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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ersten Mal seine ernste Miene.
    Die Stimmung entspannte sich sofort. Die beiden anderen lächelten schwach und änderten ihre Körperhaltung, so daß sie nicht mehr wie Schuljungen wirkten, die einen Anpfiff erhielten.
    »Das kann doch wohl niemand glauben«, überlegte Carl weiter, »daß solche Figuren mit Stirnband, die Hooo Haaa rufen, unter kaum bewaffneten Hooligans solche Verluste anrichten könnten. Amüsanter Gedanke, sich in jedem Kellerclub in Stockholm umzuhören…«
    »Sind wir irgendwie offiziell verpflichtet, uns selbst anzuzeigen?« fragte Lundwall leise.
    »Das ist denkbar«, erwiderte Carl schnell, »aber das Problem können wir lösen. Ihr meldet den Vorfall eurem nächsthöheren Vorgesetzten und schreibt also einen ausführlichen Bericht an mich. Noch heute. Bevor ihr nach Hause geht. Falls die Streitkräfte dann verpflichtet sind, euch der Polizei zu melden, habe ich diese Schuldigkeit. Und mit Rücksicht auf dieses oder jenes, was ihr euch selbst denken könnt, komme ich dieser Verpflichtung nicht nach. Notfalls kann ich mich wegen meines Verhaltens vor dem Verfassungsausschuß rechtfertigen.«
    »Das geht ja meist gut aus«, grinste Stålhandske.
    Alle drei brachen in respektloses Gelächter aus. Ihr Vertrauen in die Fähigkeit des Parlaments und der Volksvertreter, mit ihren Untersuchungen auf den Grund einer Sache zu kommen, war äußerst begrenzt.
    Überdies hatte Carl plötzlich einen ungewöhnlichen Beweis von Selbstironie gezeigt. Es hatte den Anschein, als hätte er sich nicht nur äußerlich verändert.
    Joar Lundwall versuchte sich darüber klar zu werden, worin die Veränderung bestand. Äußerlich hatte sich Carl völlig verwandelt. Aus dem Offizier und Gentleman, dem idealen Cover boy für Wochenblätter und Pralinenschachteln, war etwas anderes geworden. Nun, das mit dem Foto auf der Pralinenschachtel hatte Carl offensichtlich beenden können, obwohl die schwedische Öffentlichkeit gerade in Bildern von dem ehemaligen Carl Gustaf Gilbert Hamilton ertrank.
    Der jetzige Hamilton saß in schmutzigen Jeans und einem Sweatshirt mit einem verblichenen Text der Footballmannschaft der UCSD seligen Angedenkens vor ihm und hatte die Füße auf den Tisch gelegt; er war langhaarig; das Haar war fettig und ungewaschen, sein Bart war eine Mischung aus Bart und vier Tagen ohne Rasur, und als Kontrast dazu ein perfekt gestrecktes amerikanisches Schulterholster für die schwarze Beretta 92 mit dem Familienwappen und der Grafenkrone auf dem weißen Perlmuttkolben.
    »Warum bist du bewaffnet?« fragte Joar Lundwall aus einer plötzlichen Eingebung heraus, mehr aus Besorgnis denn aus Neugier.
    Carl lächelte bleich, bevor er antwortete.
    »Die Säpo war so freundlich, mir Personenschutz anzubieten. Es gebe eine latente Bedrohung, behaupteten sie, die etwa auf folgendes hinausläuft: Seitdem es irgendeinem Irren gelungen ist, den Ministerpräsidenten zu erschießen und ungestraft davonzukommen, stehe ich angeblich an der Spitze der Liste begehrenswerter Trophäen. Wenn ich mich recht erinnere, nannten sie das ein nicht zu vernachlässigendes Überfallrisiko.«
    »Na ja, einen vereinzelten Überfall von Zeit zu Zeit wird ein Mann schon überstehen müssen«, sagte Stålhandske mit ausdruckslosem Gesicht, so daß die beiden anderen nicht erkennen konnten, ob es ironisch gemeint war.
    »Ja, das ist richtig«, stimmte Carl mit ebenfalls steinernem Gesicht zu, »unser kleiner Kreis ist bestens gerüstet, sich bei Straßenprügeleien zur Wehr zu setzen. Das haben die Herren gestern nur zu deutlich bewiesen.«
    »Na ja«, erwiderte Stålhandske, der sich nicht ohne weiteres aus der Affäre ziehen wollte, »aber wenn jemand sich mit einer .357er Magnum von hinten an dich anschleicht…«
    »Dann stirbt er«, schnitt ihm Carl das Wort ab. »So daß er, unabhängig davon, was mit mir geschieht, am Schauplatz zurückbleibt und sogar die schwedische Polizei herausfinden kann, wer was getan hat. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß es der schwedischen Gesellschaft nicht guttun würde, wenn es zu einem weiteren unaufgeklärten und spektakulären Mord kommt. Die Säpo hat mir die Genehmigung erteilt, zu meinem persönlichen Schutz eine Waffe zu tragen. Das soll ziemlich ungewöhnlich sein.«
    »Aber besser, als von deren Leibwächtern in einer gewerkschaftlich geregelten Viererschicht im Vierundzwanzig-Stunden-Takt beschützt zu werden«, sagte Lundwall. Darauf platzten alle drei los. Das Lachen reinigte die Luft

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