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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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hüteten, in der Lage waren, die Geschicke dieses auseinanderfallenden Landes zu lenken. Nicht als Könige und Königinnen, sondern aus der zweiten Reihe, die weniger gefährlich war als ein Herrscherthron. Orlando hatte Recht gehabt, als er Merlin wenig freundlich einen Ränke schmiedenden Strippenzieher genannt hatte.
    „Ich frage mich, wo er jetzt wohl sein mag“, murmelte Gwyn.
    Katlyn schaute Gwyn überrascht an und strich sich das vom Wind zerzauste Haar aus dem Gesicht. Das Meer rauschte und über ihnen segelten einige kreischende Möwen in der Hoffnung, etwas Nahrhaftes würde über Bord geworfen werden.
    „Von wem sprichst du?“, fragte sie.
    „König Arturs Ratgeber“, sagte Gwyn. Er blickte auf und kniff ein Auge zusammen, da ihn das grelle Licht der Mittagssonne blendete.
    „Ich glaube, um Merlin brauchen wir uns keine Sorgen zu machen“, sagte Rowan. „Er ist wie eine Katze mit neun Leben, die immer auf die Füße fällt. Wahrscheinlich ist er in seine alte Heimat zurückgekehrt und wartet dort ab, bis sich der Sturm gelegt hat.“
    „Merlin ist kein Mensch, der untätig herumsitzen kann“, sagte Lancelot. „Außerdem wird es ihn tief in seiner Ehre getroffen haben, dass er von Artur wie ein toller Hund von Camelot verjagt wurde.“
    „Vielleicht hat Merlin diese Entwicklung sogar kommen sehen“, mutmaßte Katlyn. „Auch wenn er alt sein mag, so ist sein Verstand noch immer scharf wie die Klinge eines Schwertes. Und vergesst nicht: Merlin ist ein mächtiger, überaus einflussreicher Mann. Er wird gewusst haben, zu wem er gehen kann.“
    Lancelot nickte bedächtig. „Merlin hat meisterlich ein Netz wechselseitiger Abhängigkeiten gewoben, in dem er selbst wie eine Spinne saß, die darauf wartete, dass sich jemand darin verfängt.“
    „So wie Artur?“, fragte Rowan.
    Lancelot zögerte. „Vielleicht.“
    „Ich habe immer geglaubt, zumindest Artur wäre über diese Art der Ränkespiele erhaben.“
    „Wir haben uns alle in ihm getäuscht, Rowan. Auch unser König hat sich verführen lassen. Und für diese Schwäche zahlt er jetzt einen hohen Preis“, sagte Lancelot ernst. „Nun, da sich seine Tage dem Ende zuneigen, muss auch er die schmerzliche Wahrheit erkennen.“
    „Welche Wahrheit?“ fragte Muriel.
    „Dass wir klein und unbedeutend sind“, erwiderte Lancelot mit leiser Stimme. „Wir gehen von der Bühne dieser Welt ab, wie wir sie betreten haben: nackt und hilflos. Unser ganzes Leben lang suchen wir etwas, ohne zu wissen, was es ist, obwohl wir vielfältige Namen dafür haben: Reichtum. Macht. Vollkommenheit.“ Er lächelte. „Vergessen gehört mit Sicherheit auch dazu. Jeder hat seinen Gral, den er sucht, aber niemals finden wird, da er ihn nicht erkennen würde, selbst wenn er ihn in Händen hielte.“
    „Aber wenn all das nicht zählt, was dann?“, fragte Muriel.
    „Freundschaft“, sagte Lancelot. „Und ja: Liebe. Wer sie gefunden hat, sollte sie mit beiden Händen festhalten und nie wieder loslassen.“
    Er lächelte traurig und umklammerte das Ruder fester. Mit einem Male fühlte Gwyn die Einsamkeit, die diesen Mann fast sein ganzes Leben lang wie ein dunkler Mantel umhüllt hatte. Gwyn spürte Katlyns Hand auf seiner und Wärme erfüllte ihn. Er wagte es nicht, ihr in die Augen zu schauen, erwiderte aber schüchtern den Druck, gleich einem zaghaften stummen Eingeständnis.
    „Ihr wisst, dass Ihr Euch meiner Freundschaft immer sicher sein könnt“, sagte er zu Lancelot.
    „Erinnerst du dich daran, was ich einst gesagt habe?“, antwortete Lancelot. „Ein König hat keine Freunde. Er hat Getreue.“
    „Wisst Ihr was?“, sagte Gwyn mit fester Stimme. „Ich pfeife auf Euer Gerede! Ihr seid mein Freund! Daran wird sich nichts ändern, solange Ihr lebt! Und auch wenn Ihr es nicht gerne hört: Es ist eine Freundschaft, die mich mit Stolz erfüllt.“
    Lancelot räusperte sich und brummelte kopfschüttelnd etwas in seinen Bart. Dann richtete er seinen Blick wieder auf den Horizont, ohne auch nur ein weiteres Wort über dieses Thema zu verlieren.
    Am Abend erreichten sie ein kleines Fischerdorf namens Plymstock. Die Bewohner waren neugierig, aber zurückhaltend. Sie hatten von den Überfällen im Norden gehört und sahen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt, als Gwyn von Mordreds Männern berichtete, die plündernd die Lande durchstreiften. Plymstock hatten sie wie durch ein Wunder bisher verschont.
    „Was ratet Ihr uns?“, fragte schließlich der Älteste,

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