Gute Maedchen tuns im Bett, boese ueberall
jahrhundertealtes Genmaterial, sitzt die Scham, die Angst vor sich selbst und der Gesellschaft, in der man sich zwangsläufig anpassen muß, um zu überleben. Selbst meine Freundin sagte mir noch vor vier Jahren, sie hätte »sowas« nicht nötig.
Hätte sie aber gehabt, genauso wie Sie und ich es nötig haben. Heute hat sie sich ein paar Liebeskugeln zugelegt und macht es sich regelmäßig mit dem Duschkopf, läßt den Wasserdruck den Rest für sich tun. Das Schlüsselwort ist »für sich«.
Einigen Frauen werden in gewissen Medien-Publikationen Aussagen in den Mund gelegt wie: Ich brauche es jeden Tag drei- bis viermal. Nur leider macht diese Vorstellung Männer an, und das ist nicht der eigentliche Sinn der Selbstbefriedigung. Selbstbefriedigung hat einen gewissen schizophrenen Touch, aber den hatte Faust auch schon. Frauen entwickeln dabei auf jeden Fall mehr Phantasie - ohne die geht es jedenfalls nicht so gut. Und dabei sind sie Ausführende und Hinnehmende in einer Person. Ihre Hand - mit oder ohne Spielzeug - wird zur Hand einer anderen Person, ihr Bett zum Schauplatz wilder Orgien, sie ist überall, nur nicht zu Hause.
Masturbation ist höchst befriedigend, manchmal ist der Orgasmus sogar intensiver als beim Sex mit dem Partner. Männer geben sich zeit ihres Lebens mit ihrem Gemächt ab, sie berühren es beim Urinieren, greifen sich unbewußt in den Schritt, um die Juwelen wieder zu ordnen, und schauen sich in der Sauna gegenseitig diskret-neugierig auf das beste Stück, zwecks Länge- und Dicke-Vergleich. Den meisten weiblichen Babys wird sanft, aber bestimmt die Hand weggezogen, die sich zwischen die kleinen Beinchen gestohlen hat. Der lieben Oma gibt das kleine Mädchen nur die gute rechte Hand; erwischt sie einen beim Gute-Nacht-Kuß mit der linken unter der Bettdecke, heißt es gleich: »Das da unten ist bäh und dreckig, da kommt das Pipi raus, das darfst du nicht anfassen« oder so ähnlich. Aber dieses Gefühl da unten ist manchmal so gut, und dann nimmt das kleine Mädchen vielleicht ein Kissen zwischen die Beine und weiß doch gar nicht, warum.
Masturbation ist gleichbedeutend mit der bewußten Akzeptanz der eigenen Sexualität, dem Bedürfnis nach Befriedigung und nach voller Auslebung des Triebs. Davor hat man Angst: Angst, alle Hemmungen abzulegen und sich darin zu verlieren, abhängig vom körperlichen Verlangen zu werden, Angst vor den eigenen Untiefen und Phantasien, die oft mit einem Hauch Gewalt begleitet werden und uns abschrecken. Die Frage »Bin ich jetzt pervers, wenn ich mir so etwas wünsche, wenn ich das tue, weil ich es getan habe?« taucht immer wieder auf, sobald man sich traut, über sich nachzudenken.
Trotz der Tatsache, daß unsere Reizschwelle aufgrund der totalen Reizüberflutung durch Medien und Publikationen aller Art ein sehr hohes Level besitzt - daß also erst eine ganze Menge passieren muß, bevor wir diese verbotene Erregung in uns spüren -, ist keine tatsächliche Diskussion entstanden. Natürlich wird ab und an in Zeitschriften und Fernsehsendungen wie Cosmopolitan, »liebe sünde « oder auch » Peep !« das Wie angesprochen, sehr selten auch das Warum. Aber diese Diskussionen wirken auf die breite Öffentlichkeit immer noch wie Exoten im Gänseblümchengarten. Es gibt auf dieser Welt drei Themen, die so vorsichtig wie eine Tretmine behandelt werden: Religion, Rassismus und Masturbation. Und dummerweise hängen sie alle miteinander zusammen: Aus Religionsgründen wird kleinen Mädchen in Teilen Afrikas und den arabischen Ländern die Klitoris abgeschnitten, aus Religionsgründen wurden die Naturvölker missioniert und schließlich allen Farbigen gleichermaßen die reine, weiße Keuschheit aberkannt.
Rassismus passiert dort, wo die Karriere einer weißen Schauspielerin an dem Tag zu Ende geht, an dem sie mit einem Schwarzen vor den Traualtar tritt, Rassismus tritt dann ein, wenn ein Vater seiner Tochter den Umgang mit Schwarzen verübelt, weil schon seine Kumpels berichteten, Schwarze könnten länger, hätten einen Größeren und sowieso violettes Sperma. Allein die Tatsache, daß Frauen sich beim Masturbieren vorstellen, sie würden mit einem Schwarzen schlafen, und das irgendwie verboten finden, ist ein Resultat des versteckten täglichen Rassismus.
Aber zurück zur Onanie. Sie entwickelt sich parallel zur eigenen Persönlichkeit, die Qualität des damit erreichten Orgasmus wächst proportional zur Auslebung der Sexualität. Vor der Defloration
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