Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
oben bei dem Marsch, und ich such immer wieder die Massen nach seinem Gesicht ab. Ich kann gar nicht glauben, dass da so viele Menschen sind – zweihundertfünfzig tausend. Und der Knaller ist, sechzigtausend davon sind weiß.
»Mississippi und die Welt sind zwei Paar Stiefel«, sagt der Diakon, und wir nicken alle, weil’s ja offensichtlich stimmt.
Der September kommt, und in Birmingham wird eine Kirche in die Luft gejagt, mit vier kleinen farbigen Mädchen drin. Das wischt uns schnell das Lächeln vom Gesicht. Gott im Himmel, da hören unsre Tränen nimmer auf zu fließen, und es fühlt sich an, wie wenn das Leben unmöglich weitergehen könnt. Aber dann geht’s trotzdem weiter.
Jedes Mal, wenn ich Miss Skeeter treff, sieht sie dünner aus und nervöser. Sie versucht zu lächeln, wie wenn’s nicht so schlimm für sie wär, dass sie keine Freundinnen mehr hat.
Im Oktober sitzt Miss Hilly an Miss Leefolts Esszimmertisch. Miss Leefolt ist jetzt so schwanger, dass sie kaum noch gradaus gucken kann. Miss Hilly hat einen dicken Pelz um den
Hals, obwohl wir draußen fünfzehn Grad haben. Sie streckt den kleinen Finger vom Teeglas weg und sagt: »Skeeter ist sich so was von gerissen vorgekommen, als sie diese ganzen Toiletten in meinem Vorgarten hat abladen lassen. Tja – der Effekt ist phantastisch. Wir haben schon drei Stück bei Leuten in der Garage oder im Schuppen installiert. Selbst William sagt, es war im Grund ein Segen.«
Das werd ich Miss Skeeter nicht erzählen. Dass sie am End die Sache unterstützt, gegen die sie hat kämpfen wollen. Aber dann merk ich, dass es eh nichts mehr ausmacht, weil Miss Hilly sagt: »Gestern Abend habe ich beschlossen, Skeeter einen Dankesbrief zu schreiben. Ich habe ihr erklärt, dass dank ihrer Unterstützung das Projekt schneller vorankommt, als es sonst je möglich gewesen wäre.«
Weil Miss Leefolt jetzt immer damit beschäftigt ist, Anziehsachen für das neue Baby zu machen, sind Mae Mobley und ich praktisch von morgens bis abends zusammen. Sie wird nun langsam zu schwer, um sie die ganze Zeit rumzutragen, oder vielleicht werd ich auch zu dick. Dafür versuch ich, sie immer mal ordentlich zu drücken.
»Du sollst mir meine Geheimgeschichte erzählen«, flüstert sie und strahlt übers ganze Gesicht. Sie will jetzt immer ihre Geheimgeschichte, sowie ich am Morgen ins Haus komm. Die Geheimgeschichten sind die, die ich mir ausdenk.
Aber da kommt Miss Leefolt rein, ihre Handtasche am Arm und ausgehfertig. »Mae Mobley, ich gehe jetzt. Gib Mama einen Kuss.«
Aber Mae Mobley rührt sich nicht.
Miss Leefolt steht da, die Hand in der Hüfte, und wartet auf ihren Kuss. »Mach’s, Mae Mobley«, flüster ich. Ich geb ihr einen kleinen Schubs, und sie geht hin und umarmt ihre Mama, mehr so verzweifelt, aber Miss Leefolt sucht schon in ihrer Tasche nach den Wagenschlüsseln und dreht sich weg.
Mae Mobley scheint’s aber nimmer so viel auszumachen wie früher, und das ist es, was ich kaum mit angucken kann.
»Komm, Aibee«, sagt Mae Mobley, wie ihre Mama weg ist. »Erzähl mir meine Geheimgeschichte.«
Wir gehen in ihr Zimmer, wo wir dafür am liebsten sitzen. Ich lass mich auf den großen Stuhl nieder, und sie klettert auf mich drauf und lacht, hüpft bisschen auf meinem Schoß. »Erzähl mir von dem braunen Einwickelpapier. Und von dem Geschenk. « Sie ist ganz zapplig vor Aufregung. Sie muss erst noch mal von mir runterklettern und bisschen rumzappeln, um’s loszuwerden. Dann klettert sie wieder auf meinen Schoß.
Das ist ihre Lieblingsgeschichte, denn wenn ich die erzähl, kriegt sie zwei Geschenke. Ich nehm das braune Papier von meiner Piggly-Wiggly-Einkaufstüte und pack was Kleines drin ein, ein Bonbon oder so. Dann nehm ich das weiße Papier von meiner Cole’s-Drugstore-Tüte und pack da drin was genau Gleiches ein. Sie nimmt’s immer ganz ernst, das Auswickeln, und lässt sich von mir die Geschichte erzählen, die da drum geht, dass es nicht auf die Verpackung ankommt, sondern auf das, was drin ist.
»Heut erzähl ich dir eine andre Geschichte«, sag ich, aber zuerst bin ich still und horch, ob Miss Leefolt nicht noch mal zurückkommt, weil sie irgendwas vergessen hat. Die Luft ist rein.
»Heut erzähl ich dir von einem Mann aus dem Weltall.« Sie liebt Geschichten über Leute aus dem Weltall. Ihre Lieblingssendung im Fernsehen ist Der Onkel vom Mars. Ich hol die Antennenhüte raus, die ich gestern Abend aus Alufolie gebastelt hab, und setz sie uns auf.
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