Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
steht Jessup, Plantain Fidelias Enkelsohn, in der Tür. Er dürft so zweiundzwanzig sein. Hat die Fäuste geballt.
»Ich will wissen«, sagt er langsam und zornig, »was wir tun werden.«
Der Diakon guckt ihn streng an, wie wenn er da drüber schon mit Jessup geredet hätt. »Heute Abend erheben wir unsere Gebete zu Gott. Am Donnerstag werden wir friedlich durch die Straßen von Jackson marschieren. Und im August will ich dich in Washington sehen, beim Marsch mit Doktor King.«
»Das reicht nicht!«, sagt Jessup und haut mit der Faust in seine andre Hand. »Sie haben ihn von hinten abgeknallt wie einen Hund!«
»Jessup.« Der Diakon hebt die Hand. »Heute Abend beten
wir. Für die Familie. Für die Anwälte, die mit dem Fall befasst sind. Ich verstehe deinen Zorn, mein Sohn, aber …«
»Beten? Soll das heißen, ihr alle wollt nur hier rumsitzen und beten?«
Er schaut uns an, wie wir da sitzen.
»Ihr glaubt, Beten wird die Weißen davon abhalten, uns zu töten?«
Niemand antwortet, nicht mal der Diakon. Jessup dreht sich um und geht raus. Wir hören, wie er die Treppe raufstampft und dann über unseren Köpfen aus der Kirche marschiert.
Es ist ganz still im Raum. Diakon Thoroughgoods Blick geht paar Zentimeter über unsre Köpfe weg. Das ist komisch. Er ist keiner, der einem nicht in die Augen guckt. Alle starren ihn an, fragen sich, was er denkt, dass er uns nicht ins Gesicht gucken kann. Dann seh ich, wie Yule May den Kopf schüttelt, ganz leicht, aber trotzdem entschieden, und ich hab das Gefühl, dass der Diakon und Yule May dasselbe denken. Sie denken über das nach, was Jessup gefragt hat. Und Yule May hat die Frage grad beantwortet.
Das Treffen ist so um acht zu Ende. Die, die Kinder haben, gehen, und wir andren holen uns Kaffee an dem Tisch hinten im Raum. Viel geredet wird nicht. Die Leute sind alle still. Ich hol Luft und geh zu Yule May, die am Kaffeespender steht. Ich will diese Lüge wegkriegen, die an mir klebt wie eine Klette. Sonst werd ich hier keine fragen. Heut Abend kauft eh niemand mein stinkiges Duftzeug.
Yule May nickt mir zu und lächelt höflich. Sie ist ungefähr vierzig und groß und dünn. Hat sich ihre Figur bewahrt. Sie ist noch in ihrer weißen Uniform, und die sitzt richtig schick um ihre Taille. Yule May trägt immer Ohrringe, so kleine Goldreifen.
»Hab gehört, eure Zwillinge gehen nächstes Jahr aufs Tougaloo College. Glückwunsch.«
»Wir hoffen, dass es klappt. Müssen noch ein bisschen zusammensparen. Zwei auf einmal ist eine ganze Menge.«
»Du hast selbst das meiste vom College gemacht, oder?«
Sie nickt, sagt: »Jackson College.«
»Ich bin gern in die Schule gegangen. Hab das Lesen und das Schreiben gemocht. Nur nicht das Rechnen. Damit hatt ich’s nicht so.«
Yule May lächelt. »Englisch war auch mein Lieblingsfach. Das Schreiben.«
»Ich … hab in letzter Zeit auch bisschen was geschrieben.«
Yule May guckt mich an, und ich merk, dass sie weiß, was ich sagen will. Einen Augenblick seh ich die Scham, die sie jeden Tag runterschlucken muss, weil sie da arbeitet, wo sie arbeitet. Die Angst. Ich hab Hemmungen, sie zu fragen.
Aber Yule May sagt’s, eh ich es sagen muss. »Ich weiß von den Geschichten, an denen du arbeitest. Mit dieser Freundin von Miss Hilly.«
»Ist schon gut, Yule May. Ich weiß, du kannst nicht mitmachen. «
»Es ist . . . im Moment einfach zu riskant. Wo wir das Geld fast zusammenhaben.«
»Das versteh ich«, sag ich und lächel, um ihr zu zeigen, dass ich sie nicht weiter drängen will. Aber Yule May rührt sich nicht vom Fleck.
»Die Namen … ich hab gehört, die verändert ihr?«
Das fragen alle, weil sie neugierig sind.
»Stimmt. Und den Namen von der Stadt auch.«
Sie guckt auf den Boden. »Dann würd ich also erzählen, wie es ist, Dienstmädchen zu sein, und sie würd’s aufschreiben? Und überarbeiten … oder so?«
Ich nick. »Wir wollen alle möglichen Geschichten. Über gute Sachen und über schlechte. Jetzt grad arbeitet sie an den Geschichten von … einem andren Dienstmädchen.«
Yule May fährt sich mit der Zunge über die Lippen, sieht
aus, wie wenn sie sich’s vorstellt — erzählen, wie’s ist, bei Miss Hilly zu arbeiten.
»Können wir . . . nochmal drüber reden? Wenn ich mehr Zeit hab?«
» Klar«, sag ich und seh an ihren Augen, dass es nicht nur Höflichkeit ist.
»Tut mir leid, aber Henry und die Jungen warten auf mich«, sagt sie. »Aber darf ich dich anrufen? Noch mal in Ruhe drüber
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