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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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bisschen nach, bevor du sprichst!«, mischte sich seine Mutter ein.
    Er brauste auf.
    »Ich weiß, was ich rede.«
    Die Mutter sah Hans Peter an. Sie verzog das Gesicht.
    »Wenn viele Gäste ankommen … vielleicht auch Gäste aus dem Ausland«, sagte Hans Peter, »hat man unter anderem eine Zeit mit den Pässen zu tun. Dann muss man noch verschiedene Auskünfte erteilen und ihnen vielleicht ein Taxi rufen, sie finden ja nicht immer den Weg.«
    »So, so. Ja, ja.«
    »Nimm doch noch eine von den Rouladen, Hans Peter!«
    »Danke, Mama, gern. Es ist alles sehr lecker, du weißt wirklich, was mir schmeckt.«
    Sie lächelte kurz.
     
    Nach dem Essen half er ihr beim Abwasch. Sein Vater hatte sich vor den Fernsehapparat gesetzt, es lief irgendeine Sendung über Skilaufen.
    »Er ist so reizbar und mürrisch geworden«, murmelte seine Mutter und spülte einen Teller ab.
    »Tatsächlich?«
    »Nichts ist ihm gut genug. Dabei gebe ich mir alle Mühe.«
    »Ist er denn auch gesund?«
    »Gesund? Ja, ich denke schon. Jedenfalls habe ich nichts Besonderes bemerkt.«
    »Und du, Mama?«
    »Was meinst du?«
    »Bist du gesund?«
    »Natürlich bin ich gesund, fit wie ein Turnschuh. Auch wenn man sich fragen kann, wieso eigentlich Turnschuhe besonders fit sein sollen. Aber das sagt man eben so. Nun ja, manchmal wird mir ein wenig schwindlig, aber das ist wohl normal in meinem Alter.«
    Sie ging zum Schrank und holte eine Kaffeedose heraus.
    »Ich habe eine Torte für ihn gebacken, so eine mit Schokolade, die er so gern mag.«
    »Du verwöhnst ihn.«
    Plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht und brach in Tränen aus.
    »Aber Mama, was ist denn los?«
    Er versuchte, sie in den Arm zu nehmen, aber sie entzog sich seiner Umarmung.
    »Mama … Ist es wegen Margareta?«
    »Ja«, schluchzte sie.
    So war es immer. An Geburtstagen und Feiertagen wurden die Erinnerungen stärker. Sie redete die ganze Zeit drumherum, aber es war da, und auf einmal brach es hervor.
    Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Seine Mutter stand vor ihm, zur Schranktür gewandt.
    »Soll ich den Kaffee kochen?«, fragte er.
    Da schüttelte sie sich ein wenig und drehte den Hahn auf.
     
    Er war ungeduldig, trank seinen Kaffee und nahm zwei Stücke Torte. Wie immer, wenn er seine Eltern besuchte, stopfte er viel zu viel in sich hinein.
    »Hätten wir nicht zum Kaffee noch etwas anderes haben sollen?«, murrte sein Vater.
    »Aber Kjell, das haben wir doch, ich habe doch eine Torte gemacht.«
    »Ich meine etwas anderes als Torte. Etwas, das ein wenig stärker ist.«
    Er lächelte Hans Peter schelmisch zu.
    »Oder was meinst du, Hans Peter? Aber vielleicht musst du heute Abend ja noch arbeiten?«
    »Ja, muss ich«, sagte er schnell. »Aber ein kleines Glas kann ich mir sicher trotzdem genehmigen.«
    Sein Vater verwahrte die Spirituosen in einem alten Schrank mit Bauernmalereien auf den Türen und Schrankwänden auf, den er einmal bei einer Auktion ersteigert hatte. Daraus holte er jetzt eine Flasche Whisky heraus. Er trug seine alte, graue Strickjacke mit Lederaufsätzen an den Ellbogen. Wie lange hatte er diese Jacke schon, sein ganzes Leben lang?
    »Ich möchte nichts«, sagte seine Mutter.
    »Möchtest du lieber etwas anderes? Einen Sherry?«
    »Nein, danke.«
    »Wo stehen denn die Gläser?«
    »Sie stehen da, wo sie immer gestanden haben.«
    Hans Peter stand auf.
    »Ich hole sie, ich weiß, wo sie sind.«
    Er wollte fort, er war von einem ihm bisher unbekannten Gefühl erfüllt, es ähnelte gespannter Erwartung, Sehnsucht. Die Luft zu Hause erstickte ihn, es fiel ihm schwer, auf dem Sofa des Wohnzimmers stillzusitzen.
    Nach einem halben Glas Whisky wurde sein Vater redselig. Er begann, sich über die überhöhten Abfindungen für Manager auszulassen, das war sein Steckenpferd.
    »In den Zeitungen liest man von Spitzenmanagern, die gefeuert werden, weil sie ihre Arbeit nicht gut machen. Aber das Eigenartige ist, dass sie nicht nur gefeuert werden, sondern auch noch eine saftige Belohnung dafür bekommen, Millionen Kronen für den Rest ihres Lebens, das ist doch nicht normal, ich habe meine Arbeit in all den Jahren ordentlich gemacht, und mein Rücken ist dabei kaputtgegangen, gerade weil ich meine Arbeit ordentlich gemacht habe, deshalb bekomme ich verdammt noch mal noch lange keine Millionen. Wie viel ist der Rücken eines Arbeiters wert? Nicht einen Pfennig. Aber diese Spitzenmanager, die sitzen in ihren feinen Sesseln und fahren in ihren feinen Luxusdienstkarossen

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