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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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die kalte reine Luft. Dann sagte er zu sich selbst, seinem jungen Selbst, mit dem er im Frisiersalon gesprochen hatte:
    »Ja, du siehst. Geld läßt sich bei den merkwürdigsten Anlässen einsetzen. Man kann es dem kämpfenden Volk Afghanistans spenden oder es faschistischen Lümmeln in Stockholm geben und es geheimes Geld der Streitkräfte nennen. Die Welt ist nicht so einfach, wie du geglaubt hast.«
    »Nein«, erwiderte sein zweites, sein junges Ich, »sie ist nicht so einfach. Du hast soeben von eigenem Geld gezahlt, um eine ganz gewöhnliche Mauschelei sicherzustellen, um zu verhindern, daß Gesetzesbrecher vor Gericht gestellt werden. Dafür hast du eine Summe hergegeben, die zwei oder drei Trimestergebühren für mich an der University of California in San Diego entspricht.«
    Åke Stålhandske fühlte sich in seinem neuen dunklen Anzug verlegen wie ein Konfirmand. Der Stoff spannte an seinem großen Körper, und als er sich prüfend hinunterbeugte und mit den Armen eine Bewegung machte, als wollte er jemanden umarmen, knackte es besorgniserregend in den Nähten. Er war für Konfektion nicht gebaut, doch sein Gehalt erlaubte nichts anderes.
    Sein Vater nahm die Neuigkeit jedoch sehr feierlich auf. Es stimmte ja, daß Åke Stålhandske sich nicht so oft gemeldet hatte, wie es sich für einen Sohn gehört, daß er nie richtig erklärt hatte, worin sein Job beim Generalstab bestand, obwohl seinem Vater schon vor mehr als einem Jahr der Zusammenhang klar gewesen sein mußte.
    Åke Stålhandske hatte versucht, sich mit Carl zu beraten und zu erfahren, was er seinen nächsten Angehörigen sagen und nicht sagen durfte, aber nur halb scherzhafte und leicht ausweichende Antworten erhalten.
    »Was mich betrifft, ist es ja nicht so sehr das private Problem, da ich das meiste im Fernsehen vorgetragen habe«, hatte Carl gebrummelt und dann allgemein von dem Konflikt zwischen bestimmten menschlichen Verordnungen einerseits - denn grundsätzlich sei ausnahmslos alles in ihrem Job geheim - und bestimmten menschlichen Bedürfnissen andererseits gesprochen. Und da müsse Åke für sich persönlich entscheiden.
    Dieser hatte versucht, mit sich zu Rate zu gehen. Was war nun seine Privatsache, und was waren die militärischen Geheimnisse des Reiches? Sein Vater war immerhin Offizier bis ins Mark und unzufrieden mit einem Sohn, der bald dreißig war und noch immer nur Leutnant. Sein Vater war stolz auf das, was er über die militärische Arbeit seines Sohnes begriffen zu haben glaubte. Denn er selbst war nie darüber hinweggekommen, daß er selbst gezwungen gewesen war, eine wahrscheinlich glänzende militärische Karriere aufzugeben.
    Der Vater wußte, daß Carl oder Fregattenkapitän Hamilton, wie er ihn nannte, Åkes unmittelbarer Vorgesetzter war. Der Vater hatte am Fernseher im Vorjahr keine Sekunde der Vernehmungen vor dem Verfassungsausschuß versäumt, als Carl gezwungen gewesen war, ein gelinde gesagt offenherziges Bild davon zu zeichnen, womit sich operative Einheiten beim Nachrichtendienst beschäftigen konnten. Dennoch war nichts von den wirklich wichtigen Dingen durchgesickert.
    Es war also nicht schwer vorherzusehen, wie das kommende Verhör beim Mittagessen ablaufen würde. Åke Stålhandske sah auf die Uhr und beschleunigte seine Schritte; Agenten erscheinen immer auf die Sekunde pünktlich.
    Als er die Haustür erreichte, zeigte sich, daß sie mit einem neuen Codeschloß verschlossen war. In zwei Minuten sollte er sich einfinden. Er seufzte und zog sein umgebautes rotes Schweizer Armeemesser aus der Tasche, das nur zum Teil die Instrumente des Originals enthielt, betrachtete das Schloß und kam zu dem Ergebnis, daß es schneller gehen würde, die Tür mit Gewalt zu öffnen, als den Code zu knacken.
    Eine Sekunde vor sieben läutete er an der Tür, und die alte Haushälterin machte sofort auf, als hätte sie hinter der Tür gestanden und gewartet. Oder als hätte Åkes Vater ihr vielmehr befohlen, es zu tun.
    Dieser wartete vor dem Kaminfeuer, das in dem hohen Marmorkamin in der Halle brannte. Er hatte sich natürlich fein gemacht, war frisch rasiert, duftete nach Rasierwasser, hatte die Haare naß gekämmt, und im Knopfloch steckte eine kleine Rosette mit den Farben Finnlands, die er ständig trug. Die Rosette zeigte, daß er mit dem Freiheitskreuz dekoriert worden war.
    Der Vater kam ihm entgegen und umarmte ihn kraftvoll und männlich, erstaunlich kraftvoll angesichts seines Alters und der Tatsache, daß er sich

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