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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatte, während ein der Sicherheitspolizei wahrscheinlich unbekannter Autor namens W. I. Lenin ausgespart worden war (möglicherweise weil dessen gesammelte Werke Lederbände waren und daher etwas respektabler aussahen). Ebenso hatte man einen aus dem Blickwinkel von Bombenlegern nicht ganz uninteressanten Bakunin stehen lassen, während die schwedischen Schriftsteller Göran Palm und Sara Lidman konfisziert worden waren. Ebenso die Kindheitsschilderungen von Jan Myrdal.
    Während die Schriften des Kommunistenführers C. H. Hermansson über die herrschenden Kapitalistenfamilien Schwedens übersehen worden waren.
    Als es um die Frage ging, was diese beschlagnahmten Bücher eigentlich bestätigen sollten, wenn man von den unpassenden Lesegewohnheiten der Familie absehe, brachte die Polizei eine Erklärung vor, die alle Einwände zum Schweigen brachte.
    Es sei natürlich nicht so, daß es verboten sei, Schriften dieses Typs zu lesen, obwohl man ihren literarischen Wert durchaus in Frage stellen könne. Es gehe darum, Fahndungshinweise in Form von Aufzeichnungen zu finden. Wenn beispielsweise dieser K. Marx, der sozusagen der geistige Urheber von allem sei, ein Kapitel über politische Morde und Terrorismus geschrieben habe, könne man sich vorstellen, daß künftige Terroristen, die sich auf ihre Tätigkeit vorbereiteten, beim Einstudieren des Grundmaterials am Rand Notizen machten. Und nach solchen Notizen hielten die Beamten Ausschau; der eigentliche Grundtext sei demgegenüber relativ uninteressant.
    Die Frage, ob Karl Marx in seinen hochkomplizierten nationalökonomischen Theorien Terrorismus und Mord empfohlen habe, blieb unbeantwortet.
    Hingegen nahm dieses Blättern in allen Büchern und Schriften eine gewisse Zeit in Anspruch, und insoweit an verdächtigen Stellen überhaupt Notizen gefunden wurden, waren sie bedauerlicher Weise oft in kurdischer Sprache abgefaßt, so daß bei der Übersetzung ein Engpaß entstand.
    Nach einiger Zeit gelang es dem Echo des Tages , den tatsächlichen Anlaß für die spektakulären Polizeieinsätze zu enthüllen. Die wirklichen Motive für all diese Hausdurchsuchungen hatten mit der angeblichen Suche nach Mördern kaum etwas zu tun. Es ging eher um Mikrophone und illegal installierte Abhörvorrichtungen. Schweden ist nämlich eins der wenigen westlichen Länder, in denen die Polizei bei verdächtigen Spionen und Terroristen keine »Wanzen« installieren darf. Man muß vielmehr ihre Telefongespräche abhören.
    Dieses System hat aus rein ermittlungstechnischen Gründen erhebliche Nachteile. Personen, die man der Spionage oder des Terrorismus verdächtigen könnte, sind allergisch gegen ausführliche Telefonate, denn sonst wären sie weder Spione noch Terroristen.
    Unter Hinweis auf übergesetzliches Recht, das Interesse der Nation, »Notwehr« und so weiter hatte die schwedische Sicherheitspolizei sich folglich lange Zeit so verhalten, wie sich ihre ausländischen Schwesterorganisationen legal verhielten.
    Nichts davon wäre ans Licht gekommen, wenn die Regierungspartei nicht einen eigenen zusätzlichen Sicherheitsdienst gegründet hätte, der von einem rachlüsternen Polizeipräsidenten geleitet wurde, welcher wegen des Mordes an Olof Palme immer noch Kurden überführen wollte. Der zweite Chef dieser Organisation war ein etwas sonderbarer Freund des Polizeipräsidenten, ein ehemaliger Pressesprecher der Regierung, der dank alter freundschaftlicher Bande zur Creme der Regierungspartei höchste Protektion genoß.
    Es ist unklar, was dieser zusätzliche Sicherheitsdienst überhaupt ermittelt hatte, bevor sich einige seiner Mitarbeiter im Zoll mit ein paar hundert Kilogramm Abhörausrüstung erwischen ließen. Nachdem man sie bei ihrem Schmuggelversuch ertappt hatte und die Sache herausgekommen war, bevor die hohe Protektion hatte eingreifen können, setzte sich die juristische Maschinerie knirschend und mit langsamer Unerbittlichkeit in Bewegung. Ein paar Mitglieder der sozialdemokratischen Elite sowie einige Beamte der regulären Sicherheitspolizei, die nebenbei für den sozialdemokratischen Sicherheitsdienst arbeiteten, wurden vorschriftsmäßig darüber aufgeklärt, daß man sie des verbotenen Schmuggels und versuchter illegaler Lauschangriffe verdächtigte.
    Zu leugnen gab es da nichts, da mehrere Mitglieder der Bande auf frischer Tat ertappt worden waren.
    Zwei der Bandenmitglieder jedoch, hauptberuflich Beamte der Sicherheitspolizei, wehrten sich mit der Behauptung, andere

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