Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
doch wohl nicht an diese verdammte Kurdenspur?«
    »Nein, wie schlecht du auch von mir denken magst, ein Idiot bin ich jedenfalls nicht.«
    »Aber es ist praktisch, daß die Abendpresse eure Geschäfte besorgt.«
    »In mancher Hinsicht ja.«
    »Habt ihr jetzt eine ganze Bürokratie aufgebaut, damit ihr mit diesen Umlauflisten fertig werdet?«
    »Wieso?«
    »Das fragt sich ein besorgter Steuerzahler.«
    »Ja, die Steuerzahler können sich schon Sorgen machen, aber so schlimm ist es nicht. Carlen in der Registratur kümmert sich darum. Aber worüber wollten wir eigentlich sprechen?«
    »Über meine Anwesenheit beim Prozeß gegen meine künftige Frau. Irgendein Scheißkerl in eurer Schutzsektion rief mich an und sagte, ich sollte mich eurer Ansicht nach lieber fernhalten.«
    »Ja. Das ist ein Wunsch, den ich verstehen kann. Wir haben ja damit zu tun, daß du ständig bedroht bist, und dann ist es alles andere als einwandfrei, deine Anwesenheit an einem öffentlichen Ort sozusagen anzukündigen.«
    Sie hatten inzwischen schon so lange miteinander gesprochen, daß Näslund einen neuen Besucher erwartete. Seiner Gewohnheit treu ließ er den verspäteten Besucher sitzen, während er selbst hinausging, die Tür schloß und das nächste kurze Gespräch draußen bei der Sekretärin erledigte. Darauf hatte Carl gewartet; er wußte, daß er nur lange genug dummes Zeug zu reden und sich ganz einfach nicht abweisen zu lassen brauchte, um eine Gelegenheit zu erhalten, und hier war sie. Er schüttelte den Kopf, lächelte in sich hinein, möglicherweise über Näslund, und ging dann zu dessen Schreibtisch. Er öffnete seine Aktentasche und begann, sich zu bedienen.
    »Ja, es ist also kein ganz einfaches Problem«, sagte Näslund übertrieben laut und ein wenig entschuldigend, als er mit Höchstgeschwindigkeit ins Zimmer zurückkehrte und sich auf dem Weg zum Schreibtisch ein paarmal mit dem Stahlkamm durchs Haar fuhr.
    Carl saß vor Näslunds Schreibtisch scheinbar ungeduldig auf dem Stuhl, ein Bein vor das andere gestellt.
    »Doch«, sagte er, »ich finde es einfach. Für Eva-Britt steht die ganze Zukunft auf dem Spiel. Natürlich werde ich da sein.«
    »Dann riskierst du, eine Situation zu erzwingen, in der wir den Saal sichern müssen, mit Polizeiabsperrungen, schußsicheren Westen und all dem Zeug.«
    »Du hast die Schäferhunde vergessen.«
    »Ja, und notfalls auch Schäferhunde. Ich bin neuerdings wirklich der letzte, dir private Ratschläge zu geben, aber ich bin mir nicht ganz sicher, daß solche Arrangements das Gericht deiner künftigen Kriminalinspektorin gegenüber positiver einstimmen. Hieß sie nicht Eva-Britt?«
    »Polizeiinspektorin, nicht Kriminalinspektorin. Ja, Eva-Britt Jönsson.«
    »Du gedenkst also, bei der Hauptverhandlung anwesend zu sein?«
    »Ja, unbedingt.«
    »Wir müssen für deine Sicherheit sorgen.«
    »Ein komischer Gedanke.«
    »Du hast gut reden. Aber so ist es nun mal. Willst du selbst bewaffnet sein?«
    »Was schlägst du vor? Ich meine, wenn ich glaube, jemand könnte auf mich schießen, werde ich mich mehr auf mich selbst verlassen als auf dein Personal.«
    »Darüber brauchst du mich nicht aufzuklären. Nun?«
    »Aber das glaube ich nicht. Wenn ihr darauf verzichtet, den ganzen Saal zu sichern, und auch all die anderen Albernheiten laßt, kann ich unbewaffnet kommen, wenn es das ist, was du willst.«
    »Ich finde, wir machen es umgekehrt. Du bist bewaffnet, aber wir verringern die sichtbare Überwachung bis auf ein Minimum.«
    Carl betrachtete Näslund eine Weile nachdenklich, fast mit Sympathie. Es war ein guter Vorschlag. Es würde keinen überflüssigen Aufstand geben, der Eva-Britt schaden würde, und er selbst würde für seine Sicherheit verantwortlich sein, falls es in der Nachwelt zu Diskussionen kam.
    Er wünschte Näslund viel Glück für Enköping, vollkommen aufrichtig, nahm seine Aktentasche und ging. Der Besuch war weit lohnender gewesen, als er zu hoffen gewagt hatte.
    Per L. Wennström hatte sich schon lange nicht mehr so erregt gefühlt. Er wurde bei der Entdeckung fast sentimental. Er warf einen Blick auf den Großen Journalistenpreis, der unter einigen seiner besten Aushänge in einem Goldrahmen hing.
    Nichts von diesem Zeug kam vielleicht auch nur in die Nähe dessen, woran er jetzt arbeitete. Das spürte er in der Nase. Aber andererseits ist es ja immer so mit den richtig großen Sachen, sagte er sich, daß man nie sicher sein kann, das Spiel mit einem Gewinn zu beenden.

Weitere Kostenlose Bücher