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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einen norwegischen Widerständler in die Finger. Von der Gestapo erfahren sie, daß er ein verdammt wichtiger Widerständler ist, den die Gestapo gern köpfen möchte. Die Schweden liefern ihn aus, und er wird geköpft. Seht ihr jetzt?« Die beiden anderen starrten den eifrigen Stålhandske unschlüssig an. Sie empfanden immer noch Ekel und Scham, als wären sie mit den Verrätern irgendwie enger verwandt als der Finnlandschwede Stålhandske. Sie erkannten jedoch noch immer nicht das Ende seines Gedankengangs.
    »Aber verdammt noch mal!« fuhr Stålhandske fort, als müßte inzwischen alles kristallklar sein. »Wer hat Hjelmen ermordet, einen Nazigegner und Mann des norwegischen Widerstands, ob Kommunist oder nicht? Die schwedische Säpo hat es getan. Wir können natürlich über irgendein deutsches Archiv den Namen des Henkers herausbekommen, aber die wahren Henker heißen natürlich Erik Lönn, Nils Fahlander und Martin Lundquist. Oder etwa nicht?«
    Die beiden anderen nickten widerwillig.
    »Hätte einer von uns dreien Löhn, Fahlander oder Lundquist erschossen, wenn wir damals gelebt hätten?«
    Åke Stålhandske ließ die Frage eine Zeitlang in der Luft schweben. Dann drehte er eine Runde durchs Zimmer, während er die beiden anderen prüfend anblickte. Aus seiner Haltung ging mehr als deutlich hervor, daß es nur eine Antwort geben konnte.
    »Na schön«, sagte Joar Lundwall zögernd, »wenn wir damals ein paar von diesen Scheißkerlen erwischt hätten, wir dürfen natürlich voraussetzen, daß wir während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten Hjelmens stehen und nicht auf Seiten der Gestapo, hätten wir sie also beiseite geräumt. Ohne großes Getue, diskret und sauber und ohne Gewissensbisse. Doch nun verhält es sich so, daß Hjelmen und Pettersen, oder wie er hieß, 1944 geköpft wurden. Du mußt zugeben, daß das ein Problem ist.«
    Åke Stålhandske schüttelte fragend den Kopf. Es war eine Aufforderung an Joar, den Gedankengang fortzusetzen.
    »Nun«, sagte Joar langsam, der immer noch von dem Bericht über einen Mann erschüttert war, der einer der drei Anwesenden hätte sein können, wenn sie damals gelebt hätten. So wollten sie sich jedenfalls selbst sehen. »Hjelmen und jeder andere wie er wurde zwischen 1940 und 1945 geköpft oder zu Tode gefoltert. Wie sehr sie auch solche Leute wie Lönn und Lundquist und diesen dritten, wie hieß er noch, gehaßt haben mögen, sie sind alle tot. Wie alt war Hjelmen 1944? Dreißig? Sagen wir einmal, er oder irgendein anderer Hjelmen, der den Krieg wie durch ein Wunder überlebte, weil die Deutschen nicht mehr die Zeit fanden, ihn zu töten, oder weil der Sieg der Alliierten dazwischenkam, oder weil dieses Argument, er sei ein halber Lappe und somit unzurechnungsfähig, funktioniert hätte, oder was du willst. Heute wäre er eher achtzig als siebzig Jahre alt. Unter anderem suchen wir aber einen Mörder, der ungefähr genausogut schießt wie wir selbst, take or give, und der sein Opfer foltert, wenn er Zeit und Gelegenheit hat. Rede mir nicht ein, daß wir den Hjelmen suchen, der überlebt hat.«
    Joar hatte langsam gesprochen und seinen Einwand ohne jede Arroganz vorgetragen, nicht annähernd so, wie er es noch zu Beginn von Åke Stålhandskes Erzählung vorgehabt hatte. Da war zuviel Ekel und zuviel Verrat und zuviel von seiner eigenen Furcht vor dem, was er jetzt in seinen eigenen Akten zu finden begann, um seinem Freund, falls nun Åke Stålhandske im wahren Sinn des Wortes ein Freund und nicht nur ein Kollege beim Nachrichtendienst war, anders als mit Respekt zu begegnen.
    »Nein, ich glaube doch nicht, daß Hjelmen der Mörder ist«, sagte Åke Stålhandske nachdenklich. »Kein Gedanke daran. Aber ich wollte zeigen, wie ein Motiv aussehen könnte. Das Problem ist nur, daß der ganze gottverdammte Zweite Weltkrieg auf schwedischer Seite so aussieht.«
    »Mhm«, stimmte Joar Lundwall zu, »der ganze gottverdammte schwedische Krieg sah so aus. Diesen Eindruck habe ich allmählich auch. Ich habe mich beispielsweise seit ein paar Tagen mit Juden beschäftigt.«
    »Juden?« hakte Carl erstaunt nach.
    »Ja. Juden. ›Der bloße Umstand, daß der fragliche Flüchtling darauf hingewiesen hat, er habe sich in Deutschland und in den von Deutschland annektierten Ländern infolge der dort herrschenden Judengesetzgebung unwohl gefühlt, hat nicht als ausreichender Grund für die Bewilligung politischen Asyls angesehen werden können.‹ So etwa, ungefähr so.«
    »Was war

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