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Guido Guerrieri 01 - Reise in die Nacht

Guido Guerrieri 01 - Reise in die Nacht

Titel: Guido Guerrieri 01 - Reise in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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das?
    Antwort: Jawohl. Die Großeltern haben ein Ferienhaus, etwa drei-, vierhundert Meter von meiner Bar entfernt, praktisch in der gleichen Richtung, in die auch der Marokkaner gegangen ist.
    Frage: Der Marokkaner?
    Antwort: Ich meine, der Afrikaner. Wir nennen alle Neger Marokkaner.
    Frage: Ach so, gut. Kommt Ihnen sonst noch etwas in den Sinn, irgendein Detail, das für unsere Ermittlungen von Belang sein könnte?
    Antwort: Nein, Herr Staatsanwalt, aber wenn Sie mich fragen, war es todsicher dieser Marokkaner, weil ...
    Frage: Nein, Herr Renna, ihre persönlichen Ansichten interessieren uns hier nicht. Wenn Ihnen sonst noch etwas einfällt, dann sagen Sie es, ansonsten können wir das Protokoll abschließen. Fällt Ihnen noch etwas Spezielles ein?
    Antwort: Nein.
     
    Abdous zweites Verhör vor dem Staatsanwalt war geradezu katastrophal.
    Es war nachts in der Carabinieri-Kaserne mit einem Pflichtverteidiger durchgeführt worden – ein Inhaltsprotokoll ohne Tonbandaufzeichnung, ohne Mitschrift.
     
    Am 11. August 1999, um 1.30 Uhr, erschien in den Räumlichkeiten der Carabinieri-Einheit von Bari, Einsatzkommando , vor dem Staatsanwalt Dott. Giovanni Cervellati, der bei der Anfertigung vorliegenden Protokolls unterstützt wurde von Maresciallo Sciancalepore, Pasquale von der Carabinieri-Einheit Monopoli, der Beschuldigte Thiam, Abdou, geb. am 4. März 1968 in Dakar, Senegal, wohnhaft in Bari, Via Ettore Fieramosca 162.
    Es wird zu Protokoll gegeben, dass der anwesende Anwalt Giovanni Colella zum Pflichtverteidiger von Abdou Thiam ernannt wird, da dieser darauf verzichtet, einen Anwalt seines Vertrauens hinzuzuziehen.
    Der Staatsanwalt teilt Thiam, Abdou noch einmal mit, dass er der Kindsentführung und -tötung zu Lasten von Rubino, Francesco beschuldigt wird und liefert ihm eine knappe Zusammenfassung des gegen ihn vorliegenden Beweismaterials.
    Er belehrt ihn über sein Aussageverweigerungsrecht, weist ihn aber darauf hin, dass die Ermittlungen auch ohne seine Aussagen weitergeführt werden.
    Der Angeklagte erklärt: Ich will aussagen und verzichte ausdrücklich auf eine Verlängerung der Ladungsfrist.
    Der Verteidiger hat dem nichts hinzuzufügen.
    A.d.A.: Ich streite das mir zur Last gelegte Verbrechen ab. Ich kenne keinen Rubino, Francesco; dieser Name sagt mir nichts.
    A.d.A.: Ich meine mich zu erinnern, am Nachmittag des 5. August mit meinem Pkw nach Neapel gefahren zu sein. Dort habe ich verschiedene Landsleute getroffen, deren Namen ich aber nicht nennen kann. Wir trafen uns, wie andere Male, in der Umgebung des Hauptbahnhofs. Nützliche Hinweise zur Identifizierung dieser Landsleute kann ich nicht liefern, und ich kann auch niemanden nennen, der bestätigen könnte, dass ich an jenem Nachmittag in Neapel war.
    A.d.A.: Ich schließe aus, an diesem Tag in Monopoli gewesen zu sein. Nach meiner Rückkehr aus Neapel bin ich in Bari geblieben.
    A.d.A.: Ich nehme zur Kenntnis, dass Euer Ehren mich auf die Unglaubwürdigkeit meiner Aussage hinweist. Ich kann aber nur noch einmal bestätigen, dass ich an diesem Tag nach Neapel gefahren bin und mich nicht in Monopoli und Umgebung aufgehalten habe.
    A.d.A.: Ich nehme zur Kenntnis, dass es einen Zeugen gibt, der mich am Nachmittag des 5. August in der Gegend von Capitolo gesehen hat. Ich nehme zur Kenntnis, dass Euer Ehren mich dazu auffordert, ein Geständnis abzulegen. Ich nehme zur Kenntnis, dass ein Geständnis sich positiv auf meine Lage auswirken würde. Ich muss jedoch bekräftigen, dass ich die mir zur Last gelegte Straftat nicht begangen habe und dass ich nicht verstehe, wie jemand zu der Behauptung kommt, er habe mich am 5. August in der Gegend von Capitolo gesehen.
    An diesem Punkt wird dem Beschuldigten eine Fotografie vorgelegt, die bei der polizeilichen Hausdurchsuchung sichergestellt wurde.
    Nach Betrachtung des Bildes macht der Beschuldigte Thiam folgende Aussage:
    Ich kenne den auf dem Foto abgebildeten Jungen, erfahre aber erst in diesem Moment, dass er Rubino, Francesco heißt. Ich kannte ihn unter dem Namen Ciccio.
    A.d.A.: Das Foto ist mir von dem Kind geschenkt worden. Ich habe es nicht selbst aufgenommen. Ich besitze nicht einmal einen Fotoapparat.
    Um 2.30 Uhr wird das Verhör unterbrochen, um dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen.
    Um 3.20 Uhr wird das Verhör wieder aufgenommen.
    A.d.A.: Auch nachdem ich mit meinem Anwalt gesprochen habe – der mir nahe legte, die Wahrheit zu sagen – habe ich

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