Gwydion 01 - Der Weg nach Camelot
bessere Idee hatte, und schwieg. Nachdem auch Rowan die Hände auf den Rücken gebunden waren, machten sie sich auf den Weg.
„Wenn wir am Tor sind, überlasst Ihr mir das Reden, Sir Kay.“
Sir Urfins Rechnung schien aufzugehen. Die meisten Sachsen würdigten sie keines Blickes, sondern fuhren mit ihrem Zechgelage fort. Gwyn lief der Angstschweiß in Strömen den Rücken hinunter, und auch Rowan schien sich alles andere als wohl zu fühlen.
Als sie das Burgtor erreichten, stellte sich ihnen ein Hüne von Kerl in den Weg, der wie ein nasser Hund roch. Er mochte einen halben Kopf größer als Sir Kay sein. Das struppige rote Haar war an den Schläfen zu zwei fettigen Zöpfen geflochten, im Bart hingen noch die Reste der letzten Mahlzeit. Er hob seinen linken, narbenübersäten Arm, während die rechte Hand den Griff eines Schwertes umfasste, und bellte etwas, was wie eine Frage klang.
Gwyn war überrascht, als Sir Urfin in derselben Sprache antwortete. Es musste etwas ungeheuer Lustiges sein, denn die Torwache brach in ein gurgelndes Lachen aus. Als Gwyn an dem Mann vorbeigezerrt wurde, erhielt er von ihm einen solchen Tritt in den Hintern, dass er in hohem Bogen durch die Luft segelte.
Sir Urfin antwortete mit einem höhnischen Lachen und trat nun ebenfalls zu. Dann hob er Gwyn wieder auf die Beine.
Als sie die Wache hinter sich gelassen hatten, machte Gwyn seinem Ärger Luft. „Das war nicht nötig gewesen“, zischte er Sir Urfin an.
„Wenn du nicht still bist, werde ich dir noch einen Tritt verpassen“, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Das war soeben der einfache Teil unseres Planes. Die Schwierigkeiten fangen jetzt erst an.“
Während die Mauern bereits standen und mit Wachen besetzt waren, bot sich ihnen im Inneren der Burg das Bild eines chaotischen Bauplatzes. Von den drei Türmen schien nur der mittlere fertig gestellt zu sein. West- und Ostturm waren noch eingerüstet, wobei der runde Ostturm noch nicht einmal drei Viertel der vorgesehenen Höhe erreicht hatte.
„Wenn Mordred tatsächlich sein eigenes Camelot bauen will, ist vermutlich auch das Verlies an derselben Stelle“, sagte Sir Kay und versetzte Gwyn und Rowan einen Stoß. „Vorwärts mit euch beiden, ihr kennt ja den Weg.“
Als Sir Urfin mit der Faust gegen die schwere Eichentür schlug, öffnete sich eine Klappe und ein mürrisches Gesicht erschien.
Zwischen Sir Urfin und der Wache entspann sich ein heftiger Disput. Gwyns Herr wirkte auf einmal wie ausgetauscht. Er kannte ihn nur als liebenswerten älteren Mann, der den Knappen stets voller Verständnis und Einfühlungsvermögen entgegengetreten war. Die Autorität, die jetzt von ihm ausging, war so einschüchternd, dass Gwyn froh war, Sir Urfin bisher nur bei bester Laune erlebt zu haben.
Schließlich wurde der Riegel beiseite geschoben und sie betraten das Gewölbe. Gwyn fühlte sich äußerst unbehaglich, als er fünf Kriegern gegenüberstand, die sie mit unverhohlener Feindseligkeit anstarrten. Und auch Sir Kay schien sichtlich nervös zu werden.
Irgendetwas stimmte nicht.
Sir Urfin flüsterte etwas, was wie ein Fluch klang, und drehte sich um. Er wollte Gwyn und Rowan wieder hinausführen.
Doch die Tür war versperrt.
„Eine Falle!“, rief Sir Kay. Doch bevor er seine Hand am Schwertgriff hatte, zielte auch schon eine Lanzenspitze auf seinen Hals.
Eine Gestalt trat aus dem Schatten. Und bei ihrem Anblick stockte Gwyn der Atem.
Im ersten Moment glaubte er, eine jüngere Ausgabe Arturs vor sich zu haben, jedoch hatte der Mann im Gegensatz zum König volles schwarzes Haar, das nur teilweise eine lange, hässliche Narbe verdeckte, die sich quer über die Stirn bis zum rechten Auge zog und feuerrot leuchtete.
Seine Vision! Es war der zweite Mann, der von derselben Lanze wie Artur durchstoßen war. Mordred, Arturs Sohn.
Mordred sah nicht aus wie jemand, der sich ganz in Schwarz gekleidet dem Größenwahn hingab, im Gegenteil. Seine Gesichtszüge waren offen und freundlich, der Blick wach und intelligent. Das ganze Wesen wirkte so Vertrauen erweckend wie das von Sir Urfin.
„Kay, lieber Freund!“, sagte Mordred und breitete die Arme aus.
Das Gesicht von Camelots Hofmeister war weiß vor Hass. Voller Verachtung spukte er Mordred ins Gesicht und wurde dafür von einer Wache niedergeschlagen.
Mordred wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen“, sagte er jetzt eine Spur kühler. Er gab der Wache ein
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