Gute liegt so nah...
bekam. Ich nahm nichts mehr wahr außer Sam, seinen Kuss, seine Wärme, die Kraft, die er ausstrahlte, als er mich fester an sich drückte.
„Heiliger Bimbam!“
Ich sprang wie vom Blitz getroffen zurück und stieß dabei versehentlich gegen Sams Schulter. Er verzog vor Schmerz das Gesicht, Ethel vor Erstaunen, ich vor Verlegenheit.
„Meine Güte, tut mir leid! Shit, ich verschwinde wieder. Sam, mach dir keine Sorgen. Nicht, dass es so aussieht, als würdest du dir welche machen. Ich habe den Bericht durchgegeben. Die Kollegen aus Wellfleet haben die Kids in der Nähe des Moby’s aufgegriffen. Der Lieutenant meint, du sollst nach Hause fahren, er ruft dich morgen an. So wie’s aussieht, muss ich dich nicht fahren. Sorry, Leute.“ Ethel hustete noch einmal herzhaft, dann verschwand sie. Wir hörten, wie der Streifenwagen draußen mit quietschenden Reifen vom Parkplatz fuhr.
Danach waren nur noch wir zwei da – Sam und ich. Sein Gesicht sprach Bände. „Millie …“
Ich hielt mir die Hand vor den Mund, versuchte etwas zu sagen, konnte es nicht.
„Oh Millie, verzeih mir.“ Er atmete schwer. „Sag doch etwas, bitte.“
Aber was sollte ich sagen? Ich war sprachlos, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben.
„Das war nicht geplant“, beteuerte er. „Es tut mir leid. Das hätte ich nicht tun dürfen.“ Er stand von der Untersuchungsliege auf und kam zu mir.
„Wir … wir sollten gehen. Oder? Komm, gehen wir“, plapperte ich. „Bleib da sitzen, bis ich fertig bin. Es ist nämlich der letzte Abend, an dem die Klinik geöffnet hat, deshalb muss ich sicherstellen, dass hier alles erledigt und ausgeschaltet ist und so was.“
„Es tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht … bitte sag doch was.“ Er sah völlig zerknirscht aus.
„Na schön … packen wir einfach zusammen … und verschwinden wir, ja? Gut.“ Ich rannte buchstäblich in mein Büro und schloss die Tür hinter mir. Digger schnüffelte an meinen Händen, aber ich merkte es kaum.
Sam hatte mich geküsst.
Und er bereute es. Immer wieder hatte er das gesagt.
Meine Beine zitterten. Ich atmete mehrmals tief durch und schaute mich um. Tu, was du tun musst, um hier herauszukommen , befahl ich mir selbst. Roboterhaft schaltete ich den Computer aus, kritzelte die Worte „Angriff auf Polizisten, Knochenprellung, rechte Schulter, uneingeschränkte Beweglichkeit, keine Brüche“ auf die Krankenkarte und nahm meine Handtasche. Dann ging ich hinaus zum Röntgenbereich, wo ich an Sam vorbeirauschte und sicherstellte, dass seine Akte an den diensthabenden Radiologen im Cape Cod Hospital ging. Nachdem das erledigt war, riss ich das Rezeptblatt vom Block und überreichte es Sam, der ein Gesicht machte, als sei sein Hund gerade gestorben.
„Bitte sehr. Du hast doch einen Orthopäden, oder? Reardon? Hol dir einen Termin bei ihm. Ich werde ihm Bescheid geben, dass er sich die Verletzung ansehen soll. Danny kann das Rezept morgen in der Apotheke in Orleans einlösen, aber versuch es zuerst mit dem Motrin, sechs- bis achthundert Milligramm alle sechs Stunden. Schone den Arm und kühle ihn in den ersten achtundvierzig Stunden, halte ihn danach warm. Noch Fragen?“
Er sah mich nur an. „Nein.“
Wir gingen nach draußen, und ich schloss ab.
„Du hast deinen Hund vergessen“, erinnerte er mich mit leiser Stimme.
„Stimmt.“ Ich ging wieder hinein, holte Digger, entschuldigte mich und ließ das treue Tier auf den Rücksitz meines Wagens springen.
„Benötigst du Hilfe?“, fragte ich, als Sam die Beifahrertür mit der linken Hand öffnete.
„Nein, geht schon.“
Ich stieg ein, startete den Motor und vermied es, Sam anzusehen. Nach einer Weile unternahm er einen neuen Versuch.
„Können wir nicht bitte darüber sprechen, was vorhin passiert ist?“
Ich atmete tief durch, doch statt beruhigend zu wirken, hörte es sich fast wie ein Schluchzen an. „Nicht jetzt, ja?“
Sam betrachtete mich eine weitere lange Minute. „Einverstanden, aber es …“
„Hör bitte auf, dich zu entschuldigen. Vergiss es einfach.“
„Ich finde, wir sollten darüber reden.“
„Aber nicht jetzt, verdammt!“ Digger, der meine Aufgewühltheit spürte, steckte den Kopf zwischen den Sitzen hindurch und leckte mein Ohr.
Sam sagte nichts mehr, bis wir in seine Auffahrt einbogen. Danny, der offenbar von Ethel informiert worden war, kam aus dem Haus gelaufen.
„Sieh mal“, bemerkte ich. „Da ist Danny. Dein Sohn. Mein Neffe.“
„Ach Millie“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher