Guter Sex Ohne Stress
»gelegentlich« und »sexuell«. Johannes hat aber schon seit geraumer Zeit einen ordentlichen Hänger und das nicht nur in Sachen Sex. Rita beschreibt, dass ihr Mann früher ein »ganzer Kerl« war, während er heute vom vielen Ackern so kaputt ist, dass er selbst im Urlaub nur rumhängt. Aus dem einstigen Spaßmacher wurde eine dünnhäutige Mimose. Und das Feuer der Liebe brannte runter – Johannes’ Kraftreserven offensichtlich auch. »Das klingt mir verdammt nach einem Burn-out-Syndrom.« Johannes’ Augenbrauen heben sich vor Erstaunen und er bittet mich: »Das müssen Sie mir mal erklären.«
Burn-out ist in aller Munde und bei weitem kein Phänomen der Neuzeit. In den 70ern verwendete der New Yorker Psychoanalytiker Freudenberger erstmals den Begriff, als er sein eigenes »Ausgebranntsein« vom anspruchsvollen Job beschrieb. Später griffen Therapeuten und vor allem die Medien die Bezeichnung immer häufiger auf. Heute rangiert Burn-out als geflügeltes Wort ganz oben bei den Top-Themen der modernen Leistungswelt. Dabei handelt es sich nicht wirklich um eine eigenständige Erkrankung, sondern der Begriff beschreibt vielmehr die Problementstehung. Streng genommen, verstecken sich hinter dem Deckmäntelchen Burn-out nichts anderes als die altbekannten Symptome einer chronischen Erschöpfung, Depression oder Angsterkrankung. Seine Popularität verdankt der Begriff sicherlich der Tatsache, dass sich auch immer mehr starke Frauen und Männer zu psychischen Problemen bekennen können, ohne als schwach stigmatisiert zu werden. Denn die Bezeichnung Burn-out legt nahe: Wer ausgebrannt ist, muss vorher für seine Sache Feuer und Flamme gewesen sein – einer, der was im Leben bewegt hat. Aus Sicht der Therapeuten trifft das Prinzip »Brennen kommt vor Ausbrennen« nicht auf jeden zu. Fakt ist aber: Burn-out-Betroffene sind heillos überfordert, weil ihr Leben irgendwann aus dem Takt geriet.
Wir leben in einer Tempogesellschaft, hasten atemlos durch unser Leben. Erfolg heißt scheinbar beschleunigen. Da wird »work« als ein toller Teil von »life« propagiert und Arbeitsbelastung als Eustress (positiver Stress) verbrämt. Nur: Dieses Leben macht auf Dauer krank. Schon jetzt sind 70 Prozent aller Erkrankungen auch stressbedingt. Das wissen mittlerweile auch viele Unternehmen und wollen etwas für ihre Mitarbeiter tun. Sie starten Burn-out-Kampagnen, bleiben dabei aber meist auf dem Niveau von Rückenschulen und Yoga-Kursen. Es wäre jedoch ungerecht, allein den Chefs den Schwarzen Peter zuzuschieben. Arbeit ist gleich Leistung mal Zeit – ein unverrückbares naturwissenschaftliches Gesetz. Leistungsgrenze und Zeitlimit definieren alle Menschen einer Gesellschaft. Und dort liegt nicht nur die kollektive, sondern auch die Verantwortung jedes Einzelnen in seiner Umgebung, gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen zu unterstützen.
Weil die obersten Stufen der Karriereleiter magisch locken, würden laut einer weltweiten Umfrage 43 Prozent der Arbeitnehmer mehr arbeiten und 26 Prozent von ihnen würden mit Mann und Maus an einen anderen Ort ziehen. Was nicht perfekt ist, wird perfekt gemacht. Man will doch nicht auf der Stelle treten! So weit zu »work«. Nun zu »life«. Was passiert, wenn das Bedürfnis nach Perfektion bis in die kleinste Ritze des Privaten kriecht: mein Haus, mein Auto, meine Kinder, mein Partner, mein Sex – alles durchgestylt. Dann tritt man zwar nicht auf der Stelle, aber im Hamsterrad. Im schlechtesten Fall bekommt man es gar nicht mit, dass die eigene Energie bereits auf Reserve läuft. Moderne Leistungsmenschen beschwören oft die Freude, ihre Leistungsgrenzen auszutesten und stückweise nach oben zu verschieben. Wenn die Freudenanzeige dann allerdings immer häufiger auf Halbmast hängt und sich trotz »schieben« nicht mehr zurechtrücken lässt, dann wundern sie sich und können es kaum fassen, dass ihr Körper sich nicht so freut wie sie.
Wer den biochemischen Mechanismus der Burn-out-Krankheit verstehen möchte, richtet am besten den Blick in die Zeit unserer Urahnen, als die zwei Gegenspieler des unwillkürlichen Nervensystems – Sympathikus und Parasympathikus – den simplen Lebensrhythmus regelten. Dabei versetzte der Sympathikus den Körper des Urmenschen beim Jagen des Mammuts in Kampfbereitschaft, während die Wirkung des Parasympathikus beim wohlverdienten Ausruhen in der Höhle zum Zuge kam.
Heutzutage geht der Mensch zwar auf Arbeit, statt Mammuts zu jagen und kann
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