Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
Merry vor sich sah. Wenigstens das war er ihr schuldig. Dann stieg er wieder in den Wagen und fuhr weg von dem Mädchen, das er nicht hatte retten können, zu der Frau, die er unter allen Umständen beschützen wollte, und wenn er selbst dabei draufging.
Er fand Lucy schlafend auf dem Bett vor. Sie lag zur Tür gewandt zusammengerollt auf der Seite. Durch die Lamellen der Jalousie strömte Sonnenlicht auf ihr Gesicht und ihr blondes Haar. Eine Hand lag mit der Handfläche nach oben neben ihrer Nase, der andere Arm umschlang ihren Bauch. Sie war barfuß, und ein Lichtstrahl fiel auf ihre roten Fußnägel.
Millie schob den Kopf zwischen Quinn und den Türrahmen, und er hielt sie am Halsband fest, bevor sie ins Zimmer stürmen konnte. Gemeinsam betrachteten sie die schlafende Lucy, das leichte Heben und Senken ihrer Brust, während sie durch leicht geöffnete Lippen atmete.
»Wie gefällt es dir, noch ein weibliches Wesen im Haus zu haben?«, fragte er seine Hündin.
Millie stieß ein lautes Jaulen aus, als hätte sie durchaus Beschwerden vorzubringen, und zerrte an ihrem Halsband. Quinn wusste, was Millie wollte. Wahrscheinlich roch sie an Lucys Klamotten den Stubentiger und wollte den Geruch
genauer untersuchen. Doch das Letzte, was Lucy jetzt brauchte, war, von einem leicht erregbaren Hund aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden. »Du kannst sie morgen kennen lernen«, versprach er Millie, als er sie von der Tür wegzog und über den Flur in sein Schlafzimmer verfrachtete. Sie protestierte mit mehr Gejaule, als er sie dort einsperrte. »Schluss jetzt«, befahl er. Dann ging er an den Wäscheschrank und holte noch eine Decke heraus. Mehrere Holzdielen knarrten unter Quinns Füßen, als er sich ins Gästezimmer schlich. Er legte die Decke über Lucys Beine, und als er sie über ihre Hüften zog, schnappte sie entsetzt nach Luft und packte ihn am Arm. Sie saß kerzengerade im Bett und erschreckte ihn fast zu Tode.
»Gütiger Himmel. Keine Panik, Lucy. Ich bin’s nur.«
»Quinn?« Lichtstreifen glitten über ihren Mund und ihre Wangen. Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
»Ja.«
»Was tust du da?«
Das Haar fiel ihr auf die Schultern, und an ihrer Halsschlagader konnte er sehen, wie ihr Puls raste. Ihre Brüste hoben und senkten sich unter dem weißen Blusenstoff und stießen mit jedem Atemzug gegen das dünne Material. »Du bist eingeschlafen, während ich weg war, und ich wollte dich nur zudecken.«
»Ach so.« Erleichtert ließ sie sein Handgelenk los und strich sich das Haar hinter die Ohren. »Wie spät ist es?«
Er sah auf seine Uhr. »Kurz nach fünf.«
Sie runzelte die Stirn. »Du warst ganz schön lange weg.«
»Ich hatte etwas Wichtiges zu erledigen.«
»Für den Breathless-Fall?«
Er schüttelte den Kopf. »Nachdem ich Millie abgeholt hatte, musste ich noch Blumen auf den Friedhof bringen.«
»Wer ist denn gestorben?«
»Nur ein Mädchen.« Er verlagerte das Gewicht auf einen Fuß und verschränkte die Arme vor der Brust. Lucy sah abwartend zu ihm auf. »Sie war eine vertrauliche Informantin und wurde umgebracht, weil sie für mich gearbeitet hat.«
Lucy kniete sich auf dem Bett hin, und die Sonnenstrahlen strömten über ihre Schulter und ihren Hals. »Tut mir leid. Hast du den Mörder geschnappt?«
»Ja. Er sitzt lebenslang.«
»Und du bringst ihr Blumen ans Grab?« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist süß.«
»Nein, ist es nicht.« Er senkte den Blick auf ihre weiße Bluse. Bei jedem Atemzug glitten die Lichtstreifen über ihre Brust. Nein, er war nicht süß, aber ehrenhaft konnte er sein. Auch wenn es ihn umbrachte. »Wenn ich es nicht tue, tut es niemand«, erklärte er und sah ihr fest in die Augen. »Ich tue es, weil ich ein schlechtes Gewissen habe. Weil ich meinen Job nicht erledigt habe und ein Mädchen deshalb umkam. Sie war zwar ein Junkie und eine Hure, aber auch ein sehr netter Mensch. Als sie umgebracht wurde, konnte ich an nichts anderes denken als an die Auswirkungen, die das auf meinen Fall haben würde. Ich hatte nur meine Arbeit im Kopf.«
Lucy setzte sich in die Hocke. »Bin ich nur deshalb hier? Damit ich in Sicherheit bin und du weiterhin an die Briefe kommst?«
Er sollte lügen und ja sagen. Dass sie ihm total egal war. Doch er hatte sie seit dem ersten Tag, als er sie online kontaktiert
hatte, angelogen, und vielleicht konnte er es deshalb nicht. »Ich will, dass du in Sicherheit bist, aber das ist nicht der einzige Grund. Ich werde hundert Pro
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