Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haarmanns Kopf

Haarmanns Kopf

Titel: Haarmanns Kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Ebstein
Vom Netzwerk:
dort seine Opfer an. Dabei handelte es sich um jugendliche Ausreißer und entlaufene Heimkinder, an denen er sich verging und seine homosexuellen Neigungen auslebte. Er bot ihnen Essen, Arbeit und ein Dach über dem Kopf. Während der Verhöre und später im Prozess sprach er von seinen Puppenjungs . Die Einzelheiten dessen, was in seiner Dachkammer geschehen war, waren in den Protokollen akkurat aufgeführt.
    Yannik las, dass Haarmann für Unterkunft und Essen von seinen Begleitern Sex verlangte. Im Rausch biss er ihnen dann die Kehle durch. Anschließend zerlegte er die Leichen, reinigte die Knochen und warf sie in den Fluss. Darüber, was mit dem Fleisch seiner Opfer geschah, gab es nur Vermutungen. Haarmann behauptete stets, er habe es ebenfalls entsorgt. Allerdings versorgte er jahrelang eine Gaststätte in seiner Nachbarschaft mit billigem Fleisch, von dem niemand so genau wusste, woher es stammte. Mit der Bekleidung seiner Opfer führte Haarmann zudem einen schwunghaften Altkleiderhandel. Dieser wurde ihm schließlich zum Verhängnis, als eine Mutter die Kleidung ihres toten Sohnes an einem von Haarmanns Kunden wiedererkannte – woraufhin sich die Polizei schließlich entschloss, ihren Informanten zu verhaften.
    Kurz nach halb acht flog mit einem Schwung die Bürotür auf. Martin betrat den Raum und wedelte mit einer zusammengerollten Zeitung. „Hast du den Mist hier gelesen?“, rief er Yannik zu.
    „Du meinst bestimmt den Artikel in der Göttinger Morgenpost. Ja, habe ich.“
    „Dieser Kettner macht vor nichts halt. Das wird heute zur Sache gehen. Da bin ich mir ganz sicher. Wenn das der Alte sieht, wird er völlig durchdrehen“, wetterte Martin.
    „Ja, das ist zu befürchten“, antwortete Yannik, der konzentriert auf den Bildschirm seines Computers blickte.
    Im Internet war er auf weitere Informationen über Haarmann gestoßen. In einem Fachartikel über forensische Untersuchungsmethoden hieß es, dass Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München die Gehirne von Gewalttätern gescannt und auf strukturelle Anomalien untersucht hatten. Die Neurologen hatten 35 erwachsene männliche Gewaltverbrecher in einem magnetresonanztomographischen Verfahren untersucht und konnten nachweisen, dass Psychopathen in jenen Bereichen des Hirns, die für das Verständnis von Emotionen anderer Menschen zuständig sind, weniger graue Masse hatten. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollten in Kürze die Gehirnschnitte des Serienmörders Fritz Haarmann untersucht werden, die sich im Besitz des Instituts befanden.
    Yannik stutze.
    „Martin“, sagte er, noch immer den Blick auf den Bildschirm gerichtet. „Ich bin hier auf etwas Interessantes gestoßen.“
    „Was denn?“, fragte Martin, der mittlerweile hinter seinem Schreibtisch saß.
    „Hat uns Dr. Ebeling nicht erzählt, dass sich Teile von Haarmanns Gehirn im Max-Planck-Institut in München befinden?“, wollte Yannik wissen.
    „Nein. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern. Warum fragst du?“
    „Weil ich auf einen Bericht gestoßen bin, in dem erwähnt wird, dass sich eine nicht genannte Anzahl von Gehirnschnitten Haarmanns demnächst forensisch untersucht werden soll.“
    „Ja, und?“
    „Ich weiß nicht, ob das von Bedeutung ist. Ich finde es nur interessant, dass gleich an zwei Orten, nämlich in Göttingen und in München, noch Teile eines Serienmörders aufbewahrt werden.“
    „So ungewöhnlich finde ich das gar nicht. Immerhin handelt es sich bei Haarmann um einen der berüchtigtsten Serienkiller der Kriminalgeschichte.“
    „Ja, wahrscheinlich hast du Recht“, sagte Yannik. „Wir sollten mit Dr. Paganetti nachher darüber reden, welche Motive aus seiner Sicht für ein derartiges Vorgehen des Mörders infrage kommen. Haarmann hat ganz offensichtlich seine sexuellen Triebe ausgelebt. Er soll seinen Opfern im Liebesrausch die Halsschlagader durchgebissen und sogar ihr Blut getrunken haben. Es bestehen demnach zwei Unterschiede. Unser Täter hat – so steht es zumindest im Obduktionsbericht – keine sexuellen Handlungen vorgenommen und seinem Opfer auch nicht in die Halsschlagader, sondern in den Kehlkopf gebissen.“
    „Glaube nicht alles, was du im Internet über Haarmann findest“, entgegnete Martin. „Dein Engagement in Ehren. Ob Haarmann seinen Opfern tatsächlich die Halsschlagader durchbiss, konnte nicht nachgewiesen werden, da er die Leichen zerstückelte und anschließend entsorgte. Ich glaube vielmehr, dass die

Weitere Kostenlose Bücher