlen sprechen eine einfache Sprache. Wer Spendengelder verwaltet, muss immer deren Verwendung nachweisen können, immer.
Oder den Schaden ersetzen. Dazwischen gibt es nichts. Aber, zum Zweiten, und das ist genauso wichtig, Ivo kann getan haben, was er will. Niemals wird er bei uns seine Würde verlieren. Niemals.« Die zweite Vorgabe war für die Mitarbeiter nicht leicht einzuhalten.
»Kein böses Wort zu Ivo«, verlangte ich. »Es geht um die Sache, nicht um die Person.« Denn ich wusste: Jedes böse Wort würde nur Ivos Herz verhärten. Davon hatte niemand etwas.
»Ivo soll sich nicht auch noch als Opfer fühlen können. Er muss merken, dass dieses Verhalten nicht mit seiner und nicht mit unserer Integrität zu vereinbaren ist.« Ich verlangte viel von den Mitarbeitern, das wusste ich. Aber es war und ist meine tiefe Überzeugung, dass alle gewinnen, wenn wir nicht zulassen, dass aus Verletzungen eine Demütigung wird.
Keine Reaktion
Ivo bewegte sich gar nicht und zerrte uns so in einen Nervenkrieg. Schließlich setzten wir ihm ein Ultimatum: Falls das Geld nicht bis zu einem bestimmten Datum auf unserem Konto sei, würde eine Notarin, die von uns alle erforderlichen Unterlagen bekommen hatte, zum Gericht gehen und Ivo anzeigen.
Mir blutete das Herz: Eine Anzeige hätte unweigerlich eine Verurteilung nach sich gezogen. Inzwischen hatte Ivo nicht nur eine gute Stelle bei der kirchlichen Stiftung, hatte seine Verlobte geheiratet und war Vater einer kleinen Tochter. Zudem hatte er auch eine angesehene Stellung in der Stadt. Er war zum Beispiel Präsident der berufsständischen Vereinigung der Buchprüfer in Cusco. Mit einer Anzeige hätte er nie mehr ein Bein auf den Boden bekommen. Zum Schaden – und zum Gefängnis – wären noch Hohn und Spott über ihm ausgeschüttet worden. Wir wussten: Ivos Existenz wäre vernichtet. Nein, ich wollte Ivo die Anzeige ersparen. Aber dafür musste er uns das Geld zurückgeben.
Ivo zahlte nicht. Wir hatten so viele Gespräche. Wie zu einer Wand redete ich: »Ich sage es dir immer wieder, weil es stimmt: Du bist ein guter Mensch, Ivo. Das weiß ich, das wissen wir alle. Aber ich weiß auch: Das Geld fehlt. Nur du kannst es genommen haben. Und du musst es ersetzen. Dabei werde ich dich immer respektieren. Ich schätze deine Arbeit. Wir sehen auch, wie viel du geleistet hast. Für die letzten Jahre wollen wir dir rückwirkend einen Solidaritätsbeitrag zukommen lassen. Der wird sich auf knapp 3000 Euro belaufen. Diesen Betrag ziehen wir ab. Den Rest musst du ersetzen.«
All diese Gespräche änderten nichts, auch wenn der gesetzte Termin immer näher rückte. Ivo musste wissen, dass wir ernst machen würden. Aber er zahlte nicht.
»Ivo, wenn du es nicht machst, verlierst du meine Freundschaft nicht. Aber du wirst dennoch verlieren. Du wirst deine Familie und deine Ehre verlieren. Und du weißt das.«
Unsere Versäumnisse
Buchstäblich in der letzten Stunde, bevor die Notarin den Vorfall automatisch dem Gericht gemeldet hätte, ging das Geld auf unserem Konto ein. Ivo hatte gespürt, dass wir ihn trotz seines Vergehens nicht verurteilten, dass seine Würde gewahrt blieb. Er verstand, dass er für seinen Fehler geradestehen musste. Tatsächlich sind wir nach diesem Vorfall immer mit ihm in Verbindung geblieben.
Mit den Mitarbeitern habe ich überlegt, was unser Anteil daran war, dass es so weit hatte kommen können. Der Vorstand hatte nicht genau genug hingeschaut, so viel war sicher, und unser System hatte zugelassen, dass die Dinge nicht richtig registriert wurden. Wir hatten es versäumt, unserer Aufsichtspflicht nachzukommen. Ivo war nicht alleine schuld. Wir mussten unseren Teil der Verantwortung übernehmen.
Bis heute hat sich die Cristo Vive Peru nicht ganz von diesem Vertrauensbruch erholt: Bei allen finanziellen Dingen herrscht eine ungeheure Sorgfalt, fast ein wenig übertrieben.
MEINE EINLADUNG AN DICH: SEI LIEBEVOLL IM UMGANG MIT FEHLERN
Solange wir Menschen sind, werden wir Fehler machen. Vielleicht nicht immer so gravierende wie in Ivos Fall. Aber auch dann müssen alle einen Weg finden, gut miteinander umzugehen. Das gelingt einfacher, wenn sich alle bemühen, ihren Anteil am Geschehen herauszufinden.
Was habe ich dazu beigetragen?
Was hat den Vorfall überhaupt erst ermöglicht? Diese Überlegung mag dich vielleicht zuerst befremden: »Wie, jetzt soll ich, das Opfer, mir auch noch Gedanken darüber
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