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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Sie waren froh, als sie am Morgen schließlich ihre Reise fortsetzen konnten. Mit aller Kraft schoben sie das Boot ins Wasser. Rowan warf noch einen letzten Blick über die Schulter, als er einen hässlichen Fluch ausstieß.
    „Kein Wunder, dass wir in dieser Nacht kein Auge zugetan haben“, zischte er und spuckte aus.
    Nun drehte sich auch Gwyn um und sah nicht weit entfernt die Ruine einer Burg, deren Umrisse Gwyn trotz des eingestürzten Turmes sofort erkannte.
    „Tintagel, das dunkle Camelot“, presste Rowan zwischen den Zähnen hervor. „Mordreds kläglicher Versuch, seinem Vater nachzueifern.“ Er sprang ins Boot und reichte Gwyn die Hand. „Möge Arturs Sohn eines Tages ein genauso klägliches Ende wie diese Festung nehmen!“
    Gwyn erwiderte nichts auf diese Verwünschung. Er wusste, dass sie in Erfüllung gehen würde, denn er kannte das Ende derer, die den Drachen in ihrem Schild trugen. Was er nicht kannte, war das Schicksal all der anderen, die ihn in diese Schlacht begleiten würden. Der Traum hatte Gwyn gezeigt, dass das Morden nach dem Ende der Pendragons erst beginnen würde.
    Sie setzten sich auf die Bank, während Lancelot das Segel hisste. Der Anblick Tintagels sollte sie noch eine ganze Weile begleiten, als sie weiter nach Südwesten ruderten.
    Gwyn hätte niemals gedacht, dass er Merlin, der schon Arturs Großvater Vortigern als Berater gedient hatte, einmal vermissen würde. Auch wenn Merlin mittlerweile sehr gebrechlich gewesen war, hatte er noch immer eine Sicherheit ausgestrahlt, die Gwyn stets beruhigt hatte.
    Er fragte sich, wo sich der Greis nun aufhalten mochte. Artur musste wahrlich verrückt geworden sein, als er Merlin aus Camelot verjagte. Der Wahn der Macht hatte offensichtlich auch den Verstand des Königs von Britannien vergiftet.
    „Ich möchte, dass wir einen Zwischenhalt in Redruth einlegen“, sagte Gwyn. Der Tag war grau und trübe geblieben. Der Regen, der am Tag zuvor in dicken Tropfen vom Himmel gefallen war, hatte sich in einen feinen Nieselregen verwandelt. Es war fast unmöglich, sich vor der Feuchtigkeit zu schützen, die von unten heraufzukriechen schien.
    Lancelot nickte. „Wir werden ohnehin für die Nacht an Land gehen müssen“, sagte er. „Bei der Gelegenheit kann ich mich auch endlich einmal bei deinem Vater bedanken. Immerhin hat er mir damals das Leben gerettet.“
    Damals. Das klang, als läge es schon Jahre zurück, dass Gwyn den sterbenskranken, geistig verwirrten Ritter nach Redruth gebracht und Do Griflet ihn bei sich aufgenommen hatte. Dabei waren es gerade einmal einige Monate gewesen.
    Gwyn musterte das ausgemergelte Gesicht des alten Ritters. Die Zeit, dachte er, war eine Lüge, die manche Menschen um ein ganzes Leben betrügen konnte.
    „Do Griflet ist nicht mein Vater“, sagte Gwyn einsilbig.
    Lancelot zuckte die Schultern. „Er hat dich großgezogen, dich ernährt und gekleidet. Er saß an deinem Bett, wenn du krank warst und er hat dich jeden Morgen geweckt, damit du den neuen Tag begrüßen konntest. Also ist er dein Vater“, sagte er in einem Tonfall, als korrigierte er eine fehlerhaft gelöste Rechenaufgabe. „Welchen Hafen müssen wir anlaufen?“
    „Perranporth“, sagte Gwyn düster. „Ich werde Euch sagen, wenn er in Sicht kommt.“
    Am Nachmittag erreichten sie das, was einmal Perranporth gewesen war. Der Geruch von kalter Asche lag in der Luft. Wer immer diesen Ort heimgesucht hatte, war kalt und berechnend vorgegangen. Die Bewohner, die es nicht geschafft hatten, den Mörderbanden zu entkommen, lagen niedergestreckt im Straßengraben. Erleichtert stellten die Gefährten fest, dass zumindest auf den ersten Blick keine Kinder unter den Opfern zu sein schienen.
    „Vielleicht hat man die Familien als Arbeitssklaven verschleppt“, mutmaßte Gwyn. „Mordred wird jede Hand gebrauchen können, falls er tatsächlich solch ein gewaltiges Heer ausheben sollte.“
    „Er hinterlässt nichts als verbrannte Erde“, sagte Rowan. „Es wird Generationen dauern, bis sich das Land von dieser Barbarei erholt hat.“
    „Jedenfalls sollten wir vorsichtig sein“, sagte Lancelot, der einige Spuren untersuchte. „Ein Trupp von sechs Reitern ist erst heute Morgen hier entlanggeritten.“
    „In welche Richtung?“, fragte Gwyn beunruhigt.
    Lancelot stand auf und deutete nach Westen. „Ihr Werk scheint noch nicht vollendet zu sein.“
    „Wie weit ist es nach Redruth?“ fragte Katlyn.
    „Zehn Meilen ungefähr, vielleicht zwölf“,

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