Gute Nacht, mein Geliebter
zu Ben.
Justine zog sich Shorts und ein trockenes Hemd an. Es war nicht kalt. Das Gewitter wurde heftiger, wütete in der Ferne und gleichzeitig direkt über ihnen. Der Regen donnerte jetzt herab und ließ die Erde noch matschiger werden.
»Sie hätten gar nicht zu einem Wasserfall gehen brauchen«, meinte Stephan. »Hier ist genauso viel Wasser.«
»Dass sie gar nicht Bescheid gesagt haben!«, murmelte Justine.
»Doch, das haben sie schon. Aber wir hatten für heute die Nase voll vom Klettern. Wir wollten nicht mitkommen.«
»Ich lag da unten auf dem Baumstamm.«
»Sie dachten bestimmt, du schläfst.«
Sie entdeckte Nathans Rucksack und stellte ihn neben ihren eigenen. Es brodelte und rauschte im Wald, die Blitze krachten. Katrin duckte sich zwischen ihnen.
»Es sieht dramatisch aus«, sagte Heinrich. »Man spürt wirklich, wie klein der Mensch doch ist.«
»Hauptsache, es schlägt kein Blitz ein«, sagte Katrin.
»Er schlägt doch andauernd ein. Man sieht hier doch ständig Bäume, die gespalten worden sind.«
»Ja, aber ich meine hier, bei uns!«
»Schlimmer ist es wohl für die da draußen.«
»Was ist, wenn sie nicht zurückfinden?«
»Sie haben doch einen der Orang Asli-Typen dabei, den mit der Narbe, ich weiß nicht, wie er heißt. Er sollte nun wirklich den Weg finden. Wer im Dschungel lebt, hat bestimmt eine Art inneres Radarsystem, oder was meinst du, Justine?«
Sie antwortete nicht. Die Dämmerung begann, sich herabzusenken, die Geräusche des Dschungels wurden lauter. Ein schrilles Geräusch wie von einem Sägeblatt irgendwo ganz in ihrer Nähe.
»Was zum Teufel ist denn das?«, fragte Heinrich.
Stephan schaute auf.
»Ich glaube, es ist ein Insekt.«
»Das muss dann aber ein verdammt großes Insekt sein.«
»Es kann auch ein Frosch sein. Auf jeden Fall ist es ein Nachttier.«
»Sollen wir bei dem Lärm etwa schlafen?«, sagte Katrin.
»Vielleicht hört es bald auf, das steht jedenfalls zu hoffen.«
Da sahen sie in einiger Entfernung den flackernden Schein einer Taschenlampe zwischen den Bäumen.
»Gott sei Dank, da kommen sie ja!«, rief Katrin.
Das Gewitter war widerwillig dabei, sich zu verziehen, aber es regnete immer noch. Nathan schaute unter der Plastikplane herein. Er griff nach Justines Fuß.
»So ist das also, ihr sitzt hier und habt es euch gemütlich gemacht.«
Sie konnte seinem Blick nicht begegnen.
»Da hättet ihr vielleicht einen Wasserfall sehen können, es war Spitze!«
»Du hättest ja Bescheid sagen können«, sagte sie lahm.
»Plötzlich wart ihr verschwunden.«
»Ja, aber du warst doch so müde. Du hättest es sowieso nicht geschafft. Es war fast unmöglich, hinzukommen.«
»Du hättest auf jeden Fall etwas sagen können.«
Er kroch zu ihnen herein, seine Stirn war breit und nass. Er betrachtete die Rucksäcke.
»Wir müssen hier eine Plastikunterlage ausbreiten, das kapiert ihr doch wohl. Zum Teufel, wir können doch nicht direkt im Matsch schlafen.«
Er brachte ihr das Abendessen, heißen Tee in einer Plastiktasse, Fisch und Reis.
»Ist ja nicht nötig, dass du dir deine trockenen Kleider nass machst.«
»Danke«, flüsterte sie.
Und nach einer Pause:
»Hört es denn gar nicht mehr auf zu regnen?«
»Um diese Jahreszeit regnet es nachts fast immer.«
Sie rollte ihre Schlafsäcke aus, bereitete ihnen ein Nachtlager, machte es ihnen so nett wie möglich. Der Regen hatte etwas nachgelassen.
Einer der Männer ging mit einer Tüte um das Lager herum und verstreute ein Pulver. Es leuchtete schwach und gelblich weiß.
»Snake powder«, grinste er.
Innerhalb des Kreises lag die geschützte Zone.
Sie hatten gegessen. Sie waren satt. Die feuerroten Plastikteller standen in einem Stapel draußen im Regen. Martina hatte sich eine Stirnlampe angezogen und fingerte an ihrer Kamera herum. Nathan nahm sie ihr ab. Er hielt die Kamera ans Auge und fotografierte Martina, wie sie dort saß. Der Blitz erleuchtete ihr Gesicht.
»Der Fotograf kommt selber nie mit aufs Bild«, sagte er.
»Mein Freund war Pressefotograf.«
»War?«
»Ja, war.«
»Sollten wir uns nicht waschen?«, fragte Katrin. »Und die Zähne putzen und so.«
»Wir haben geduscht«, sagte Martina. »Im Wasserfall. Es war unglaublich schön. Das Wasser war ganz weich und warm, kristallklar.«
Justine zog sich ihr Regencape über und steckte ihre Füße in die nassen Turnschuhe.
»Wohin willst du?«, fragte Nathan.
»In die Büsche«, antwortete sie kurz.
»Nimm dich vor den
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