Gute liegt so nah...
der Tatsache, dass sie den großartigsten Mann auf Cape Cod betrogen hatte.
„Hallo, ich bin Carol.“
Ich drehte mich um, froh über die Ablenkung. Die blonde Fremde war mir vorhin schon aufgefallen.
„Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte ich. „Ich bin Millie, und ich bin dreißig Jahre alt.“
„Das habe ich schon mitbekommen. Herzlichen Glückwunsch.“
Sie hatte freundliche braune Augen und wirkte auf natürliche Weise schön, was durch ihre schlichte Leinenhose und pinkfarbene Seidenbluse nur noch unterstrichen wurde.
„Tja, kenne ich Sie?“, fragte ich rundheraus.
„Eigentlich bin ich eher Sams Gast. Aber das bedeutet nicht, dass ich kein Geschenk für Sie habe.“
„Ich wusste doch, dass wir Freunde werden würden“, scherzte ich. „Sams Gast? Kommen Sie aus der Gegend?“
„Nein.“ Sie trank einen Schluck von ihrem Corona. „Ich stamme aus Connecticut, aber meine Familie besitzt ein Haus hier, das ich in diesem Sommer bewohne.“
„Hört sich gut an. Wie haben Sie Sam kennengelernt?“
„Er hat mich wegen einer Geschwindigkeitsübertretung angehalten.“
Ich stutzte. „Und jetzt arbeiten Sie auf diese Weise Ihre Strafe ab? Legal ist das aber nicht, oder?“
Carol lachte. „Nein, ich musste meinen Strafzettel bezahlen. Aber er rief mich am nächsten Tag an, und wir unterhielten uns ein bisschen. Dann hat er mich gefragt, ob ich zu Ihrer Party kommen möchte.“
„Freut mich jedenfalls, dass Sie gekommen sind. Besonders da Sie mir ein Geschenk mitgebracht haben.“
Sam hatte sich also mit jemandem verabredet. Es hätte mich nicht so überraschen dürfen, nur war es eigenartig, mir Sam mit einer fremden Frau vorzustellen. Ihn in Gedanken mit Katie zu sehen, war etwas anderes, aber diese Carol …
In diesem Moment trat Joe zu uns. „Wie geht es meinem Geburtstagskind?“, erkundigte er sich und legte mir lässig den Arm um die Schultern.
„Sehr gut, nachdem ich den Schock überwunden habe. Joe, das ist übrigens Carol, eine Freundin von Sam.“
„Joe Carpenter“, stellte er sich vor und gab ihr die Hand. „Sag mal, Millie, ich wusste überhaupt nicht, dass Trish Nickerson deine Schwester ist.“
Ich sah ihn perplex an. „Das wusstest du nicht?“ Trishs Schwester zu sein hatte meine ersten achtzehn Lebensjahre maßgeblich geprägt, und nun konnte ich es nicht fassen, dass Joe nichts davon ahnte. Andererseits hatte sein Daseinszweck auch nicht darin bestanden, mein Leben auszupionieren, so wie ich es mit seinem getan hatte.
„Dann ist Sam dein Schwager?“, folgerte er ganz richtig.
„Nicht mehr“, wandte Carol ein.
„Stimmt. Na schön, ich habe Kohldampf. Bist du auch hungrig, Millie?“, fragte er gut gelaunt.
„Und wie“, antwortete ich.
„Dann mache ich dir einen Teller fertig. Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Carol.“
„Toller Typ“, bemerkte Carol, während wir seinem knackigen Po auf dem Weg in die Küche hinterhersahen.
„Absolut.“
„Er sieht auch klasse aus.“
„Allerdings.“ Wir tauschten einen wissenden Blick unter Frau en.
Die Party verlief wie die meisten Partys. Meine Gäste schlenderten umher, bewunderten die spektakuläre Aussicht von Sams Veranda, aßen und quatschten. Ich führte ein langes, interessantes Gespräch mit Janette über ihre Praxis und die Klinik in der Innenstadt, in der sie ehrenamtlichen Dienst machte, und wir verabredeten ein Treffen in Boston. Danny beschwerte sich, weil ich noch keines seiner Softballspiele besucht hatte, ein Versäumnis, das ich rasch wiedergutzumachen versprach. Meine Mom lief glücklich zwischen den Gästen herum und drängte alle, noch mehr zu essen, während mein Dad und Sam in der Küche die Köpfe zusammensteckten. Ich kam an Curtis und Mitch vorbei, die Händchen hielten und miteinander tuschelten.
„Habt ihr Mister Pink Pants gesehen?“, zischte ich.
„Was für eine unvorteilhafte Kleiderwahl“, bemerkte Mitch grinsend.
„Sie verstehen es, sich höflich auszudrücken, junger Mann“, neckte ich ihn. „Bitte entschuldigen Sie mich, ich muss, äh …“
„Die Nase pudern?“, half er mir.
„Genau. Klingt viel vornehmer als: ‚Ich muss mal meine Blase entleeren.‘ Vielen Dank.“ Ich ging nach oben, weil die Toilette unten besetzt war. Die oben im Flur war ebenfalls besetzt, deshalb ging ich ins Schlafzimmer.
Beim Durchqueren des Zimmers verlangsamte ich meine Schritte. Trishs Schmuckkästchen waren verschwunden, ebenso die Parfumflaschen, die früher auf der
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