Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
dem Leben. „Es ist ein Wunder, dass er so lange durchgehalten hat.“ Der alte Ritter sah aus, als wollte er noch etwas sagen, presste dann aber doch die Lippen aufeinander und ging ins Haus. Katlyn und Rowan folgten ihm. Gwyn zögerte einen Augenblick. Dann ging er durch den strömenden Regen zu Do Griflet, um ihm gemeinsam mit Muriel in den wenigen noch verbleibenden Stunden seines Lebens beizustehen.
    Nur einige wenige Male wurde Do Griflet noch wach. Kurz nach Sonnenuntergang fragte er Muriel, wie viel sie für die Schafe bekommen habe und ob das kleine Lamm noch lebe. Eine Stunde später schimpfte er auf Edwin, weil dieser eine der teuren Sicheln ruiniert hatte. Sein Atem ging immer schneller. Muriel befühlte voller Sorge seine glühende Stirn. Die wirren Gedanken ihres Vaters schienen sich mit schmerzhaften Erinnerungen zu mischen. Gwyn vermutete, dass er noch einmal die Schlacht gegen Mordreds Männer durchlebte. Nur einmal, kurz vor Sonnenaufgang, erlangte er volles Bewusstsein. Der Himmel hatte im Osten schon eine violette Färbung angenommen, als er mit wachen Augen von Muriel zu Gwyn schaute.
    Er hielt inne, als lauschte er einer weit entfernten Stimme. Ein Lächeln zauberte sich auf sein Gesicht. Dann brach sein Blick.
    „Vater?“ flüsterte Muriel, und als Do Griflet ihr keine Antwort gab, schloss sie ihm die Augen. Sie begann leise zu weinen und Gwyn nahm sie in den Arm.
    Nachdem sie den Toten gewaschen und in ein sauberes Tuch gewickelt hatten, hoben Gwyn, Lancelot und Rowan ein tiefes, langes Grab aus, denn an diesem Morgen begruben sie nicht nur Do Griflet, sondern auch alle anderen vierzehn Bauern, die im Kampf gegen Mordred ihr Leben gelassen hatten. Do Griflet sollte der Letzte sein, der bestattet wurde. Lancelot hatte mit seinem Schwert eine junge Eiche gefällt und aus dem dünnen Stamm ein schlichtes Holzkreuz gezimmert, das er mit einem schweren Stein in die Erde schlug. Dann stellte er sich zu den anderen, die sich in stiller Andacht versammelt hatten. Gwyn hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, doch waren ihm in diesem Moment die rechten Worte ausgegangen. Plötzlich hörte er eine Stimme, leise und melodiös. Überrascht blickte er auf. Katlyn hatte Muriels Hand ergriffen und sang solch ein trauriges, wehmütiges Lied, dass selbst Lancelots Augen zu schimmern begannen. Auch Katlyn gelang es nur mit Mühe, das Lied mit fester Stimme zu Ende zu bringen.
    Einige Minuten standen sie noch unentschlossen herum, dann stellte Gwyn die Frage, die gestellt werden musste: „Was wirst du jetzt tun, Muriel?“
    Sie schaute Gwyn verständnislos an. „Ich bleibe hier“, sagte sie in einem Tonfall, als wäre alles andere schier unvorstellbar.
    Gwyn runzelte die Stirn. Diese Antwort hatte er erwartet.
    „Ich werde dieses Land auf keinen Fall aufgeben“, fuhr sie fort. „Der Hof ist mein Zuhause. Außerdem muss ja jemand hierbleiben, der alles wieder aufbaut.“
    „Muriel, das wird zu viel für dich allein“, sagte Gwyn vorsichtig.
    „Du könntest bleiben und mir helfen“, sagte sie herausfordernd.
    „Das ist leider nicht möglich“, erwiderte er zögernd. „Ich habe noch eine Aufgabe zu erfüllen.“
    „Aha“, machte Muriel nur. „Nun gut, ich auch.“
    „Muriel, sei nicht töricht! Du kannst nicht hierbleiben.“
    „Sag mir nicht, was ich kann“, fuhr sie ihn plötzlich an. „Der Leichnam unseres Vaters ist noch warm und du verlangst von mir, dass ich mein Zuhause aufgebe, als bedeute dies hier alles nichts?“ Sie machte eine ausholende Bewegung mit der Hand. „Er ist für diesen Hof gestorben, deswegen habe ich die verdammte Pflicht, hierzubleiben!“
    Gwyn zuckte zusammen.
    „Aber er hätte bestimmt nicht gewollt, dass du dein Leben aufs Spiel setzt“, sagte Rowan. Muriel schaute den Burschen mit den seltsam traurigen Augen überrascht an.
    „Wer sagt, dass ich mein Leben aufs Spiel setze?“
    „Ich. Mordreds Männer werden wiederkommen.“
    „Das glaube ich nicht. Sie haben sich doch bereits alles geholt!“
    „Aber nicht die Ernte“, sagte Rowan. „Wenn die Frauen und Kinder wieder in ihre Hütten zurückgekehrt sind und die Felder in voller Frucht stehen, wird der grüne Drache dieses Land erneut heimsuchen. Dessen bin ich mir sicher.“
    „Rowan hat Recht“, sagte Lancelot. „Wenn du hierbleibst, war alles, was dein Vater für dich getan hat, umsonst.“
    „Aber ich kann Redruth nicht verlassen“, schrie Muriel verzweifelt. „Das wäre

Weitere Kostenlose Bücher