Gute liegt so nah...
Sam mit sanfter Stimme.
„Dad! Dad! Ist alles in Ordnung?“ Danny riss die Beifahrertür auf, und Sam stieg aus.
„Mir geht’s gut. Nur eine Prellung.“
„Oh Dad …“ Danny umarmte seinen Vater vorsichtig und verzog das Gesicht bei dem Versuch, nicht zu weinen. Ich legte die Stirn aufs Lenkrad, und heiße Tränen stiegen mir in die Augen.
„Tante Millie, wie schlimm ist es?“, wollte Danny wissen. Ich wischte mir die Augen und stieg ebenfalls aus, blieb aber beim Wagen stehen.
„Es wird schon wieder“, erklärte ich, und zum ersten Mal an diesem Abend hörte ich mich ganz normal an. „Er hat einen Schlag mit einem Kreuzschlüssel auf die Schulter bekommen. Das kann er dir alles selbst erzählen. Ruf mich an, falls du irgendetwas brauchst. Fürs Erste bring ihn einfach ins Haus, gib ihm vier Motrin und leg einen Eisbeutel auf seine Schulter.“
„Komm, Dad“, sagte Danny. Sam warf mir noch einen Blick zu, dann ließ er sich von seinem Sohn ins Haus führen.
31. KAPITEL
M illie, es tut mir wirklich leid, ich habe keine Ahnung, was da in mich gefahren ist. Ich wollte dich nicht küssen, und ich werde es ganz bestimmt nie wieder tun.“
„Millie, das war ein Riesenfehler. Können wir nicht einfach vergessen, was da passiert ist?“
„Millie, es tut mir schrecklich leid. Verzeih mir.“
Das alles sagte ich am nächsten Tag laut zum Badezimmerspiegel, um mich zu wappnen.
Wie war es möglich, dass mein Leben sich so rasant von einem idiotischen Zustand in einen schrecklichen verwandelt hatte? Der Mann, den ich liebte, hatte mich geküsst, nur war das nicht gut, wenn er sich deswegen schlecht fühlte und ständig entschuldigte. Jetzt musste ich so tun, als mache es mir überhaupt nichts aus, als stünde ich darüber, weil Sam doch schließlich nur der Vater meines Neffen war. Wir würden keine Freunde mehr sein, stattdessen würde ewig Verlegenheit zwischen uns herrschen, und ich würde ihn für den Rest meines Lebens vermissen.
„So ein Mist“, flüsterte ich und drückte die Stirn gegen das kühle Spiegelglas. Dann wanderte ich leise vor mich hinfluchend durch mein Haus. Wieder und wieder sah ich Sams Leidensmiene vor mir. Wie oft genau hatte er sich entschuldigt? Mindestens sechs Mal, soweit ich mich erinnerte. Er bereute, was er getan hatte. Und ich auch.
Oh, der Kuss war wunderbar gewesen. Genau da lag ja das Problem. Es war der beste Kuss meines Lebens, von dem Mann, den ich von ganzem Herzen liebte. Und er bereute, dass es passiert war.
Um neun klingelte das Telefon. Ich stand nervös neben dem Anrufbeantworter und wartete.
„Hallo, hier ist Millies Anschluss. Hinterlasst eine Nachricht, ich rufe so bald wie möglich zurück.“
Meine fröhliche Stimme kam mir dämlich vor. Kein Wunder, dass Sam den Kuss bedauerte. Es folgte der Piepton.
„Hier ist Sam. Geh ans Telefon.“
„Nein“, sagte ich zum Anrufbeantworter. Sam seufzte, als könne er mich hören.
„Millie, bitte ruf mich an. Ich bin den ganzen Tag zu Hause, nur um zwei muss ich zu Dr. Reardon. Gegen drei müsste ich wieder da sein. Ruf mich an.“
Zehn Minuten später klingelte das Telefon erneut.
„Hallo, hier ist Millies Anschluss. Hinterlasst eine Nachricht, ich rufe so bald wie möglich zurück.“
„Ich bin’s, Danny …“
Ich schnappte mir das Telefon. „Hallo, Kleiner, wie geht es deinem Dad?“
„Ganz gut. Allerdings bezweifle ich, dass er letzte Nacht viel geschlafen hat.“
„Aha.“ Das wunderte mich nicht. „Was macht seine Schulter?“
„Er meint, sie tut weh, sei aber ansonsten in Ordnung. Willst du mit ihm sprechen?“
„Nein!“, antwortete ich hastig. „Das ist wohl nicht nötig“, fügte ich ruhiger hinzu. „Ich bin auf dem Sprung. Berichte mir, was Dr. Reardon sagt, ja?“
„Mach ich. Bis dann.“
Gegen vier rief Sam noch einmal an. „Ich bin’s noch mal, Sam. Hör zu, wir müssen unbedingt miteinander reden. Bitte ruf mich an.“
Ich rief ihn nicht an, weil ich es nicht ertragen hätte, dass er mir auseinandersetzte, was für einen Fehler er gemacht hatte, wie leid es ihm tue und wie gut es wäre, wenn wir das alles vergäßen. Blablabla. Ich wollte mit niemandem reden, weder mit Katie noch mit Mitch oder Curtis. Diese unerfüllte Liebe war eine Sache, aber es war etwas völlig anderes, den Leuten eine deutliche Zurückweisung zu beichten.
Danny rief später noch einmal an, um mir vom Arztbesuch zu berichten, der meine Diagnose Knochenprellung bestätigte. Sam hatte
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