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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wie Regen in der Jahreszeit, in der sie sich befanden.
    »Ein Schicksal schlimmer als der Tod, von vier Mann aus dem Affenhaus auf Kungsholmen beschützt zu werden«, gluckste Stålhandske.
    »Nein, Gentlemen !« befahl Carl entschlossen.
    »S ir !« erwiderten die beiden anderen automatisch, als sie in der Sprache mit dem härtesten Befehlsdrill angesprochen wurden.
    »Schreibt einen ausführlichen Bericht. Kein dummes Gewäsch zu eurer Verteidigung, sondern nur das, was sich tatsächlich ereignet hat. Ein paar Seiten nur. Richtet den Bericht an mich und verwendet dabei Dienstformulare. Erledigt das, bevor ihr das Haus verlaßt.«
    Carl erhob sich.
    »Yes Sir!« sagten die beiden anderen und machten nach amerikanischem Reglement rechts um und links um, bevor sie den Raum verließen.
    Carl widmete noch einige Zeit der Überlegung, ob er selbst und die beiden anderen irgendwie eher Amerikaner als Schweden waren. Er redete sich ein, das Amerikanische sei nur äußerlich, eine Folge von fünf Ausbildungsjahren in Kalifornien; ein antrainiertes Regelwerk, das nicht mehr oder weniger national funktionierte als die EDV-Systeme, die ebenfalls zu der Zeit in Kalifornien gehörten, ebenso die militärische Ausbildung in den gottverlassenen Militärbasen der Mojave-Wüste. Wenn sie irgendwann in der Zukunft gemeinsam eine Operation durchzuführen hätten, was angesichts von Carls Bekanntheitsgrad unwahrscheinlich war, würde die Befehlssprache wieder die der amerikanischen Marine werden.
    Aber dennoch. Er hatte sich soeben unbeschwert und mit absoluter Selbstverständlichkeit in eine Mauschelei gestürzt. Die Sache muß unter den Teppich gekehrt werden, egal, wie es mit Gesetzen und Verordnungen aussieht, dachte er. Vielleicht brauchte er auch gar nicht zu denken, vielleicht war es nur ein Reflex. Gerade dies, was ihm an der Politik am allerwenigsten gefiel, in der schwedischen ebenso wie in der amerikanischen, nämlich ein Ebbe Carlsson oder ein Bob Haldeman, war jetzt ein Hamilton.
    Wenn Joar und Åke geschnappt wurden, wären die Verluste für die Firma jedoch unersetzlich.
    Anschließend verbrachte Carl einige Zeit damit, Akten von Fst/Säk anzufordern. Es war vielleicht unklar, ob er offiziell dazu berechtigt war, aber beim Militär wie neuerdings auch sonst überall brauchte er nur seinen Namen am Telefon zu nennen, dann ging alles glatt und nach Wunsch, ob er nun in einem vollbesetzten Restaurant einen Tisch bestellen oder aus der Sicherheitsabteilung des Generalstabs geheime Akten anfordern wollte.
    Er lächelte darüber, möglicherweise etwas angestrengt. Am Telefon war er Hamilton, doch das Bild, das er von sich selbst hatte, war das eines Lumpen. Ein Oberkellner hatte ihm einmal bestürzt einen Ausweis abverlangt. Was er vorhergesehen hatte. Und weshalb er zum Erstaunen der anderen Gäste zusammen mit einer einfach gekleideten Polizeibeamtin den besten Fenstertisch erhielt.
    Carl las die Zeitungen noch einmal und etwas sorgfältiger durch, um verstehen zu können, was mit Joar und Åke geschehen war.
    Hätte er sich selbst so verhalten?
    Nein, er hätte sich nie in eine solche Situation begeben. Er hätte einen weiten Umweg gemacht, um sich nicht in eine solche Schlägerei verwickeln zu lassen.
    Aber nach ein paar Schnäpsen in der Kneipe? Wenn er mit Eva-Britt gekommen wäre und eine solche Bande sich auf sie beide gestürzt hätte oder allein auf sie?
    Nein, er hätte die Situation anders geklärt, schlimmstenfalls dadurch, daß er sich auswies. Gleichzeitig hätte er die Jacke geöffnet, um zu zeigen, daß er bewaffnet war, was in Schweden immerhin nicht oft der Fall ist.
    Gefährlich.
    Denn wenn es nicht geholfen hätte, wenn er eine drohende Haltung an den Tag gelegt hätte, der die beabsichtigte Wirkung versagt blieb: Hätte er sich dazu hergegeben, unter der geistig minderbemittelten Jugend Stockholms mit der Waffe aufzuräumen?
    Nein, aber das Ganze war natürlich nicht so selbstverständlich, wie er es in Gedanken durchspielte und vor Joar und Åke durchspielen mußte.
    Dennoch stand unumstößlich fest, wie ein Lieblingsausdruck seines Lieblingslehrers am Gymnasium gelautet hatte, daß man gegen schwedische Steuerzahler keine militärische Gewalt einsetzt. Nun ja, gegen schwedische Staatsbürger oder die Allgemeinheit. Diese Allgemeinheit sollte nämlich mit militärischer Gewalt verteidigt werden, unabhängig davon, was die Abrüstungshetzer in der Regierungspartei meinten, und nicht, ich wiederhole ,

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